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Zllustrirte Welt.

kostbaren Solitär, der an seiner aristo-
kratischen Hand funkelte.
„Sie werden also nicht als Kurgast
hier bleiben, Herr Baron?" fragte er.
„Voraussichtlich nicht. Sie können
auch den Namen des andern Herrn ein-
schreiben, wir sind miteinander verwandt,"
fuhr der Baron fort, währens er mit
lauschender Miene auf die Thür blickte,
die sein Zimmer mit dem anstoßenden
Gemach verband. „Theodor Wunder-
mann, Kaufmann aus London."
Der Kellner legte die Feder hin und
schloß das Buch, dann richtete auch er
den Blick auf die Thür.
„Ich danke Ihnen," sagte er: „der
Herr scheint einen sehr festen Schlaf zu
haben."
„Bringen Sie mir das Frühstück,"
antwortete der Baron, nun den kurzen,
befehlenden Ton wieder anschlagend.
Als der Kellner sich entfernt hatte,
wanderte Franz von Feldern trotz seiner
Ermüdung auf dem weichen Teppich auf
und nieder; einmal blieb er an der Thüre
des Nebenzimmers stehen, um zu horchen,
dann fuhr er langsam mit der Hand über
Stirne und Augen, und ein tiefer, schwe-
rer Athemzug entrang sich seinen Lippen.
Rudolf brachte gleich darauf das
Frühstück, der Baron blieb wieder an
der Thür stehen.
„Sind die Stiefel noch immer drau-
ßen?" fragte er.
„Zu befehlen, Herr Baron!"
„Dann will ich meinen Freund wecken,
es wird ihm unangenehm fein, daß er
den schönen Morgen verschlafen hat."
Franz von Feldern,klopfte nach diesen


Das Haus mit den zwei Eingängen. ,,<k« ist «in schöner Zunge," fugte Zolin. (S. 2.)

Worten zuerst leise, dann immer derber
an, und der Kellner sah ihm mit ge-
spannter Aufmerksamkeit zu.
Hinter der Thür blieb es still, nicht
das leiseste Geräusch ließ sich vernehmen-
Der Baron versuchte, die Thür zu öffnen,
sie war verschlossen, keine «stimme ant-
wortete seinem Rufen.
„Was ist das?" fragte er bestürzt.
„Wissen Sie auch ganz gewiß, daß der
Herr nicht ausgegangen ist?"
„Die Stiefel stehen ja noch draußen,"
erwiederte Rudolf mit verstörter Mime.
„Das beweist nichts, er kann ein
zweites Paar mitgebracht und heute Mor-
gen angezogen haben. Gehen Sie hinaus
und sehen Sie, ob die Thür zum Korri-
dor noch verschlossen ist, ich vermuthe,
Sie werden den Herrn nicht mehr im
Zimmer finden."
Der Kellner folgte dem erhaltenen
Befehl, und der Baron, der hastig eine
Tasse Kaffee trank, mußte lange auf die
Rückkehr warten, dann aber traten mit
Rudolf zugleich der Besitzer des Hotels
und der Oberkellner ein.
„Haben Sie noch immer nichts ge-
hört, Herr Baron?" fragte der Wirth
in fieberhafter Erregung. „Sie sind mit
dem Herrn befreundet, ist irgend ein
Grund zu der Annahme vorhanden, daß
er einen Selbstmord begangen haben
könnte?"
„Durchaus keiner," erwiederte der
Freiherr kopfschüttelnd. „Ich muß übri-
gens von vornherein erklären, daß ich erst
gestern mit dem Herrn bekannt geworden
bin und seine Verhältnisse nicht so genau
kenne, wie Sie zu glauben scheinen."

Bilder aus Wcstafrika. Nach Skizzen von Chr. Lohmann. (S. lO.)
 
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