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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Renatus: Dekorative Wandmalereien im Privathaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0132

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INNEN-DEKORATION

PROFESSOR LEO PUTZ-MÜNCHEN

»DEKORATIVES WANDGEMÄLDE«

hellen und dunklen Massen wird die tektonische und
Schwergewichtsverteilung hergestellt. Wie diese deko-
rative Malerei impressionistisch konzipiert ist, so will
sie auch impressionistisch aufgenommen werden: ihr
Reiz liegt in dem Zusammenklingen dieser Töne, die
den Raum ausfüllen.

Eine ganz andere Lösung gibt E. R. Weiß in seiner
dekorativen Ausschmückung eines Gartensaales. Schon
die Architektur des von Bruno Paul geschaffenen Raumes
legt einen anderen Lösungsweg nahe: während die Archi-
tektur des von Emanuel Seidl geschaffenen Raumes im
Hause Brakl auf jedes Mehr über die einfache Vierzahl
der Wände verzichtet und große zusammenhängende
Wandflächen gibt, findet sich im Paul'schen Raum eine
energische Teilung von Pilastern und Feldern, die auf-
einander antworten. Daraus ergibt sich ungezwungen
eine sehr sparsame und strenge Girlandeneinteilung.
Das eigentliche moderne Leben beginnt erst bei den
Bildfeldern. Da ist Weiß ganz moderner Künstler, in der
Art, wie er durch das Nebeneinandersetzen der farbigen
Flächen die Körperlichkeit gewinnt. In der Durchgestal-
tung dieser Bildertafeln leistet sich der Künstler manche

entzückende Freiheit: ganz äußerlich schon daran erkenn-
bar, mit welcher Sorglosigkeit die von irgendwoher kom-
menden Laubzweige in das Bild hereinragen dürfen. Aber
bei allen solchen Freiheiten bleibt doch die strenge Typik
des Vorwurfes in den immer wiederholten Paaren gewahrt.
Diese Paare selbst gehören einer gesteigerten, festlichen
Welt an, die doch zu uns Beziehung hat. Ihr Kostüm
ist teils bürgerliches Empire, teils Direktoire, teils Mas-
kenfest, irgendwie gehören diese Menschen zu uns und
nehmen doch nicht teil an unserer Alltäglichkeit.

Die Weiß'schen Bilder beweisen (und andere Arbeiten
desselben Künstlers könnten wir hier noch nennen), daß
eine dekorative Wandkunst mit den modernen Mitteln
möglich ist. Und zwar eine dekorative Kunst, welche

— das ist die Hauptsache — ohne allzu großes repräsen-
tatives Pathos sich mit dem Leben unserer heutigen
Bürgerlichkeit verträgt und als festlicher Rahmen auf
dieses antwortet. Gewiß, das Girlandenmotiv mag als
pompejanische Reminiszenz wirken, aber darauf kommt
es nicht an, die Hauptsache ist der Vortrag, und der
ist voll kühner Eigenwilligkeit, frisch und packend.

— Wenn trotz solcher erfreulicher Ansätze wir sagen
 
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