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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Prellwitz, K.: Künstler und Auftraggeber
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0200

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180

INNEN-DEKORATION

HAUS MOOG-WIESBADEN

»HERRENZIMMER«

zeigen, waren — auch die schier unbegrenzte Vorurteils-
losigkeit der Zeit in Betracht gezogen — nicht denkbar
ohne die bestimmte Anregung der Auftraggeber. Wenn
man derlei Schöpfungen bewundert, muß man sich auch
darüber klar sein, daß hinter jenen Künstlern nicht minder
großstilige Auftraggeber standen. Vielleicht war sogar
die Leidenschaft der Auftraggeber, Überwältigendes zu
schaffen, noch mächtiger als die der Ausführenden selbst.

In diesem Sinne bekommen auch die Summen, die
damals für künstlerische Zwecke aufgewandt worden sind,
eine ganz andere Bedeutung. Ein paar Ziffern, die in-
direkt auch die wirtschaftliche Position des künstlerisch
Schaffenden illustrieren, werden das klar machen. Hein-
rich IV. gibt im letzten Jahre seiner Regierung für seinen
ganzen Hofhalt 435 000 £,, für Bauten aber 633 000 S,,
also etwa die Hälfte mehr aus. Ludwig XIV. hatte im
Jahre 1685 einen Ausgabeetat von 29 Millionen £,, davon
allein für Bauten über 15 Millionen £, also mehr als die
Hälfte. Mr. Demain schenkt der Montespan ein Bett für
40 000 S, und wie der Chronist hinzufügt »trois autres tres
magnifiques«. Für einen Satz Delfter Porzellan überläßt
August von Sachsen dem König von Preußen 2 Regimen-
ter Soldaten. Und sogar der arme Preußenkönig bestellt
in Meißen für 283 679 Taler Porzellan. So ließen sich
noch hunderte von Beispielen erbringen, die, wenn man

sich die entstandenen Kunstwerke vergegenwärtigt, nicht
nur unter dem Gesichtspunkt einer maßlosen Verschwen-
dungssucht betrachtet werden können. Es genügt an ein
paar Fällen zu zeigen, wie der Künstler dank großer Auf-
traggeber in die Lage gebracht wurde, Großes zu schaffen
und es darf die Behauptung gewagt werden, daß ohne
diese Auftraggeber und ihr Verhalten zur Künstlerschaft
niemals jenes künstlerische Gesamtbild hätte entstehen
können, das uns heute noch in Ekstase versetzt. Aber es
zwingt auch diese Preise, mehr noch die Gesinnung des
Auf traggebers neben die Aufträge zuhalten, die dem heu-
tigen Künstler geboten werden. Nicht allein vom Fürsten,
der ja auch heute wirtschaftlich garnicht mehr in der Lage
ist, ein solches Mäzenat zu üben. Er ist ja garnicht mehr der-
jenige, der das Kunstschaffen der Zeit kapitalisieren kann.
Wo gibt es heute noch einen Fürsten, dessen Einkommen
auch nur in einem vergleichbaren Verhältnis zu dem Ge-
samteinkommen der in seiner Hauptstadt tätigen Handels-
treibenden stände! Schon solches Zifferspiel beweist, daß
auch in diesen Dingen die Führung von Jahr zu Jahr mehr
hinübergleiten mußte in Hände, die bis dahin für das
Kunstleben einer Nation zwar nicht ganz nebensächlich,
aber jedenfalls nicht ausschlaggebend gewesen sind. Und
daß das nicht ohne Folge auch auf die Art des Schaffens
bleiben konnte, ist einleuchtend genug. . . . k. prellwitz.
 
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