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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Vom wohnlichen Garten
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0224

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204

INNEN-DEKORATION

LEBERECHT MIG GE - HAMBURG-BLANKENESE

AUS EINEM SOMMERBLUMEN-GARTEN

sind sie zum Teil noch, nach tektonischen Gesetzen
räumlich aufgebaut. Und wenn die alten Perser sich
landschaftliche »Paradiese« schufen und die Chinesen,
denen wir unsere »natürlichen« Gärten danken, noch heute
Landschaften imitieren, so sind das unzweifelhaft Zeichen
der Begrenzung und Symptome kulturellen Niedergangs.
Was wissen wir denn von der Gartenkunst des Sonnen-
reiches vor Jahrtausenden! Bei allen diesen Völker haben
ja früher oder später Berührungen untereinander statt-
gefunden, die ein strenges Scheiden des Gewachsenen
vom nur Übernommenen hindern, aber wer kann wohl
den Urvölkern Mexiko's und Peru's ihre schönen architek-
tonischen Gärten geschaffen haben, von denen uns die
Conquistadoren begeistert erzählen?! Jede gesunde kul-
turelle Entwicklung führt, unter anderem, eben auch zum
architektonischen Gartenbilden.

Und wir, wir fühlen noch heute unmittelbar oder doch
mittelbar auf so vielen Gebieten unserer sinnlichen Be-
tätigung das ewig pulsierende Leben jener längst ent-
schwundenen Kulturepochen und zehren davon — nur
einen deren hochentwickelten Zweige haben wir nahezu
gänzlich verloren: den schönen, vielbesungenen Garten.

Das Schicksal ist gerecht: Wir missen ihn — neben an-
deren Gründen —deshalb, weil wir das allen im Aus-
drucknochso getrennten Gartentypen bis in die letzte Zeit
gemeinsame, das ausgesprochen Räumliche mit
leichtem Sinn verachtet haben! Und wenn wir sehen,
wie sich's allmählich steigend regt, was ist's im letzten Sinne
mehr als die Erkenntnis jenes Unterlassens; und alle prak-
tischen Versuche im neuen Gartenbilden, was bezwecken
sie schließlich anders als: Wiederbelebung der
alten, schönen Gartenräume im neuen Geiste!

Räume aber müssen nach tektonisch-baulichen Ge-
setzen gebildet sein, das bedarf keiner Erklärung. Also
auch im Garten. Deshalb ist der Begriff vom Garten-
raum von dem des geometrisch-architektonischen Garten-
typus nicht zu trennen; er ist mit ihm identisch.

Es ruft zur Umkehr! Wir wollen wieder lernen, den
Rhythmus architektonischer Linien auch im Garten zu
erfühlen, wieder lernen in ihm zu leben, in ihm zu woh-
nen. Dann aber holt sie flugs heran die hegenden grünen
Hecken, her die sicheren, rankenumkosten Gartenmauern,
hinter deren Schutz nur ungezwungenes Familienleben
unbeobachtet sich entfalten kann. Schafft wieder ehr-
 
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