DOI article:
Lux, Joseph August: Professor Otto Prutscher - Wien
DOI Page / Citation link: https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0231
INNEN-DEKORATFON
211
PROFESSOR OTTO PRUTSCHER-W1EN
KASSE IM VERKAUFSRAUM DER FIRMA THONET
samen Ziel zujagen, nämlich dem inneren Ziel
des eigenen Werdens! Es ist von entscheidender
Bedeutung, daß der junge Mann im rechten Augen-
blick das rechte Kaffee, will sagen den rechten
Kreis findet. Und insofern war es schon das
rechte Kaffee, als man von hier aus zur damaligen
Zeit eine richtige Weltperspektive hatte. Man
brauchte nicht nach Spanien, Frankreich, Schott-
land und Skandinavien zu gehen, nein, diese
Länder kamen in der regsamen Zeit leibhaft
selber nach Wien, mit dem Besten was sie zu
geben hatten, nämlich in Gestalt ihrer schöpfe-
rischen und ringenden Künstler, die Gast in der
Sezession waren und natürlich auch Gast in der
schwarzen Kaffee-Ecke. So lernte man die euro-
päischen Künstler nebst ihren Werken von An-
gesicht zu Angesicht kennen, und daß das einen
gewissen menschlichen Wert hat, wird keiner
bestreiten, der sich auf solche Dinge versteht.
Man wollte lernen und war damals auf das Ferne,
Europäische, um nicht zu sagen Internationale
der Kunst so sehr bedacht, daß man darüber ein
wenig das Eigene übersah, das, was so nahe
lag, die guten eigenen Überlieferungen, soweit
sie nicht in den paar genialen Begabungen ohne-
hin steckten wie eine verborgene Naturgewalt,
so in Olbrich und in Klimt. Aber von der Fülle
der neuen Gesichte war das Bewußtsein der
eigenen Quellen verdrängt und manche waren,
die sich vom fremden Schauen nicht mehr zurück-
fanden. . . . Doch damals dachte man wahr-
scheinlich sorglos: wozu? daheim ist man so
wie so ... .
In diesen Kreis kam eines Tages der junge
Otto Prutscher hineingeschneit. Er wurde an-
fangs nicht sonderlich bemerkt, aber ich lobte
im Stillen seinen Instinkt und seine anschmieg-
same Beharrlichkeit; er hatte zu seinem Glück
das rechte Kaffee gefunden. Was er damals
aufweisen konnte, war nicht sehr von Belang;
er hatte schon verschiedenes versucht, hatte im
Ausland kunstgewerbliche und dekorative Auf-
träge ausgeführt, unterrichtete an der graphischen
Lehr- und Versuchsanstalt die Abendschüler in
211
PROFESSOR OTTO PRUTSCHER-W1EN
KASSE IM VERKAUFSRAUM DER FIRMA THONET
samen Ziel zujagen, nämlich dem inneren Ziel
des eigenen Werdens! Es ist von entscheidender
Bedeutung, daß der junge Mann im rechten Augen-
blick das rechte Kaffee, will sagen den rechten
Kreis findet. Und insofern war es schon das
rechte Kaffee, als man von hier aus zur damaligen
Zeit eine richtige Weltperspektive hatte. Man
brauchte nicht nach Spanien, Frankreich, Schott-
land und Skandinavien zu gehen, nein, diese
Länder kamen in der regsamen Zeit leibhaft
selber nach Wien, mit dem Besten was sie zu
geben hatten, nämlich in Gestalt ihrer schöpfe-
rischen und ringenden Künstler, die Gast in der
Sezession waren und natürlich auch Gast in der
schwarzen Kaffee-Ecke. So lernte man die euro-
päischen Künstler nebst ihren Werken von An-
gesicht zu Angesicht kennen, und daß das einen
gewissen menschlichen Wert hat, wird keiner
bestreiten, der sich auf solche Dinge versteht.
Man wollte lernen und war damals auf das Ferne,
Europäische, um nicht zu sagen Internationale
der Kunst so sehr bedacht, daß man darüber ein
wenig das Eigene übersah, das, was so nahe
lag, die guten eigenen Überlieferungen, soweit
sie nicht in den paar genialen Begabungen ohne-
hin steckten wie eine verborgene Naturgewalt,
so in Olbrich und in Klimt. Aber von der Fülle
der neuen Gesichte war das Bewußtsein der
eigenen Quellen verdrängt und manche waren,
die sich vom fremden Schauen nicht mehr zurück-
fanden. . . . Doch damals dachte man wahr-
scheinlich sorglos: wozu? daheim ist man so
wie so ... .
In diesen Kreis kam eines Tages der junge
Otto Prutscher hineingeschneit. Er wurde an-
fangs nicht sonderlich bemerkt, aber ich lobte
im Stillen seinen Instinkt und seine anschmieg-
same Beharrlichkeit; er hatte zu seinem Glück
das rechte Kaffee gefunden. Was er damals
aufweisen konnte, war nicht sehr von Belang;
er hatte schon verschiedenes versucht, hatte im
Ausland kunstgewerbliche und dekorative Auf-
träge ausgeführt, unterrichtete an der graphischen
Lehr- und Versuchsanstalt die Abendschüler in