Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

DOI article:
Hamann, Richard: Objektive Kultur
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0283

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
INNEN-DEKORATION

263

OBJEKTIVE KULTUR. Wenn man das Bedürfnis Freiheit des Lebens zu ersetzen, anstatt den Willen zu
hat, sich über das individuelle Tun zum Ganzen zu spornen, den Geist zu schärfen und das Gefühl zu er-
erheben, dann kann es nur dadurch geschehen, daß man höhen durch das Bewußtsein, daß die Tätigkeit im Kleinen
die objektiven Kulturzusammen-
hänge als Selbstzweck, fern von
persönlichem Nutzen, zu werten
lernt, als eine Objektivierung
menschlichen Willens, Geistes und
Gefühles, dessen Größe begriffen
zuhaben einen überwältigen müßte
wie einst das Gefühl, dem Welt-
geist näher zu sein. Wie billig ist
es, die mechanische Tätigkeit des
Mannes zu verachten, der am
Schraubstock steht, und sich an
Freiheit und Bodenständigkeit des
Bauern aufzurichten, oder mit der
Zupfgeige singend und schwär-
mend durch die Wälder zu wan-
dern, anstatt zu zeigen, wie die
Arbeit im Kleinen ein Glied in
einem Großen und Ganzen ist, das
als solches Selbstwert, Selbst-
zweck ist und durch seine Größe
und Totalität die Tätigkeit im
Kleinen zu adeln vermag! Ewig
verworren und unfruchtbar muß
es bleiben, sich in mystischer
Schwärmerei mit der Welt eins
zu fühlen, von der jede Bestim-
mung abfällt, oder alle verstandes-
und willensmäßige Arbeit und
Klarheit durch eine unbestimmte
Forderung des Lebens und der

karl pullich-stuttgart. kleine weinstube im
keller eines hotels. holzwerk: eichenholz

bauen hilft an einem großen orga-
nischen Zusammenhang sozialer,
wissenschaftlicher, ethischer, in-
dustrieller und kommerzieller Na-
tur. Daß die Anerkennung dieser
sich objektivierenden Geistigkeit,
dieser objektiven Kultur als Selbst-
zweck die Forderung der Zeit ist,
daß sie am Werke ist, beweist
uns die eigentliche Monumental-
kunst unserer Zeit, die Architek-
tur unserer Zweckbauten, Fabri-
ken, Bahnhöfe, Brücken, wo wich-
tiger als die mehr oder minder
gelungene Leistung im einzelnen
die Tatsache ist, daß das Große,
Einheitliche und Charakteristische
des modernen Lebens neben dem
Zweck, den es erfüllt, noch Zeit
und Kraft hat, sich darzustellen,
sich zur Anschauung zu bringen,
sich seiner selbst bewußt zu wer-
den und damit sein Dasein von
sich aus, als Selbstzweck zu recht-
fertigen. rich. hamann—marburg
*

Der Künstler fügt seinem Welt-
bilde eine persönliche Auf-
fassung hinzu, die weit über die be-
griffsmäßige Sphäre der Wissen-
schaft hinausführt. . . h. Wolgast.
 
Annotationen