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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Lux, Joseph August: Festschmuck für die Königskrönung in Budapest
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0290

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INNEN-DEKORATION

PARADEPLATZ. FESTZUG MIT BANNERHERREN UND MUN1ZIPAL-GESANDTEN. SCHMUCK: ARCH. PROF. DENES GVÖRGVI-BUDAPEST

Kirche des Matthias Corvin, wo der Geist Stephans auf-
steht und den jungen apostolischen König mit der heiligen
Krone bekleidet, die die oberste Staatsgewalt verkörpert
und vom Papst Silvester II. um das Jahr 1000 gewisser-
maßen als europäische apostolische Sanktionierung des
ungarischen Staates dem heiligen Stephan aufs Haupt
gesetzt wurde. Außer der Krone empfängt der neue
König den Reichsapfel, der das Land darstellt, und das
Szepter, das die Gerechtigkeit, die Wahrung der Ge-
setze bedeutet, fernerden Stephansmantel und das Schwert
Stephans (das allerdings jünger ist) zum Zeichen der Ver-
teidigung gegen die Feinde. Dieser kirchliche Akt findet
unter den feierlichen Klängen der Krönungsmesse statt,
die Franz Liszt seinerzeit für die Krönung Franz Joseph I.
anno 1867 verfaßt hatte. Diese Zeremonie gleicht einer
geistlichen Hochzeit, einer Vermählung des Königs mit
der ungarischen Nation, der auf diese Weise in die gei-
stigen Umrisse des heiligen Stephans, des ersten unga-
rischen Königs und europäisch denkenden weisen Re-
genten, hineinwächst. Für diese Feierlichkeit empfing
die Kirche eine stilgemäße Innenausschmückung nach den
Entwürfen des Architekten Prof. Dr. Jenö Lechner. Ge-
stickter purpurner Samt gab den Hintergrund für die
Farbenbuntheit der Würdenträger in Gala. Alte unga-
rische Fahnen und Wappen schwebten unter den dunklen
Wölbungen des Gotteshauses wie Schwärme bunter Vö-
gel ; historische Kunstformen Ungarns gaben für die De-
koration des Hauptaltars und für die Ausgestaltung der
beiden Thronestraden des Herrscherpaares das Leitmotiv.

Eine vollständig neue elektrische Beleuchtungsanlage,
30 000 Kerzen stark, mußten in Verbindung mit der
Zentralheizung des Doms innerhalb des knappen Zeit-
raums hergestellt werden. Das ist wieder das Verdienst
des Läzlö Bänö.

Ist die Krönung vollzogen, dann folgt der zweite Akt,
nämlich der Schwur des Königs, der unter freiem Himmel
stattfindet angesichts des versammeilen Volkes und zwar
nach feststehender Formel, darin die Wahrung der Ge-
setze und Rechte der Nation, die Erfüllung der Pflichten
gegen diese angelobt wird. Diese Szene ist ein Symbol
des ersten Reichstages, der ebenfalls unter freiem Himmel
stattfand und an Arpäd erinnert, unter dem die Magyaren
den ungarischen Boden betraten. Er wurde, wie das Bild
von Munkäcsy besagt, von den Heerführern oder Ver-
tretern der Nation zum Fürsten erwählt und hatte den
Schwur zu tun, gemeinsam mit der Nation zu herrschen.
Diesen geschichtlichen Reminiszensen zufolge findet die
Eidesleistung des Königs auf dem Platz vor der Kirche
statt, wo Architekt Möric Pogäny eine Eidesestrade ge-
schaffen hat, die die bestehende barocke Dreifaltigkeits-
säule sehr geschickt in den Entwurf miteinbezieht.

Hierauf kommt es zum dritten Hauptakt, zu dem
Schwertstreich auf dem Krönungshügel, der aus der Erde
sämtlicher Komitate aufgeschichtet ist und von Architekt
Käroly K6s mit einem breiten monumentalen Reitweg
aufgeführt und architektonisch im Stil der Adelspaläste
des Sankt Georgsplatzes gehalten wurde. Rote gestickte
Fahnen umwehen den Platz um den Hügel, wo Magnaten,
 
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