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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Hoche, P.: Vom Kulturwert des Werkunterrichts
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0311

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1NNEN-DEKORATION

291

ARCHITEKT LUC1AN BERNHARD —BERLIN

SCHREIBTISCH. DUNKLES EICHENHOLZ

VOM KULTURWERT DES WERKUNTERRICHTS

Es gibt kaum ein Erziehungsproblem der Gegenwart,
das eifriger erörtert würde als das des Arbeitsunter-
richts. Es gibt Freunde dieses Unterrichts, die in ihm die
Grundlage einer völlig neuen Erziehung erblicken, in ihm
das Universalmittel sehen, um die Menschheit zu einer
neuen, höheren Kultur zu führen. Aber diesen Hoffnungs-
frohen gegenüber fehlt es auch nicht an Gegnern, an
Leuten, die über die Erziehung durch Hobel, Säge und
Leimtopf ihren ganzen Spott ausgießen, und an Bedenk-
lichen, die nur mißtrauisch der neuen Bewegung gegen-
überstehen. Hier Arbeits- oder Tatschule! Hier Lern-
schule! Das sind die Kriegsrufe, die aus den beiden
feindlichen Lagern hervorschallen und um Nachfolge
werben. — Vor Jahrzehnten tauchte der Gedanke dieser
neuen Erziehung auf, und noch heute feiert er keinen
unbestrittenen Erfolg. Es ereignet sich sogar, daß die
Behörde, die sich doch gewiß nicht gleich jede neue Idee
zu eigen machen kann, für diesen Unterricht zum Teil
eintritt, während sich ganze Kreise der Schulmänner dazu
gleichgültig oder gegnerisch stellen. Dieser offenkundige
Gegensatz in den Anschauungen sollte freilich nur umso-
mehr dazu reizen, der Wahrheit näher zu kommen.

Der heutigen Schule wirft man vielfach und mit
Recht vor, daß sie eine einseitige Bildung vermittele, daß
sie zu ausschließlich eine Stätte des Erkennens und
Wissens geworden ist, daß ihre Menschen dem wirklichen
Leben oft nicht gewachsen sind. Die ausgeprägte geistige
Bildung ist Trumpf; Wissen und Verstehen, logische
Schulung, Verstandespflege gelten als die höchsten Ziele.
Was hat ein Schüler in seinem Gedächtnis für Stoff an-
gehäuft? Was kann er geistig schaffen? Das sind die
Hauptmaßstäbe, nach denen er bewertet wird. Das
flutende Leben freilich fragt wenig nach der im Examen-
saal abgestempelten Bildung. Der Musterschüler mit
dem glänzenden Zeugnis in der Tasche versagt im Leben
häufig, weil er oft nicht den einfachsten Forderungen des
praktischen Lebens gewachsen ist.

Worin liegen nun die Ursachen dieser Mißerfolge
einer an sich gewissenhaften Erziehung? Einmal muß
zugegeben werden, daß unsere Schule zu sehr das Wissen
vom Tun trennt. Wir wollen alles auf dem Wege der
bloßen Belehrung erreichen. Zum zweiten liegen die
Ursachen der Lebensuntüchtigkeit zum großen Teile in
der Vernachlässigung der Sinnenbildung. Das Ohr nimmt
 
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