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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Wittko, Paul: Zu den Arbeiten von J. D. Heymann - Hamburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0427

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XXVlll. JAHRGANG.

DARMSTADT.

DEZEMBER 1917.

ZU DEN ARBEITEN VON J. D. HEYMANN-HAMBURG

VON PAUL WITTKO

In einer Zeit, in der alle Werte schwanken, be-
darf es mehr denn je einer sicheren Stelle, auf
der man unter allen Umständen fußen kann. Diese
Stelle ist das Heim. Ein mit persönlicher Emp-
findung ausgestattetes und ausgestaltetes Heim
ist für den Eigner wie ein mit ihm lebendes Wesen.
Beide gehören zusammen, haben gemeinsame Er-
lebnisse. Unsere Möbel mitsamt allen den zahl-
losen übrigen zu unseren Räumen gehörenden
Dingen, die wir nach unserm Geschmack wählten,
werden uns geradezu so lieb wie unsere Kinder.
Diesen werden sie zu Freunden, und der späteren
Nachkommenschaft ein Vermächtnis, das von uns
Zeugnis ablegt, wie ein lebendes Gemüt.

Wenn wir unsern Hausrat schön und unserm
Wesen gemäß gestalten, dann wird unser Heim
wieder gut an uns machen, was die Menschen
draußen an uns sündigten. Dann wird unser
Haus das Herz uns hell halten. Es läßt uns ganz
sein, wer und was und wie wir sind, und offen-
bart das durch den Augenschein. Dabei wird ein
schönes Heim nicht nur auf das ästhetische Ge-
fühl, sondern auch auf den ethischen Sinn un-
serer Kinder einwirken und sie leichter empfäng-
lich machen für die hohen sittlichen Ideen. Ja

selbst nur zeitweiliger Aufenthalt in schönen
Räumen beeinflußt günstig Geist und Gemüt.
Denn vom Schönen lebt das Gute im Menschen
und auch, nach dem Arzte und Dichter Feuchters-
ieben, seine Gesundheit.

So wie der Mensch am schönsten uns erscheint
in seiner Jugend, und am meisten Achtung uns
einflößt, wenn er an seinem Schicksal arbeitet,
so ist eine Kulturbewegung am schönsten, so
lange sie noch in der Entfaltung begriffen ist,
und am schätzbarsten, so lange sie um ihre
Stellung in der allgemeinen Anerkennung ringt.
Unsere Wohnungskultur ist in diesem Ringen, im
langsamen und stetigen Weiterentwickeln und
Sichdurchsetzen nur durch den Krieg aufgehalten
worden. Aus jeder gefundenen Form entsprang
vordem eine neue; mit jedem neuen Verfahren,
jedem neuen Stufengang bildete sich eine neue
Zier. — Das bis zum Kriegsbeginn unaufhörliche
irrlichterierende Auf und Ab der Erscheinungen
im Formgebiete der Wohnungskunst erschwerte es
natürlich sehr den großen Möbelfabriken, die auf
eine Jahrzehnte lange Tradition zurückblicken und
nicht nur auf die Aufrechterhaltung, sondern auf
möglichste Mehrung ihres guten Rufes bedacht

1917. XII. 1.
 
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