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Jäger, Hermann
Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt: Handbuch für Gärtner, Architekten und Liebhaber — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.20105#0040

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Griechenland und seine Kolonien.

AriechenLanö unö seine Kokonien.^)

Bei Betrachtung der Gärteu des alten Griechenlands haben wir drei Perioden zn
unterscheiden: 1) die älteste bis zu den persischen Kriegen, 2) die Zeit oon den Perser-
kriegen bis zur Auslösung Griechenlands als selbständiger Staat und Z) unter der Herr-
schast der Römer. Wir haben es vorläusig nur mit den beiden ersten Perioden zn thun,
da die Römerzeit der Betrachtnng Roms zufällt.

Was über die Gärten Griechenlands geschichtlich beglaubigt ist, kaun nns kein einiger-
maßen genaues Bild von den Zuständen derselben geben, und wir sind auf Vermutuugeu
und Schlüsse angewiesen, welche aber kaum trügen werden. Jch werde zunächst das einiger-
maßen Sichere mitteilen, dann das Wahrscheinliche daran knüpfen. Bestimmt kann aus-
gesprochen werden, daß Griechenkand nie so ausgedehnte, großartige Gartenanlagen hatte,
wie die oben beschriebenen in Kleinasien, denn sonst würden sich die Griechen nicht so
bewundernd über diese geäußert haben, und es würden ebenso gut wie von jenen Be-
schreibungen erhalten sein. Robert Hammerling ließ den Tragödien-
dichter Sophokles in Athen zu Aspasia, als diese seinen Garten in Athen besuchte,
sagen: „Laß dir genügen an dem, was die Natur sür diesen Ort gethan. Die Gartenkunst
der Athener zu bewundern, wirst du keinen Anlaß haben. Jch weiß sehr wohl, daß ihr
asiatischen Hellenen es besser versteht, als wir diesseits des Meeres, anmutige Gärten
kunstreich anzulegen, mit Labyrinthen, Siedeleien und Grotten. Wir Athener glauben, daß
die schöne Natur, wie eine schöne Frau, auch ungeschmückt schön ist." Gleichwohl war dieser
Garten des Dichters ein gartenmäßig geschmücktes und geordnetes Wäldchen, hatte sogar
eine Grotte, Statuen, ein Grabmahl und Lusthäuser, war also eiue Art Park. Diescr
Ausspruch zeigt aber übereiustimmend mit andern Nachrichten, daß die asiatischen Griechen
die Gartenkunst mehr bevorzugten. Und dieses Urteil wurde im Zeitalter dcs Perikleö,
der höchsten Blütezeit der griechischen Kunst gesprochen.

Zunächst kann nicht bezweifelt werden, daß die Umgebung der Tempel gartenmäßig
geordnet waren. Lagen sie in einem „heiligen Haine", so war dieser mit geordneten
Wegen durchzogen, an welchen ebensowie an den Plätzen Altäre, Statuen und auderc Heilig-
tümer aufgestellt waren. Jn dein heiligen Haine von Altis, welcher den Jnpitertempel
bei Olympia umgab, waren außer vielen Heiligtümern so viele Statuen, Urnen rc. ausge-
stellt, daß sie „ein Wald von Erz- und Marmorbildern" genannt worden sind. Jeder
Grieche, welcher in den olympischen Kampsspielen dreimal Sieger geworden, hatte das
Recht, seine Büste oder sein Standbild in diesem Walde ausstellen zu lassen. Ein
von Fr. Tiersch entworfenes Bild (Fig. 4), die Rekonstruetion des Festplatzes von Olympia
nach der Ausgrabung, zeigt uns den großen Tempel mit einer Menge kleiner Gartcnabtei-
lungen, wvrin Weihgeschenke aufgestellt sind. VonH erodot bis auf Lucian erwähnen
die meisten Schriftsteller gelegentlich solche heilige Haine, welche nach ihrer Beschreibung
bald einigermaßen unseren Parken glichen, bald regelmäßige Pflanzuugen wareu. Sie
nannten sie aber nichk Gärteu, weil sie darnnter etwas anderes vcrstanden. Auf den Namen
kommt es aber bei uns nicht an, denn nach unseren Begriffen kann anch die „ungeschmückte

*) Wo meine Quellen keine zuverlässige griechische Namen angeben, bchalte ich die uns geläufigeren
lateinischen bei. Die Bezeichnung griechische Kolonien ist nicht ganz zutreffend, da auch die der Phönizier
hinzugezogen sind.
 
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