Ein Werk Michel-Angelo’s
im Königlichen Musenm zu Berlin.
Unter den Erwerbungen, welche das Königliche Museum in neuester
Zeit gemacht hat, ragt eine, allerdings nicht durch materielle Grösse, um
so mehr aber durch ihre innere Bedeutung vor allen hervor. Es ist dies
Michel-Angelo’s Modell zu seiner Caritä in der Capelle von S. Lorenzo zu
Florenz. Bei der Seltenheit wirklicher Original-Modelle aus früheren
Kunstperioden lag der Zweifel sehr nahe, ob wir hier in der That ein
solches, und nicht vielmehr eine Nachbildung von der Hand eines Schülers
des grossen Meisters oder irgend eines andern späteren Künstlers vor uns
haben; ja, wir gestehen, dass auch wir uns Anfangs der letzteren Ansicht
zuneigten. Eine eingehende Untersuchung überzeugte uns indessen bald
von der Unhaltbarkeit derselben. Die nachfolgenden Bemerkungen mögen
zur näheren Begründung dieser Ueberzeugung dienen.
Bei den Erörterungen über die Authentie von Kunstwerken pflegt man
auf die geschichtliche Feststellung ihrer Herkunft ein besonderes Ge-
wicht zu legen. Ohne den Werth der auf diesem Wege gewonnenen Re-
sultate herabsetzen zu wollen, können wir denselben doch nur in den
verhältnissmässig seltenen Fällen, wo sie auf unanfechtbaren positiven That-
sachen beruhen, eine entscheidende Beweiskraft zugestehen. Zumeist fehlt
aber bei solchen Nachweisungen in der Reihe der Argumente, in der Kette
der Besitzstellen, durch deren Aufeinanderfolge die Identität eines Kunst-
werks festgestellt und dieses gleichsam in ununterbrochenem Zusammen-
hänge bis zu dem wirklichen oder vorausgesetzten Meister zurückgeführt
werden soll, ein oder das andere wesentliche Mittelglied, durch dessen
Mangel die ganze Beweisführung nichtig wird. Wir legen deshalb auch
nur geringen Werth auf das, was uns von der Geschichte unserer kleinen
Gruppe erzählt wird. Wir glauben dem vorigen Besitzer gern, dass er sie
vor mehr, als zwanzig Jahren in Nürnberg erworben, dass sie sicherlich
zu den kleinen Arbeiten in gebranntem Thon von oder nach Michel-Angelo
im Königlichen Musenm zu Berlin.
Unter den Erwerbungen, welche das Königliche Museum in neuester
Zeit gemacht hat, ragt eine, allerdings nicht durch materielle Grösse, um
so mehr aber durch ihre innere Bedeutung vor allen hervor. Es ist dies
Michel-Angelo’s Modell zu seiner Caritä in der Capelle von S. Lorenzo zu
Florenz. Bei der Seltenheit wirklicher Original-Modelle aus früheren
Kunstperioden lag der Zweifel sehr nahe, ob wir hier in der That ein
solches, und nicht vielmehr eine Nachbildung von der Hand eines Schülers
des grossen Meisters oder irgend eines andern späteren Künstlers vor uns
haben; ja, wir gestehen, dass auch wir uns Anfangs der letzteren Ansicht
zuneigten. Eine eingehende Untersuchung überzeugte uns indessen bald
von der Unhaltbarkeit derselben. Die nachfolgenden Bemerkungen mögen
zur näheren Begründung dieser Ueberzeugung dienen.
Bei den Erörterungen über die Authentie von Kunstwerken pflegt man
auf die geschichtliche Feststellung ihrer Herkunft ein besonderes Ge-
wicht zu legen. Ohne den Werth der auf diesem Wege gewonnenen Re-
sultate herabsetzen zu wollen, können wir denselben doch nur in den
verhältnissmässig seltenen Fällen, wo sie auf unanfechtbaren positiven That-
sachen beruhen, eine entscheidende Beweiskraft zugestehen. Zumeist fehlt
aber bei solchen Nachweisungen in der Reihe der Argumente, in der Kette
der Besitzstellen, durch deren Aufeinanderfolge die Identität eines Kunst-
werks festgestellt und dieses gleichsam in ununterbrochenem Zusammen-
hänge bis zu dem wirklichen oder vorausgesetzten Meister zurückgeführt
werden soll, ein oder das andere wesentliche Mittelglied, durch dessen
Mangel die ganze Beweisführung nichtig wird. Wir legen deshalb auch
nur geringen Werth auf das, was uns von der Geschichte unserer kleinen
Gruppe erzählt wird. Wir glauben dem vorigen Besitzer gern, dass er sie
vor mehr, als zwanzig Jahren in Nürnberg erworben, dass sie sicherlich
zu den kleinen Arbeiten in gebranntem Thon von oder nach Michel-Angelo