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Wagner, Heinrich
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Büdingen — Darmstadt: Bergstraesser, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.18791#0020

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KREIS BÜDINGEN

Pfarrkirche In Berstadt war, gleich wie in Echzell und Dauernheim, eine der Mutterkirchen

der fuldischen Mark. Die Pfarrkirche von Berstadt wurde 1255, Juni 5., vom
Kloster Fulda dem Domstift zu Mainz überlassen, *) nachdem Erzbischof Gerhard I
zu Mainz diese Uebertragung, 1254, Sept. 13., genehmigt hatte.**) Sie stand
unter dem Archidiakonat des Marienstifts zu den Greden in Mainz, und dieses
bestätigte, 1289, Mai 11., das dortige Domkapitel in dem Besitz der ihm vom Kloster
Fulda geschenkten Kirche zu Berstadt.***)

Gerhard von Hüftersheim giebt 1403 von einer Hube Landes 6 Achtel Korns zu einem ewigen
Lichte in die Kirche zu Berstadt, f) Dieselbe war mit einem Pastor und einem Pleban besetzt
und hatte 3 Altäre, welche der Jungfrau Maria, dem h. Kreuz und dem h. Nicolaus geweiht
waren.++) Nach der Reformation wurde der Pleban zum Kaplan gemacht und die Kaplanei
Berstadt mit dem Schuldienst verbunden, jedoch nachmals aufgehoben und die Schulstelle mit
illiteratis besetzt. f++)

Die Kirche von Berstadt, von welcher Fig. 3 ein Bild von Südosten gesehen,
Fig. 4 den Grundriss darstellen, besteht aus einem Langhaus, 21,4 m lang, 9,35 m
breit im Licht, mit wagrechter Decke und einem gewölbten Chor, von quadratischer
Grundform, 7,17 im Geviert, welcher, mit einem Turm überbaut, ein Stockwerk
höher von Stein aufgeführt, weiterhin von einem gezimmerten, achteckigen Turm-
helm und vier ebensolchen Ecktürmchen bekrönt ist, die sämtlich mit wälschen
Hauben versehen sind. Turmhelm und Ecktürmchen gehören augenscheinlich dem
17. Jahrhundert an; das Steinwerk der Kirche aber hat ganz das Gepräge der
frühgotischen Bauweise und wird wohl in der Hauptsache um die Mitte des
13. Jahrhunderts, aus welcher Zeit nach dem Vorhergehenden die ersten urkundlichen
Nachrichten des Gotteshauses stammen, errichtet sein. In diese Zeit können mit
Sicherheit die im Grundriss schraffirt angegebenen Teile der Nordwand des Lang-
hauses , sowie der ganze Chor, gesetzt werden, während vorhandene Spuren und
Merkmale darauf schliessen lassen, dass die schwarz angegebenen Umfassungsmauern
des Schiffes etwas später, vielleicht gegen 1300, angefügt oder umgebaut wurden.

Die Nordseite des Langhauses ist mit einer Rundbogenthüre, einem Kleeblatt-
fensterchen und im Uebrigen mit schmalen frühgotischen Spitzbogenfenstern, die
Südseite mit etwas weiteren, ebensolchen Fenstern und mit einer Spitzbogenthüre
versehen. Ueber derselben, gleich wie über der Rundbogenthür an der Nordseite,
bemerkt man zu beiden Seiten kleine schlichte Spitzbogennischen, welche, nebst
den an den Sohlbänken angebrachten Kragknäufen, zur Aufnahme von kleinen
Steinbildern bestimmt zu sein scheinen. Eine grössere reicher gegliederte Spitz-
bogenthür befindet sich an der Westseite. Schlanke hohe Spitzbogenfenster, deren
einstiges Masswerk ausgebrochen ist, führen dem Chor, schmale Schlitzfensterchen
dem darüber gelegenen Raum spärliches Licht zu. Von äusserst malerischer Wirkung
ist der mehrstöckige, hohe Turmhelm mit den vier Ecktürmchen, deren Zimmerwerk

*) Scriba, Regesten d. Prov. Oberhessen, II. S. 37.
**) Böhmer-Will, Regcsten z. Gesch. d. Mainzer Erzbischöfe, II.
***) WUrdtwein, Dioeces. Mog. III. S. 93 No. 67.
f) Baur, Arnsb. Urk. No. 1140.
ff) Würdtwein. Dioeces. Mog. III. S. 86.
ttt) Hoffmann, E., a. a. O., S. 411.
 
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