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Wagner, Heinrich
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Büdingen — Darmstadt: Bergstraesser, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.18791#0222

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KREIS BÜDINGEN

Die zahlreichen Grabsteine daselbst sind weder von künstlerischer noch von geschicht-
licher Bedeutung. Sie reichen in die Mitte des 17. Jahrhunderts.
Hermhuter Im vorigen Jahrhundert erhielt der Ort auf kurze Zeit dadurch einen bedeutenden

liederlassung

Aufschwung, dass Graf Zinzendorf auf dem Haag 1738 eine Kolonie der Herm-
huter Brüdergemeinde mit mehreren Lehranstalten gründete, die sich auf dem hierzu
erworbenen Lande '/2 km westlich von der alten Kirche anbaute und den neuen
Ort, zum Anklang an Herrnhut, nunmehr »Herrnhaag« hiess.*) Das Unternehmen
genoss anfänglich die Gunst des Landesherrn, die Niederlassung wurde von weit
und breit besucht und blühte rasch empor, Zinzendorf zog 1747 selbst von Marien-
born (s. u.) hierher über. Bald hernach kam es aber mit der Regierung in
Büdingen zu ernsten Auseinandersetzungen und Streitigkeiten bezüglich der geistlichen
und weltlichen Hoheitsrechte, in Folge deren den Ansiedlern auf dem Haag, durch
Edikt v. 12/18 Febr. 1750 die Wahl gestellt wurde, entweder innerhalb 3 Jahren
das Land zu verlassen, oder aus der Herrnhuter »Secte« auszutreten. Die Gemeinde
zog das Ersterc vor und zerstreute sich nach anderen Gegenden Deutschlands, nach
Holland, England und Amerika. Herrenhaag blieb lange Zeit verödet. Etwa
50 Jahre später trieben die Inspirierten hier ihr Wesen. Aber auch sie sind
ausgewandert.

Die von der Herrnhuter Brüderschaft errichteten Hauptgebäude, das Brüder-
und Schwestern-Haus, der Betsaal und das Haus Zinzendorf s (jetzt Pächterhaus),
sowie unter anderen kleineren Gebäuden das bemerkenswerte Brunnenhaus, stehen
heute noch. Der Gottesacker birgt die Gebeine von 429 Mitgliedern der Brüder-
gemeinde, die 1736 — 1772 hier bestattet worden sind.**) Mehrere Kinder Zinzen-
dorf's, sein Schwager, der Graf Reuss-Ebersdorf mit seiner Tochter, ferner die
Frau von Schrautenbach (s. S. 192), der Polykarp Müller u. A. m. ruhen daselbst.

MARIENBORN

Aligemeines w^mu^uf EILER, 11 km südwestlich von Büdingen. Der Name erscheint zuerst
in der lateinischen Form Forts Sanctae Mariae, dann als Marien-
burnen 1288, Mergenbronn 1306, Mergenborn 1455.

Die Entstehung dieses Frauenklosters des Cisterzienser Ordens
auf dem Haag und dessen Verlegung von dort nach Niedernhausen um 1274 wurde
bereits S. 205 beschrieben. Zu diesem Zweck hatten Ludwig von Ysenburg und
seine Gemahlin Helwig in dem genannten Jahr dem Convent des Klosters einen
Teil dieses im Gericht Langen-Bergheim (S. 184) gelegenen Dorfes unter der

*) Thudichum, Kechtsgesch. d. "Wetterau I, S. 136. — Arch. f. Hess. Gesch. IX, S. 46 ff.
**} Laut Inschrift eines in der Neuzeit dort errichteten Denkmals.
 
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