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Wagner, Heinrich
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Büdingen — Darmstadt: Bergstraesser, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.18791#0144

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KREIS BÜDINGEN

Nachdem in Folge des Aussterbens derer von Wolfskel gegen Mitte des
17. Jahrhunderts ihre Lehen an Ysenburg heimgefallen waren, erwarb Obrist (später
General) von Stauff diesen Anteil am Dorf Effolderbach. Derselbe kam 1684 in
den Besitz des hanauischen Rates Fabricius von Westerfeld, *) dessen Wittwe das
Lehen gegen andere Güter an den Grafen Karl August von Ysenburg-Marienborn
1709 vertauschte, von dem es 1725 an Ysenburg-Büdingen zurückfiel. Unter der
Gemeinherrschaft von Hessen-Darmstadt, Stolberg-Gedern und Ysenburg-Büdingen
mussten 1714 »irrungen in secularibus et ecclesiasticis«. geregelt, 1727 Vergleiche wegen
»Grenz Irrungen« abgeschlossen werden.**) Es stellte sich schliesslich heraus, dass
Ysenburg's Anteil nicht lia, sondern nur Vo des Dorfes, derjenige Stolberg's dagegen
3/c davon betrug. Letzterer kam 1806, erstercr 1816 unter Hessens Oberhoheit.

Kirche Urkundliche Nachrichten über die Kirche von Effolderbach fehlen gänzlich.

Dass eine solche schon ziemlich früh bestand, ist verbürgt durch einige Überreste
des ehemaligen Gotteshauses, insbesondere durch solche des fünfseitigen, aus der
Grundform des regelmässigen Achtecks gebildeten Chors, welcher an den Schräg-
seiten mit zwei schlanken, frühgotischen Lanzettfensterchen versehen ist. Sie
endigen in einen mit Kleeblatt-Mass werk einfachster Art verzierten Spitzbogen.
Diese Formen, und unter anderen Merkmalen auch die
an diesen Fenstern eingehauenen Steinmetzzeichen:
lassen darauf schliessen, dass sie einem Bau aus
dem Ende des 13. Jahrhunderts angehören.***) Auch
eine vergitterte Steinnische im Innern des Chors stammt aus mittelalterlicher
Zeit. Alt ist möglicherweise noch das Mauerwerk des ganzen Langhauses der
jetzigen Kirche. Es erscheint aber durch Umbau verunstaltet und hat nunmehr
ein ganz ähnliches Gepräge wie so viele andere im vorigen Jahrhundert veränderte
Kirchen, d. h. es ist ein völlig schmuckloser, durch rechteckige Fenster erhellter
Raum mit glatter, wagerechter Decke, auf der West- und Nordseite Holzemporen,
an der Südseite die Kanzel, die in den gewundenen und gekrümmten Formen
der Zeit, auch aus Holz hergestellt ist. Ein Dachreiter, der früher auf dem First
des Dachwerks zwischen Chor und Schiff aufgesetzt war und als Glockentürmchen
diente, wurde 1869 abgetragen, nachdem an der Westseite ein neuer steinerner
Turm 1866 angebaut worden war.

Glocken In diesem Turm sind drei neue von Bach in Windecken gegossene Glocken

aufgehängt, zu deren Herstellung zwei alte Glocken verwendet wurden. Letztere
hingen vordem in jenem Dachreiter und hatten folgende Inschriften: f) die grössere,
ICH • RVF • ZV ■ GOTT • VND • KLING ■ ZV■ GRAB • O • MENSCH • DEIN ■ GROSE •
SVND ■ LEG - AB • ^ 686; die kleinere, ANTONIVS • FEI ■ VND ■ JOH ■ JACOB ■
RINCKER ■ VON • ASLAR • GOS • MICH • \68\-

*) Simon, Gesch. d. reichsst. Hauses Y. u. B. I, S. 242.
**) Grossh. Haus- u. Staats-Arcb. zu Darmstadt, ferner Simon a. a. O. I, S. 137.

***) Seit Abfassung' dieser Beschreibung sind bauliche Veränderungen an der Kirche vorgenommen worden,
wobei bedauerlicher Weise die wenigen Reste aus mittelalterlicher Zeit nicht verschont blieben,
t) Nach Diefenbach Arch. f. Hess. Gesch. XV, S. 534.
 
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