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Wagner, Heinrich
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Büdingen — Darmstadt: Bergstraesser, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.18791#0146

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KREIS BÜDINGEN

Schon 1345 hatte Kaiser Ludwig das Kloster Engelthal in seinen Schutz ge-
nommen und den Landvogt der Wetterau beauftragt, es gegen jeden Angriff zu
verteidigen. Allein später wurde es von allen Seiten so hart bedrängt, dass es
1522 genötigt war, sich in den Schutz und Schirm der Reichsburg Friedberg zu
begeben, in deren Bezirk der grösste Teil seiner Güter lag. Dennoch wurde
das Kloster 1568 von dem damaligen Besitzer von Höchst a. d. N., dem Herrn
von Stockheim, sodann 1575 von Werner von Buches überfallen und beraubt.
Während des dreissigjährigen Krieges war Engelthal 1632 von den Schweden heim-
gesucht worden, überdauerte jedoch die Schrecken jener Zeit. Allein die Kloster-
gebäude scheinen in der Folge mehr oder weniger zerstört oder verfallen gewesen
zu sein, denn sie mussten in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts grossenteils
erneuert werden.

Die letzte Urkunde, die von Äbtissin und Konvent des Klosters Engelthal
Nachricht gibt, stammt aus dem Jahre 1753. Fünfzig Jahre später, durch den
Reichsdeputations - Hauptschluss von 1803, wurde es aufgehoben und kam als
Entschädigung an den Grafen von Leiningen-Westerburg, jüngere Linie, der es für
450 000 Gulden an den Grafen von Solms-Wildenfels verkaufte. Später wurde es
durch eine Lotterie ausgespielt und kam darauf 1836 durch Kauf in den Besitz
des Grafen von Solms-Laubach. Seit 1800 steht Engelthal unter Hessens Hoheit.
Kirche An der Nordseite des ehemaligen Cistercienser-Nonnenklosters liegt das

zugehörige Gotteshaus zu den hh. Aposteln Petrus und Paulus, das urkundlich
zuerst 1270 erwähnt ist.*) Die jetzige Pfarrkirche von Engelthal hat ihre Gestaltung
und Ausschmückung vornehmlich durch die Erneuerungsbauten erhalten, welche
laut Inschrift um 1692, sowie anfangs des vorigen Jahrhunderts hergestellt wurden
und von dem ursprünglichen, alt-ehrwürdigen Kirchenbau nur wenig übrig gelassen
haben. Einige Uberreste desselben sind hier und dort noch erkennbar und zwar
an dem unscheinbaren Ausseren des Langhauses die steinernen, tief abgeschrägten
Fensterschäfte der viel jüngeren Rundbogenwölbung, sowie eine Spitzbogennische mit
Dreipass-Masswerk in der gegen den Eingangsflur des Pfarrhauses gerichteten Wand.
Weiter an der Südseite des Schiffes steht noch die alte spitzbogige Thüre mit breit ab-
gefasten Kanten, an deren Werkstücken mehrfach dasselbe Steinmetzzeichen
eingehauen ist, das auch bei anderen frühgotischen Bauwerken (s. u,
Marienborn) vorkommt. An der Nordwand des fünfseitigen, schlichten
Chors, der vor dem übrigen Bauwerk stark vorspringt, bemerkt man eine
halbkreisförmig überwölbte Nische mit doppeltem Rundstab und über deren Bogen
schönes, gotisches Masswerk, das einst als Giebelfeldfüllung gedient zu haben
scheint. Die nördliche, spitzbogige Eingangsthür mit ausgebildetem, im Scheitel
sich kreuzenden Stabwerk stammt aus der Mitte oder zweiten Flälfte des 15. Jahr-
hunderts.

Im Innern der Kirche findet man ein steinernes Weihwasserbecken, sowie
im Fussboden des Chors eine Anzahl gemusterter Fliesen gotischer Form.
Grabdenkmäler Ausserdem sind mehrere mittelalterliche Grabsteine erhalten. Unter letzteren

ist das in der Nordwand eingemauerte, in Fig. 64 abgebildete Denkmal in mehr-

*) Guden. Cod. Dipl. V, S. 994, No. 1 u. Mader, Burg Friedberg, II, S. 368.
 
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