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Wagner, Heinrich
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Büdingen — Darmstadt: Bergstraesser, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.18791#0157

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KREIS BÜDINGEN

Cuculla über dem Kopfe scheint ein Mönch zu sein. Der Donator kann aber auch den Kreisen
der Laien angehört haben, da auch von diesen die langen, um die Hüften gegürteten Kleider und
Hauben in jener Zeit getragen wurden. Die Rauheit der ganzen Darstellung und die dicken
Farbschichten der Uebermalung lassen clie feineren Unterschiede nicht zum Ausdruck kommen.

Die spitzbogigen Fenster sind klein, die Mauern sehr dick, die Strebepfeiler
dagegen, die sowohl an den Aussenwänden der Seitenschiffe, als an den Hoch-
wänden des Mittelschiffes angebracht sind, haben nach der Bauweise der Zeit einen
sehr schwachen Vorsprung und hätten dem Gewölbeschub der Mittelschiffe, trotz
der geringen Abmessungen derselben, nicht widerstehen können, ohne die einge-
zogenen eisernen Anker.

In die dritte Bauperiode, etwa Mitte des 14. Jahrhunderls, fällt die Errichtung
des Chors, der fünfseitig aus dem regelmässigen Achteck gestaltet, mit stark vor-
springenden, völlig ausgebildeten Strebepfeilern versehen, durch hohe Masswerks-
fenster erhellt und mit Kreuzgewölben überspannt ist, deren Hohlkehlen-Rippen
nicht auf Diensten, sondern auf Konsolen ruhen. Kurz, man erkennt aus diesen
und anderen Merkmalen die Formbildung der Blütezeit der Gotik. Bemerkenswert
ist die an der Nordseite des Chors angebaute Sakristei der Kirche, hauptsächlich
wegen ihrer Spitzbogenthüre, die offenbar älter ist als der Chor. Dieselbe ist nach
dem Thürprofil und der unteren Endigung desselben an den Schaftecken ungefähr
gleichseitig mit Mittel- und Seitenschiff, also um die Mitte des 13. Jahrhunderts,
gemacht worden. Auch die Rippen und Kämpfer des Kreuzgewölbes der Sakristei
können noch dem 13. Jahrhundert angehören.

Das Chorgewölbe hat zwei Schlusssteine; das Bildwerk des einen stellt das
vom Nimbus umgebene Flaupt Christi, das des anderen .den Pelikan mit seinen
Jungen dar. Von den drei Schlusssteinen des Schiffs ist der mittlere mit einer
Inschrift in gotischen Minuskeln umgeben, die vermutlich auf eine 1500 vorge-
nommene Wiederherstellung hindeutet'; sie lautet: afi" 2 ti 2111° l ljc l «Sttfi l piO l lliCOlaO2
jStCttJJtDElgi?. Im östlichen Schlussstein ist das Lamm Gottes, im westlichen eine
fünf blätterige Rosette ausgemeisselt.
Schnitzwerk Einige beschädigte Holzskulpturen, Maria, Christus am Kreuz u. dergl., die

einem Altar-Schnitz werk*) angehört zu haben scheinen, werden in der Sakristei
aufbewahrt. Darunter befindet sich eine männliche Figur mit abgeschlagenen
Armen, die von tüchtiger Hand herzurühren scheint.
Glocken Von den drei Glocken des Kirchenturms hat die grösstc keine Inschrift; sie

ist ihren Merkmalen nach die älteste. An der mittleren Glocke ist zu lesen:
AD • LAVDES • IHOVAE • TEMPLI • DECVS • ATQ ■ VOCANDOS ■ CVLTORES ■
CHRISTI • HAEC ■ EIDOS ■ CAMPANA • REFVSA • EST. (Hand) und darunter:
* ANTHONIVS • FEI • VON • SCHOENBACH • VND • IOHAN • IACOB • RINCKER •
VON • ASLAR • BEIDE • GOSEN ■ MICH • ZV • GEISENIT • ANO • 1686 • *

Die kleinste Glocke hat folgende zweizeilige Inschrift: FRIDERICVS • PASTOR ■
FOENILIVS • AEDITVVS • SED ■ CASPAR • KOLNERVS ■ 1598 || PRAETOR •
CVRT • WEIGEL • IBIDEM • ÄEDILES • WORNER • WORNERS • HEINZ • BAST •

*) Diefenbach, Arch. f. Hess. Gesch. V, Art. XIII S. 51.
 
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