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Wagner, Heinrich
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Büdingen — Darmstadt: Bergstraesser, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.18791#0166

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I

GLAUBERG 15 r

mittelalterliche. Bei der ersten Bauanlage wurde die Abflachung des Berges am
Rande mit einem Wall aus losen Steinen, die einst wagerecht geschichtet, aber
ohne Mörtelverband waren, umgeben. Auf diese Weise entstand hier eine jener
Zufluchtsstätten der Urzeit, die man auch in der Nähe auf dem Alteburgskopf
bei Schotten im Vogelsberg, auf dem Altkönig, dei Goldgrube, dem Brulerberg
und Hausberg im Taunus, sowie anderwärts findet.

Die mittelalterliche Bauanlage macht sich namentlich an dem oben beschriebenen
Bollwerk der Angriffsseite gegen Nordosten bemerkbar. Hier trifft man unmittelbar
am Walle die Kennzeichen mittelalterlicher Bauart und Reste von Mörtelmauerwerk,
weiter im Innern Spuren von Grundmauern, Erhebungen und Vertiefungen, unter
denen sich hin und wieder Mauerwerk bergen mag, verschlackte Gesteinsstücke
und sonstige Anzeichen eines hier stattgefundenen Brandes. Alle diese Merkmale,
gleich wie Fundstücke von Waffen, Hufeisen und anderen Geräthschaften, die hier
ausgegraben wurden *), weisen darauf hin, dass im Mittelalter inmitten dieses
Zufluchtsortes oder Ringwalles Wohnstätten von nicht unbeträchtlicher Ausdehnung
errichtet waren. Es sind offenbar die Spuren der ehemals mächtigen Reichsburg
(s. o.), des sagenhaften Raubschlosses der Glauburg, von welcher der Volksmund
erzählt, class sie vor langer Zeit vom Kaiser oder dessen Landvogt zerstört worden sei.

Eine Ansicht der Glauburg,**) 1719 gezeichnet und gestochen von Peter Fehr
zu Frankfurt a. M., zeigt Ueberbleibsel der Bergfeste an der nördlichen und nord-
östlichen Seite der Kuppe. Hier hinter dem Hauptwalle waren 1747 noch Reste
von gewaltigen, zwei Meter dicken Mauern sichtbar.***)

Die öfters geäusserte Meinung, dass diese Feste der Vorzeit, wenn auch nicht
von den Römern erbaut, doch von ihnen besetzt und weiter befestigt worden sei,
ist an sich schon sehr unwahrscheinlich, da die Glauburg mehr als 5 km ausserhalb
der römischen Grenzwehr liegt, überdies aber durch den Ortsbefund in keiner
Weise begründet. Denn trotz der eifrigsten Forschungen fanden sich bisher nirgends
Spuren von Niederlassungen und Strassen der Römer, weder in der Umwallung
selbst noch in deren Nähe; und die römischen Fundstücke, die ab und zu hier
gefunden sein sollen, kennt man nur vom Hörensagen. Von allen Gegenständen,
die man daselbst entdeckt haben will, ist nur einer wirklich zur Hand, d. i. ein
Steinbeil, welches auf der Glauburg ausgegraben worden sein soll und im Dorfe
aufbewahrt wird, t)

*) Im Besitz des Grafen von Stolberg-Wernigerode.
**) Orig. im Grossh. Haus- und Staats-Arch. zu Darmstadt.
***) Arch. für Hess. Gesch. XI, S. 39.

ti Von Herrn Johannes Mev zu Giauberg.
 
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