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Wörner, Ernst
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Rheinhessen: Kreis Worms — Darmstadt, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.18790#0092

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KREIS WORMS

Verputz erkennbar. In der Westwand ist ein breiter Stichbogen, der an der
Innenseite Masswerk in Kleeblattform zeigt; äusserlich sind hier in der Wand
Kragsteine (2) angebracht, welche auf das frühere Vorhandensein eines zweistöckigen
Anbaus hindeuten. Reste ebensolcher abgeschlagener Kragsteine finden sich an der
ganzen Südwand. Hier mag ein Kreuzgang angestossen haben. Die Kirche ist
verputzt, an der Südseite sieht man allenthalben noch die Spuren von einer
Quaderaufmalung, rote Quadern mit weissen Fugen. An der Nordseite hat der
Verputz einheitlichen Charakter und ist wohl erhalten.

Das Dach entstammt dem Jahr 1708, in welchem nach Widder die Katholiken
die verfallene Klosterkirche wieder aufbauten. Das schon erwähnte Holzgesims
desselben zeigt schlechte Renaissanceformen. Das schiefergedeckte Walmdach ist
in der Mitte mit einem Dachreiter gekrönt, dessen 8 Seiten Schallöffnungen haben
und welches ein Glockendach abschliesst. An den Fenstern finden wir zahlreiche

Steinmetzzeichen _IJ \ // // \ • Steinmetz zeichen, teils Buchstaben, teils

Figuren; das einzelne Zeichen wiederholt sich bei einzelnen Fenstern sehr häufig,
mehrfach fast auf jedem Werkstück, nur seine Stellung erscheint dann stets ver-
schieden. Die meisten Zeichen sind an den westlichen Fenstern der Südseite, gar
keine an den östlichen Fenstern dieser Seite.

Details im Innern Im Innern sind Decke und Wände in den 1870er Jahren neu verputzt

worden und die Spuren alter Malereien seitdem verschwunden. Ein steinerner
Seitenaltar zeigt gute Barockformen. Inmitten einer Säulenstellung von rotem
Sandstein steht in einer Nische die Figur der Jungfrau Maria, welche auf eine
Schlange tritt und auf deren Hand eine Taube sitzt. Die Bildsäule ist von grauem
Sandstein gefertigt und graziös in der Bewegung, ebenso wie auch die beiden
Gestalten vor den Säulen. Rechts von der Jungfrau sehen wir den h. Antonius
im Priestergewand mit dem Kind auf dem Arm, links die h. Katharina. In der
Höhe das Wappen des Stifters, ein Schild mit fünf Sternen und ein Stern als
Helmzier zwischen zwei Büffelhörnern. Der Altar wurde im Jahre 1712 von dem
kurpfälzischen Schaffner Otto errichtet.

Im Chor steht ein spätgotischer steinerner Tauf stein mit hölzernem Deckel.
Das Becken tragen vier Löwen, von denen zwei verstümmelt sind. Die Seiten-
flächen sind mit Astwerk bedeckt, dazwischen die Brustbilder von Petrus und Paulus.

Gedenktafel In den Boden eingelassen ist die Gedenktafel an den Stifter des Klosters

Himmelkron *) Tvrolf. Sie erscheint als eine in der Mitte vertiefte Steinplatte
mit einer von Linien eingerahmten Umschrift. In der Mitte des Steins war,
wie vorhandene Löcher ergeben, eine jetzt verschwundene Metallplatte eingelassen.
Die Umschrift enthält die Widmung der Nonnen; da solche nicht vollständig
entlang des Randes angebracht werden konnte, läuft der Schluss noch einreihig
an den zwei Schmalseiten der die Umschrift innen begränzenden Linie her; eine

*) Es wurde 1279 von dem Ritter Thyrolf (Tvrolf, Dyrolf, Srautzel und seiner Gattin Agnes, Bürgern zu
Worms, gegründet. Thyrolf hatte eine Burg in Hochheim gehabt.
 
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