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Wörner, Ernst
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Rheinhessen: Kreis Worms — Darmstadt, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.18790#0117

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NEUHAUSEN

Nur an dem Zuge des Grabens, der das Cyriakusstift umgab, kann dessen ^Res*;e d.ers

° Cynaksstifts,

Lage festgestellt werden. Derselbe ist in verschiedener Tiefe in dem grössten Teile Befestigung

■ . desselben

des Bogens, den er beschreibt, noch vorhanden. Das Terrain hegt östlich der
Hauptstrasse, welche durch den Ort führt, und die von dieser Hauptstrasse aus-
o-ehende und wieder dahin zurückkehrende Seitenstrasse (welche beide Strassen den
Hauptteil des kleinen Ortes bilden) umschliesst jenes Terrain auf 3 Seiten. Der
Graben ist, da wo sich die Seitenstrasse im Norden an die Hauptstrasse anschliesst,
am tiefsten; die Seitenstrasse übersteigt hier den Graben auf einer Brücke, deren
Bogen jetzt vermauert ist. Sowohl der innere wie der äussere Grabenrand sind
hier, der äussere nur hier erhalten. Auch sieht man hier Mauern den äusseren
und inneren Grabenrand begleiten; an ersterer sind Baulichkeiten, die nach der
Hauptstrasse stehen, angebaut; letztere trümmerhafte Mauer dient mit zur Umschliessung
des alten Stiftsterrains, in dessen Mitte das frühere evangelische Pfarrhaus steht.
Von der erwähnten Seitenstrasse resp. deren nördlichem Teile aus führt ein Hofthor
mit der Jahrzahl 1546 in das Stiftsterrain; der Graben fehlt an dieser Stelle; doch
zieht sich an der Seitenstrasse her eine ältere Mauer um dasselbe, welche etwa an
derjenigen endigt, welche den inneren Rand des Grabens an seiner tiefsten Stelle
begleitet*). Der jetzt bepflanzte Graben konnte einst vom Mühlkanal aus, welcher
von der Pfrimm abgeleitet wird und in einem Bogen, welcher der mehrgenannten
Seitenstrasse fast parallel ist, bis zu der in dieser Strasse östlich des Stiftsgebiets
gelegenen Stiftsmühle führt, mit Wasser gefüllt werden.

Neben der Stiftsmühle, die über der Thüre ein gezahntes Rad hat und dem Dorfbefestigung
vorigen Jahrhundert entstammen dürfte, sind die Reste eines Dorfthors unmittel-
bar an der den Mühlbach überschreitenden Brücke, sowie eine Befestigungsmauer
erhalten, welche sich von der Brücke bis zum Mühlgebäude erstreckt. Die Thor-
reste bestehen nur in den unteren Teilen der Pfeiler, an die sich die steinernen
Brückengeländer anschliessen. Die Mauer beginnt an der Mühle, geht dann ent-
lang des Mühlbachs, und macht kurz vor der Brücke einen stumpfen Winkel ; am
Thor setzt sich ein Stück im rechten Winkel, parallel mit der Brückenaxe an. In
dem Mauerstück, das entlang des Bachs geht, sehen wir in gleichmässigen Abständen
vier rechteckige, sich nach innen erweiternde Scharten**). Wir haben also hier ein
Verteidigungswerk für Brücke, Thor und Mühle, das zugleich zur Verteidigung des
rückwärts gelegenen Stifts dienen konnte. In der That sind gerade nach dieser

*) Dass das Stift Neuhausen im Mittelalter mit Wall, Graben und Zäunen (sepe, Pallisaden am äusseren
Grabenrand, vergl. die sepes nouhusens. in einer Urkunde bei Baur, Urkk. II, S. 106) befestigt war, ergiebt sich
aus der Urkunde bei Schannat II, S. 122, wonach die Wormser Bürger im Jahr 124g diese ausdrücklich aufgezählten
Befestigungswerke zerstört haben. Es muss dahin gestellt bleiben, ob, wenn in der Urkunde anfangs als Gegenstand
des Streits zwischen "Worms und dem Stift die Zerstörung der Mauer (destructio muri) bezeichnet wird, damit das
Vorhandensein einer wirklichen Mauer gemeint ist. "Wir möchten hier »murus« als im allgemeinen für »Befestigung«
stehend erachten, da damals neben dem Vorhandensein eines Walls dasjenige einer Mauer, die eine innere Befestigung
gebildet haben müsste, nicht wohl denkbar ist. Die heutigen Grabenreste mögen die Überbleibsel des alten, nach
der Zerstörung durch "Worms sicherlich erneuerten Wallgrabens sein; die heutigen Mauern jedoch zeigen keine
Struktur, welche darauf hinwiese, dass sie zu Befestigungszwecken gedient hätten ; diejenigen am äusseren Grabenrand
und rechts des Hofthors, zum Teil von Backsteinen spät aufgeführt, zeugen ausdrücklich für das Gegenteil.

**) Thor und Mühle sind urkundlich bezeugt in einer Urkunde von 1391, in der die Stellung des Stiftsmüllers
in Bezug auf den Bach Pfrimm beschrieben wird. Das Thor heisst hier Neuhauser Pforte. Die Stelle lautet: —
sagende (ein Schöffe redet), dafs eyn jglicher möller je der herren (vom Stift) mölen zu Nuhusen nehst an der
Nuhuser pforten solt syn vnd were eyn Schultis der Bach Pfrim.
 
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