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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 33.1917-1918

DOI issue:
Heft 9/10 (Februar 1918)
DOI article:
Osborn, Max: Franz Metzner
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.13747#0180

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Dersönlicke Lindrücke — ick meine Lin-
drücke von der Lulleren persönlickkeit
eines Künstlers ker — sind ja oft irrekükrend.
^ber kier mull ick dock davon sprecken.

Ls sind jetzt künkzekn ^akre ker, dall ick den
jungsnLildkauerLli^ktzIVlLT'zi-teir kennen lernte
— unci lieben lernte. So sekr, dall ick das tat,
vas kür das liebe „Lederviek", kontanisck zu
reden, stets der Reklex der Liebe ^vie des
Lasses) ist: ick sckrisb einen Aufsatz — es var
der erste, der über IVIetzner ersckien, vorauf
ick immer ein venig stolz gsvesen bin. Damals
var er sin sckmaler junger IVlann vom Lnde
der ^vanzig, mit einem zarten Oesickt, in dem
unter mäcktig dräuender Stirn ein paar tieflie-
gende ^ugen kervorglükten. Sein blams var
gerade durck Arbeiten kür die Lerliner König-
licke porzellanmanukaktur bekannt gevorden.
Lin ungeeigneteres Naterial kür Mstzner var
nickt auszudenken als dieser vsicklicke, zer-
brecklicke, zierlicks Stolk, und er mullte gleick-
sam gegen seinen willen dazu dienen, dis Ligen-
art des merkvürdigen Lildkauerszuentvickeln,
der mit ikm zusammengeraten var; davon vird
nock sin ^Vort zu sagen sein. Damals var
alles im Vierden, der Künstler vie der Nensck.

Dann sak ick IVIetzner viele Satire nickt,
klickt nur väkrend seiner wiener 2viscken-
zeit, auck nack seiner Rückkekr nack Lerlin
begegneten vir uns niemals — das berickte
ick nickt, veil ick diesem Lreignis eine all-
gemeine Ledeutung zusckreibs, sondern veil
sick in ikm die eigentümlicks ^rt des Ler-
liniscksn Kunstlebens spiegelt, das so venig
2usammsnkängs bietet. ^Is ick ikn aber im
letzten Sinter vieder trak, vollts ick nickt
glauben, daü er es sei. ^us dem zarten,
sckmalen Jüngling var ein breitsckulteriger
IVlann von erkeblicker „Stattlickkeit" gsvor-
den. Kräftig, fest, eisern.

Line so unerkörte Veränderung ersckien mir
zuerst käst rätselkakl, auck kür einen Zeitraum
von andertkalb ^akrzeknten. ^ber dann king
ick an zu begreifen. Selten Kat ein Künstler
in so gerader Linie die LIements seines Le-
sens entkalken dürfen, vie es IVIetzner be-
scdisden var. Selten var es einem vergönnt,
das, vas er in sick rumoren küklt, so völlig
„verden", Oestalt annekmen zu seken. V^o-
von er als Anfänger träumen mockte — dis
Vollkraft seiner ^akre Kat es ikm gesckenkt.
Die Lrkolge sind ikm vakrlick nickt in den
Sckoü gefallen. Ls ist eine ungekeurs Arbeit,
die kinter dem ^cktundvierzigjäkrigen liegt.

Unter den porzellansacken, die er seiner-
zeit um des lieben Lroterverbs villen knetete,
gab es sekr karmlose, aber auck sekr selt-
same, erregende Stücke. kleben graziösen
Lrauenleibern, die sick sckimmernd empor-
reckten und deknten, tauckten plötzlick aus
kliellenden farbigen Olasuren Köpfe und Lalb-
kguren auk, die aus ganz anderen Regionen
in die Königlick preuüiscke löpferei kinein-
geraten zu sein sckienen. Sie kalten mit dem
Sinn und den Voraussetzungen der tonigen
Porzellanerde gar nickts zu tun, gekörten gar
nickt kierker, venngleick auck sie das Ver-
dienst kür sick in ^nspruck nekmen durften,
zur Verjüngung der Lerliner IVIanukaktur V^e-
sentlickes beizutragen, ^ber sie erzaklten an-
deres, >Vicktigerss. Lrzäklten von den ungs-
borenen Oesickten einer gevaltigen Künstler-
pkantasie, die auf ganz neue ^Vege fakndete.

^ugleick sak man damals eigene >Verke
Netzners, dis er, okne äulleren Antrieb, okne
Desteilung, auk gut Olück kür sick gearbeitet
batte. Lins davon ist bekannt geblieben und
berükmt gevorden: dis Lüste des „Vege-
tariers", der durck die Ligentümlickkeit seiner
kageren Oesicktsbildung dem jungen Plastiker
ervünsckten -^nlall gab, innere Lormvorstel-
lungen in greifbare >Vakrksit umzusetzen.

Llnd vas kür überrasckende Lormvorstellun-
gen! V^ir trieben damals nock durckaus in
der Strömung, deren (Quelle der klaturalismus
var. Die lebendige Sckönkeit des Mrklicken
aus dem besonderen lemperament zu deuten,
var das 2iel, ob man es nun, vie Rodin, im
Reicktum der neuerkannien Vielfältigkeit stu-
dierte, oder, vie ^dolk Llildebrand und die
Seinen, auk die vereinfackends Spracke der
Antike und der Renaissance zurückkükrte. liier,
bei dem jungen IVIetzner, grüüte ein kleues.
Lin bisker unbekanntes, oder einige ^akrkun-
dsrts vergessenes Streben zum i'^piscken —
aber nickt zum i'xpiscken in der IVIenscken-
ersckeinung, sondern zum l^piscken in den
Oebilden des Raumes. Der Raum selbst vollte
Oestalt annekmen und brauckte dazu als IVIittel
menscklicke Lormen. Der abstrakte Orundge-
kalt aller plastiscden Arbeit vagts es, sick un-
mittelbar auszudrücken. Lntscklossen vard
das Prinzip des ^nal^tiscken, das vom male-
riscksn Impressionismus in die Lildnerei kinein-
geglitten var, beiseite gssckoben und ein un-
bekannter ^Veg zur Lyntkese eingescklagen.
Okne dall IVIetzner es sick grüblerisck klar
gemackt Kälte, rein aus seinem Instinkt keraus

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