Ludwig Peter Kowalski. Breslau-Altstadt
Aus der Ausstellung „Schlesische Kunst" in Wien
schlesische Maler am leichtesten und ehesten, viel-
leicht auch am reichsten und reinsten seine Eigenart
hervorleuchten lassen.
Wie die Natur den Menschen bestimmt, so prägt ihn
auch seine Geschichte. Und sicher wird man kein Ver-
ständnis für die schlesische künstlerische Leistung
verlangen können, wenn man nicht die Problematik
seines geschichtlichen V erdens begreift. Es sind viele
Vertreter deutscher Stämme in diesem Lande zu-
sammengekommen und zusammengeschmolzen wäh-
rend jener, für die gesamte deutsche Geschichte so
folgenschweren, deutschen Ostbewegung, die in ho-
hem Mittelalter nicht nur ein Land erschließt, son-
dern auch einen neuen Lebenskreis schafft, in dem
sich die vielfälligen Stammeszüge verschmelzen. Diese
Xeuformung eines Tochterstammes vollzieht sich auf
einem Boden, der schon viel völkische Auseinander-
setzungen gesehen hat und dem auch seelische Kämpfe
nicht erspart blieben. Vorgetrieben in einen Raum,
den slawische Völkerschaften umbrodeln, treffen sich
in Schlesien Nord und Süd, Preußisches und Öster-
reichisches. Gotik und Barock, Ostseekunst und Do-
naustil. Nirgends sonst in deutschen Städten findet
sich dieses seltsame Zusammentreffen eines nieder-
deutsch-preußisch-friderizianischen und eines ober-
deutsch-österreichisch-theresianischen Kunstempfin-
dens.
Viele Künstler sind von außen gekommen, von ihnen
sind viele im Lande geblieben. Sie haben erst dort die
Entfaltung ihres Wesens und die Vollendung ihres
Lebenswerkes erfahren. Der Ostpreuße Michael V ill-
mann breitet nach Lehr- und Wanderjahren in den
Niederlanden und Prag sein reiches und großartiges
Lebenswerk in Schlesien aus. In seinen Heiligen-
legenden und in seinen Landschaftsbildern, die von
einer wunderbaren Lebenslust und Sinnesfreude ge-
tragen werden, glüht zugleich etwas von jener my-
stischen Inbrunst auf, deren die schlesische Seele fä-
hig war. Viele haben auch das Land verlassen: es wa-
ren oft die Besten. Adolf Menzel war einer der Größ-
128
Aus der Ausstellung „Schlesische Kunst" in Wien
schlesische Maler am leichtesten und ehesten, viel-
leicht auch am reichsten und reinsten seine Eigenart
hervorleuchten lassen.
Wie die Natur den Menschen bestimmt, so prägt ihn
auch seine Geschichte. Und sicher wird man kein Ver-
ständnis für die schlesische künstlerische Leistung
verlangen können, wenn man nicht die Problematik
seines geschichtlichen V erdens begreift. Es sind viele
Vertreter deutscher Stämme in diesem Lande zu-
sammengekommen und zusammengeschmolzen wäh-
rend jener, für die gesamte deutsche Geschichte so
folgenschweren, deutschen Ostbewegung, die in ho-
hem Mittelalter nicht nur ein Land erschließt, son-
dern auch einen neuen Lebenskreis schafft, in dem
sich die vielfälligen Stammeszüge verschmelzen. Diese
Xeuformung eines Tochterstammes vollzieht sich auf
einem Boden, der schon viel völkische Auseinander-
setzungen gesehen hat und dem auch seelische Kämpfe
nicht erspart blieben. Vorgetrieben in einen Raum,
den slawische Völkerschaften umbrodeln, treffen sich
in Schlesien Nord und Süd, Preußisches und Öster-
reichisches. Gotik und Barock, Ostseekunst und Do-
naustil. Nirgends sonst in deutschen Städten findet
sich dieses seltsame Zusammentreffen eines nieder-
deutsch-preußisch-friderizianischen und eines ober-
deutsch-österreichisch-theresianischen Kunstempfin-
dens.
Viele Künstler sind von außen gekommen, von ihnen
sind viele im Lande geblieben. Sie haben erst dort die
Entfaltung ihres Wesens und die Vollendung ihres
Lebenswerkes erfahren. Der Ostpreuße Michael V ill-
mann breitet nach Lehr- und Wanderjahren in den
Niederlanden und Prag sein reiches und großartiges
Lebenswerk in Schlesien aus. In seinen Heiligen-
legenden und in seinen Landschaftsbildern, die von
einer wunderbaren Lebenslust und Sinnesfreude ge-
tragen werden, glüht zugleich etwas von jener my-
stischen Inbrunst auf, deren die schlesische Seele fä-
hig war. Viele haben auch das Land verlassen: es wa-
ren oft die Besten. Adolf Menzel war einer der Größ-
128