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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 58.1942-1943

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Barthel, Gustav: Betrachtungen zur schlesischen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.16491#0158

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ten. Sicherlich nahm er aus seinem schlesischen Erb-
teil jene nüchterne Betrachtungsweise mit und die
Verschlossenheit eines warmen Herzens. Bis in un-
sere Tage reicht dieses Kommen und Gehen. Der Süd-
tiroler dell'Antonio, der Niedersachse Engelhardt, der
Pfälzer Aschauer, der Magdeburger Fuchs, der Ber-
liner Hacke, die Badenser Kanold und Theilmann.
der Sachse Haertel und manch andere gehören auch
unlösbar in den Kreis der schlesischen Kunst. Umge-
kehrt — wie viele sind abgewandert unter der Not
der letzten Jahrzehnte voll Niedergeschlagenheit, die
an eine Bückkehr nicht mehr denken ließ. Sie nehmen
im Kunstleben draußen ihre Stellung durchaus ein.
Namen wie Arnold Busch, Erich Erler, Konrad von
Kardorff, Adolf Münzer, Heinrich von Richthofen oder
Willi Jäckel mögen darauf hinweisen, wieviel Schle-
sien, getreu seiner Mittlerstellung zwischen Ost und
West, an guten Kräften dem Reiche zurückgab.
Neben vielen anderen Veranlagungen besitzt der
Schlesier auch die Gabe, bildnerisch zu wirken. Seine
Anlagen sind gut. Allein seine stärkste und schönste
Begabung ist wohl das dichterische Vermögen. Auch
En der bildenden Kunst lebt etwas von der Dichtung,
von jener Dichtkunst, die als schöne Blüte reicher
Phantasie aus tiefem Nachdenken über die Probleme
Mensch, Gott und Natur die Kraft des sprachlichen
Ausdrucks findet. Gewiß sind Malerei und gestalten-
des Wort zwei verschiedene Dinge, und ein \ ergleich
hat ja auch nur soweit Sinn, als das künstlerische Ver-
halten des seelischen Urgrundes begriffen werden kann,
sofern es unter der Decke der Kunst hervorleuchtet
und dem Suchenden und Schauenden sich zu erken-
nen gibt. Wenn auch die durchaus schlesische Lust
des Fabulierens gerade in der Dichtung sehr häufig
ist, in der Malerei tritt sie seltsamerweise zurück. Das
sinnlich-besinnliche Element, das die gedanklich wie
bildhaft gleich bewegliche Einbildungskraft des schle-
sischen Menschen und seiner Künstler oft auszeich-
net, erfüllt die schaffenden Kräfte des Schlesiers und
bestimmt seine Einstellung zu den Grundfragen des
Daseins.

In den beiden großen Ausstellungen dieses Jahres in
Wien und Berlin, die einen Uberblick über Leistung
und Stand der schlesischen Kunst zu geben versuchten
und die sich durch eine sinnvolle Auswahl und ein be-
wußt hochgerücktes Qualitätsniveau auszeichneten,
wurde dieser vielseitig gebrochene und doch eindeu-
tige Charakter der schlesischen Kunst fühlbar.
Das Selbstbildnis Alexander-Bernhard Hoffmanns
trägt die Züge unerbittlichen Ringens. Das scharfblik-
kende Auge ist bereit und fähig zur Kritik, am be-
reitesten zur Kritik an sich selbst. Dieser Blick durch-
bohrt die reale Welt, um hinter die echte Wahrheit
der Formen zu kommen, die echte Wahrheit, die sich
nicht im Abbilden der Natur erschöpft, sondern den
tieferen Sinn, der hinter Sinn und Dingen der Men-
schen liegt, zu greifen und darzustellen versucht. In
diesem Ringen um die wahrhaft echte Formgebung,
die ja zugleich auch eine Sinnerfüllung ist, steigert
sich die UnerMttlichteit der Leistungsforderung bis
zum Selbstquälerischen.

Die Landschaften Arthur Ressels sind erfüllt von dem
immerwährenden und stets neuen Erlebnis des Riesen-
gebirges. Er sieht es zugleich fern und nah. Die gro-

Foto Damerau, Breslau

Arno Hentschel. Sommer

Aus der Ausstellung „Sdresische Kunst" in Wien

Ben Züge der langhingezogenen Bergketten haben
etwas Majestätisches. Aber auch die Nähe lockt mit
ihrer Vielfalt an Steinen und Bächen, Gräsern und

Kunst für Alle, Jahrg. 58, Heft 5/6, Februar/März 1943

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