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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 58.1942-1943

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Barthel, Gustav: Betrachtungen zur schlesischen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.16491#0159

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Stauden. Büschen und Bäumen. Manche von ihnen er- im beschränkten Ausschnitt ihre Gesamtgestalt ent-
halten bizarre Formen,und man glaubt in der Gestalt hüllt.

der Natur auch das Walten der Berggeister, der Ko- Wie liebenswürdig sich die schlesische Seele geben
bolde und Waldschrate wahrzunehmen. Es ist viel kann, zeigt als Beispiel ein Blumen-Stilleben von Arno
Gedankliches in das Erlebnis der Landschaft einge- Henschel. Die Wiesenblumen wachsen traumhaft zart
flössen, und die eigenartige Schönheit des Bildes be- vor dem hellen Licht eines hohen Wolkenhimmels
ruht nicht allein auf der vollendeten Annäherung an auf, sie schwanken im Winde, und so sehr die Gestalt
die Werte schaubarer Natur, sondern eben auch in jeder einzelnen Pflanze in Form und Wesen begriffen
dem Fühlbarmachen der Hintergründe, die aus einer ist. so scheut sich der Maler, bis zum nackten Abbild
gedanklichen Reflexion erwachsen. der sichtbaren Formen vorzutasten. Die Gräser und
Peter Kowalskis Ansicht von Breslau-Altstadt aus der Blumen, die Blüten und Blätter bleiben ein Stück ge-
Vogelschau ist nicht allein die Darstellung einer Stadt heimnisvolle Natur, die das menschliche Auge für
gleich einem Flugbild — das ist sie auch —. sie ist in einen Augenblick in die Nähe zieht, um ihre Herrlich-
Wahrheit eine Vision! An dem steilen Giebel der Eli- keit zu schauen, die aber der Takt eines scheuen Herzens
sabethkirche vorbei geht der Blick in die Tiefe und in nur im Walten der großen Natur wirklich begreift
die Weite. Über das Häusermeer hinweg geht er zu Man möchte viele Bilder heranziehen, man müßte es
den Niederungen der Oder und zu den Wäldern und auch tun, um diese eigentümlich schlesischen Züge
Wiesen in der Ferne. In flammendroten Tönen, ge- mit Deutlichkeit zu erkennen. Die wenigen beige-
dämpft bis ins Rostbraun, liegt Breslau zu unseren fügten Abbildungen sind nur Beispiele. Entschei-
Füßen. Dennoch besitzt dieses Bild nichts von dem dend für alle ist der gesunde Sinn für die formalen
historisierendTopographischen einer Vedute noch die Werte im Aufbau und in der Durchführung der Bild-
gewissenhafte Genauigkeit eines Flugbildes. Unter gestalt und das Gefühl für die Werte lebensnaher
dem teppichhaflen Charakter des Bildes verbirgt sich Wahrhaftigkeit. Der aufs Tatsächliche gerichtete Blick
nicht die Tektonik seines Gesamtaufbaues, und was wird belebt durch die aus den Tiefen der verbor-
sich vor unseren Augen dartut, ist die ganz gegen- genen Seele schöpfende Gefühlswelt, und die Phan-
wartsbezogene und zugleich traumhaft verzauberte tasie wird gefärbt durch eine aus dem Gedanklichen
YYesenserfassung einer gotischen Großstadt, die auch kommende geistige Schau.

Foto Damerau, Breslau

Konrad von Kardorff. Hohenzollernbrücke

Schiesisches Museum, Breslau. — Aus der Aussteilung ,,Schlesische Kunst" in Wien

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