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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 59.1943-1944

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Lutze, Eberhard: Der Maler Anton Leidl
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https://doi.org/10.11588/diglit.16492#0016

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greift und uns ..anrührt", so wie ein nebensächliches
Wort manchmal plötzlich ..großgeschrieben" im Be-
wußtsein haften bleibt.

Und dann die groß gegriffenen Landschaftsthemen:
auf schmalrechteckigem Bildfeld hat die Blüte eines
mächtigen Birnbaumes, dahinter die schneebedeckte
Kuppe eines waldbestandenen Berges Platz. Mit kon-
zentrierter Knappheit ist der Blick geführt, werden
Tiefe, Weite, Luftraum zum Greifen „nahe gebracht".
Die beiden anderen Bildbeispiele sollen andeuten, in
welch großartiger Schau Gebirgsbilder durch den
Pinsel Anton Leidls entstanden: auch bei ihnen gilt
die Schärfe der Motivwahl, die dynamische Bezogen-
beit des Linien- und Farbengefüges auf die feucht
dampfende, klare oder gedeckte Stimmung der Luft.
Unsere Wiedergaben nach Stadtbildern können den
Abstand in der Palette, die Grundlagen der verschie-
denartigen Lichtstimmungen der Bilder untereinan-
der nur ahnen lassen. Das trutzig gebaute Füssen
(Abb. S. 8) ist in einen zartrosig graulila Dunst ge-
hüllt, aus dem die hellen Hauswände matt heraus-
leuchten, überdeckt von den hoch- und flachgiebeli-
gen. hell oder dunkel gelagerten Dächern. Dürrn-
stein, der Mirabellgarten in Salzburg sind Bilder, die
das unmittelbare Augenerleben des Malers sinnfällig

machen. Jubelnd, wie festliche Musik, der Aufblick
zur P'estung aus dem Mirabellgarten zu Salzburg,
der mit feinen Kompositionskorrekturen gegenüber
der Wirklichkeit Erinnerungsbild und Sehnsucht nach
diesem einzigartigen Blick in gleicher Weise erfüllt.
Kein Wunder, daß im Süden, in Jugoslawien oder
Italien, oftmals besonders glückliche Bilder gelungen
sind, die die Vermählung der Landschaft mit der
menschlichen Zivilisation im südländischen Licht zu
feiern nicht müde werden (Abb. S. 10).
Ein Maler, dessen Landschaftskunst ausgesprochen
auf Bewegung und weitgegriffene Skalen abgestellt
ist, muß auch dem menschlichen Antlitz, der Vielfäl-
tigkeit sprechenden Ausdrucks ein beredter Deuter
sein.

Man kann die Malkunst Anton Leidls (ihr stehen
Zeichnung, Karikatur und Illustration als sehr per-
sönliche und eigenständige Gebiete zur Seite) mit
einem Versbilde Goethes schön umschreiben, das er-
haben über alle Stilbegriffe das Wesen künstlerischen
Schaffens überhaupt meint:

„Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen
Und haben sich, eh" man es denkt, gefunden:
Der "Widerwill ist auch mir verschwunden
Und beide scheinen gleich mich anzuziehen."

Anton Leidl. Platz vor dem Findelhaus in Florenz

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