DOI Artikel:
Griebitzsch, Herbert: Der Bildhauer Anton Hiller, München
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.16492#0155
Anton Hiller
Porträfmaske(Bronze)
Der Bildhauer Anton Hiller, München. Von Herbert Griebitzsch
Eindeutig bekennen wir uns heute wieder zu der giil- Ausbrüche ohne Bindung an diese Welt, ohne jegliche
tigen Gewißheit, Kunst hat nichts mit Abbilden, mit formale Bändigung anerkennen wollte,
einer Wiedergabe von einer außer uns bestehenden Zum Wesentlichen und Eigentlichen sind wir heute
Wirklichkeit zu tun. Alle Kunst ist vielmehr Sinn- wieder vorgedrungen. Diese schöne Gewißheit zeigt
Bild, der besonderen Welt-Anschauung, mit der eine uns schon der flüchtigste Blick auf das Gegenwarts-
Zeit, ein Mensch im Leben zu unmittelbarst steht. In schaffen. Wir finden es mit ganz besonderem Nach-
der Kunst offenbaren sich Lebensglauben, Weltbe- druck innerhalb der plastischen Kunst. Es liegt im
greifen. Sie zeigt, was dem Menschen das Leben be- Wesen der Plastik begründet, daß man hier so leicht
deutet, was er von ihm erwartet, wie für ihn das die Form und auch den Gehalt, insbesondere die Leib-
Wesen des gesamten Daseins sich offenbart. Das bild- lichkeit, nicht aufgeben kann. Wo in einem „absoluten
haft Erscheinende erhält dank der Formen, dank des Kunstwerk" der Malerei noch die Farbe als Eigen-
Stiles diese tiefere Bedeutung und wird zu inhalter- wert, zudem in monumentaler Verflechtung, sich be-
fülltem Symbol. haupten kann, also ein dekoratives Bild noch ver-
Diese Haltung haben wir heute. Wir haben sie wie- bleibt, da verfällt das bildhauerische einer formalen
dergewonnen, nachdem das 19. Jahrhundert all diese Spielerei, die seine Leerheit, seinen Widersinn be-
Hintergründe zurückzudrängen suchte und nur geben sonders deutlich offenbart. Das geheime Bewußtsein
wollte, was tatsächlich ist, d. h. was seine Sinne wahr- vom ewig antiken Pol innerhalb unserer Kunstge-
nehmen. Wir haben diese Haltung wiedergewonnen schichte läßt uns das um so mehr empfinden. Plastik
auch gegenüber einer Anschauung, die die Kunst von ist Form, ist Gestalt, und dies in keinem beziehungs-
der Erscheinung lösen wollte, die das Erleben des Ein- losen Sinn, sondern in unbedingter Verflech tung mit
zelnen in den Vordergrund stellt und dies in einer dem Naturgegebenen, und das ist in erster Linie der
Steigerung, ja Übersteigerung, die nur ekstatische Mensch.
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Porträfmaske(Bronze)
Der Bildhauer Anton Hiller, München. Von Herbert Griebitzsch
Eindeutig bekennen wir uns heute wieder zu der giil- Ausbrüche ohne Bindung an diese Welt, ohne jegliche
tigen Gewißheit, Kunst hat nichts mit Abbilden, mit formale Bändigung anerkennen wollte,
einer Wiedergabe von einer außer uns bestehenden Zum Wesentlichen und Eigentlichen sind wir heute
Wirklichkeit zu tun. Alle Kunst ist vielmehr Sinn- wieder vorgedrungen. Diese schöne Gewißheit zeigt
Bild, der besonderen Welt-Anschauung, mit der eine uns schon der flüchtigste Blick auf das Gegenwarts-
Zeit, ein Mensch im Leben zu unmittelbarst steht. In schaffen. Wir finden es mit ganz besonderem Nach-
der Kunst offenbaren sich Lebensglauben, Weltbe- druck innerhalb der plastischen Kunst. Es liegt im
greifen. Sie zeigt, was dem Menschen das Leben be- Wesen der Plastik begründet, daß man hier so leicht
deutet, was er von ihm erwartet, wie für ihn das die Form und auch den Gehalt, insbesondere die Leib-
Wesen des gesamten Daseins sich offenbart. Das bild- lichkeit, nicht aufgeben kann. Wo in einem „absoluten
haft Erscheinende erhält dank der Formen, dank des Kunstwerk" der Malerei noch die Farbe als Eigen-
Stiles diese tiefere Bedeutung und wird zu inhalter- wert, zudem in monumentaler Verflechtung, sich be-
fülltem Symbol. haupten kann, also ein dekoratives Bild noch ver-
Diese Haltung haben wir heute. Wir haben sie wie- bleibt, da verfällt das bildhauerische einer formalen
dergewonnen, nachdem das 19. Jahrhundert all diese Spielerei, die seine Leerheit, seinen Widersinn be-
Hintergründe zurückzudrängen suchte und nur geben sonders deutlich offenbart. Das geheime Bewußtsein
wollte, was tatsächlich ist, d. h. was seine Sinne wahr- vom ewig antiken Pol innerhalb unserer Kunstge-
nehmen. Wir haben diese Haltung wiedergewonnen schichte läßt uns das um so mehr empfinden. Plastik
auch gegenüber einer Anschauung, die die Kunst von ist Form, ist Gestalt, und dies in keinem beziehungs-
der Erscheinung lösen wollte, die das Erleben des Ein- losen Sinn, sondern in unbedingter Verflech tung mit
zelnen in den Vordergrund stellt und dies in einer dem Naturgegebenen, und das ist in erster Linie der
Steigerung, ja Übersteigerung, die nur ekstatische Mensch.
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