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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 59.1943-1944

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Christoffel, Ulrich: Hans Holbein der Jüngere
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https://doi.org/10.11588/diglit.16492#0029

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Vorderansicht milderte, und endlich porträtierte er
auch Katharina Howard mit der vergeistigten Ele-
ganz seiner reifsten Art.

In den letzten Jahren gelangte Holbein zu einer un-
gewöhnlichen, beinahe abstrakten Reinheit der Li-
nie. Diese späte Entwicklung seines Stiles läßt sich
besonders an den Bildnissen der königlichen Falkner
von 1555 und 1542 ablesen, die sich beide im Haag
befinden. Auch die Bildnisse eines Unbekannten in
Wien, der älteren Herrn in Basel und Berlin, des Si-
mon George of Quocote in Frankfurt und mehrere
Miniaturen und Zeichnungen lassen diese formale
Vollendung der Porträtkunst erkennen, bei der mit
den sparsamsten Färb- und Formwerten eine totale
Darstellung des Menschen erreicht wird. Hans Hol-
bein war unter den deutschen Künstlern der große
Meister des reinen Stiles. Als im 19. Jahrhundert
ein Verlangen nach diesem Stil wiedererwachte, wurde
sein Werk besonders von Ingres und Manet, Feuer-
bach und Hodler bewundert. Bei seiner sinnlichen
Natur- und Stoffühlung besaß Holbein die bildende
Kraft des Geistes, die alle Spannungen des Lebens zu
Formen von unantastbarer Schönheit und Vollen-
dung verdichtet.

Hans Holbein d. J. Randzeichnung aus „Stultitiae Laus"

des künstlerischen Taktes und der formalen Phantasie
wußte sich Hans Llolbein auch der englischen Welt
und besonders dem Hofe Heinrichs VIII. zu empfeh-
len. Aus der Reihe der englischen Bildnisse der
Bryan Tuke, Thomas Wyatt, Carew, Southwell und
aller Lhibekannten der Bötelzeichnungen in Wind-
sor erheben sich die Bildnisse der Staatsmänner Crom-
well, Cranmer und Norfolk und endlich die Bildnisse
des Königs und seiner Familie. Holbein porträtierte
den König mehrmals in Halbfigur und stellte ihn auch
in einem Wandbild in Whiteliall mit Jane Seymour
und mit seinen Eltern Heinrich VII. und Elisabeth
von York in ganzer Figur dar. In den letzten Jah-
ren malte er ihn in dem Gruppenbildnis der Chir-
urgengilde, die dem Monarchen huldigt. Daneben
malte der Künstler die Königinnen in Bildnissen, die
zu seinen ersten Meisterwerken gehören. Die Alutter
des Thronfolgers Jane Seymour erfaßte er in ihrer
fraulichen Natur, dann stellte er die ausersehene
Nachfolgerin Prinzessin Christine von Dänemark in
der Anmut ihrer nochkindlichen, aber stolzen Erschei-
nung in dem Bilde dar. zu dem er in Brüssel die
Studie in drei Stunden zeichnete. Nachdem diese die
Werbung des Königs abgelehnt, malte er die Prinzes-
sin Anna von Cleve, deren Fülle er durch die reine

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