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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1881

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Pecht, Fr.: Der Münchener Kunstgewerbeverein, seine Geschichte und sein idealer Zweck, [1]: Vortrag, gehalten in der Abendunterhaltung des Vereins vom 14. Dez. 1880
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https://doi.org/10.11588/diglit.7025#0006

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Aiebland nach dieser dekorativen Seite hin geleistet, indem
sie als Romantiker die mittelalterlichen Style wieder auf-
nahmen und sich dabei bereits der durch die Rlenze'schen
Bauten gebildeten Handwerker bedienen konnten.

Die eigentliche Hebung des Runstgewerbes begann aber
bei uns doch hauptsächlich unterin direkten Einfluß der
Malerei. Zunächst in den vervielfältigenden Rünsten, den
Druckgewerben. Sie brachten unter der schon erwähnten
Einwirkung erst des Eornelius, dann seiner Schüler Eugen
Neureuther, Schwind, Schnorr, Raulbach, Strähuber, Rreling,
das Illustratiouswesen zu jener hohen Blüthe die dessen
Schöpfungen bald in der ganzen Welt Platz verschaffte, sie
nicht nur vollständig von aller Einwirkung der französischen
Runst loslöste sondern sie auch derselben vollkommen ge-
wachsen, ja an ächtem Runstgehalt, an Phantasiereichthum,
Erfindung und Stylgesühl oft überlegen erscheinen ließ. Zn
Zusammenhang damit entwickelte sich nun auch die Glas-
malerei, wo speziell durch Ainmiller's großes Talent die
Ornamentik bald neben der figürlichen Romposition einen
selbständigen Werth erlangte. Ebenso erhoben sich unter
Neureuther's Einfluß die Porzellan-Malerei, unter Stigl-
mayer's und später unseres heutigen hochverehrten ersten
Borstandes ungewöhnlich thatkräftiger Einwirkung die Bronze-
technik dermaßen, daß die Münchener Erzgießerei bald eine
der berühmtesten in Europa war und schon s833 in Rauch's
Max Joseph-Monument ein Denkmal von einer künstlerischen
und technischen Bollendung liefern konnte, daß es sogar bis
heute unübertroffen geblieben ist. Es zeigt aber vor allein
auch den nationalen Styl in der Plastik bereits vollkommen
entwickelt, gleich weit entfernt von der malerischen Willkür
und Manirirtheit des Zopfes wie von der Rälte und Süß-
lichkeit der antikisirenden Richtung, die damals noch die
französische und italienische Skulptur vollkommen beherrschte.

Indeß traten doch erst im Jahre s850 einige der
Männer zusammen die bisher am meisten nach der orna-
mentalen und gewerblichen Seite der Runst geleistet, ein Volt,
Bürklein, Schwarzmann, Eugen Neureuther, von Miller,
Rreling unter den Rünstlern, dann Glink, Weißhaupt, Edel,
Drähne unter den Handwerkern und suchten die veredelnde
Einwirkung der Runst aus die Gewerbe durch die Stiftung
dieses Vereins zu organisiren um der in Folge des wachsen-
den Naturalismus einreißenden völligen Verwilderung der-
selben einen kräftigen Damm entgegen zu setzen. Sie waren
es, welche zu diesem Zweck dann jene, unter Leitung des
hochgebildeten Dyck stehende Schule des Vereins zur Aus-
bildung der Gewerke gründeten, die jetzt von der Regierung
übernommen und von Hrn. Direktor Lange, unserem zweiten
Vorstand, geleitet, als Runstgewerbeschule die segensreichste
Wirkung entfaltet, während der unter dem Vorsitz Hei-
gels und Rnolls fortwährend noch mit vielen Schwierig-
keiten ringende Verein sich erst nach der Uebernahme seiner
Leitung durch unseren jetzigen rastlosen Vorstand bald voll-
kommen reorganisirt und zum heutigen bayerischen Runst-
gewerbevcrein, dem Vorort aller deutschen entfaltet hat.

Zu dieser Ehrenstellung konnte er offenbar nur ge-
langen weil er unentwegt, in guten und schlechten Zeiten
das nationale Banner hoch getragen hat. Dieser Gedanke
einer völlig selbständigen, unserem eigensten Wesen entsprechen-
den Runst muß offenbar auch sein Leitstern für die Zukunft
bleiben, er ist recht eigentlich sein Lebensprinzip, ihin allein

verdankt er jene wahrhaft glänzenden Erfolge, welche die
Richtigkeit seines Strebens später über allen Zweifel erhoben
haben. Ein Blick aus die weitere Entwicklung der Dinge
mag das klarlegen.

Die Periode von den vierziger Jahren nach dem Ab-
gang des Eornelius bis zum Jahr f863 ist in der Münchener
Runst eine voller reicher Ansätze, aber ohne viele Frucht,
weil auf dem architektonischen Felde eine vollständige prin-
ziplosigkeit eingerissen war.

Zunächst tappte man romantisch in allen möglichen
Stylsormen herum, baute byzantinisch, gothisch, griechisch,
römisch und Renaissance nebeneinander, gewiß das beste
Mittel uni es in keinem zu wahrhaft lebendigen Schöpfungen
zu bringen. War es also ein Wunder wenn das Runst-
gewerbe dabei nicht sonderlich vorwärts kam, wie dies die
erste allgemeine deutsche Runst und Runstindustrie - Aus-
stellung von f83^, deren sich gewiß noch viele von Ihnen
erinnern, bald in der kläglichsten Weise offenbarte? Die
Bestrebungen unseres Münchener Runstgewerbevereins waren
unter Zenetti's Vorstandschaft so ziemlich das Einzige was
damals noch einige Eigenthümlichkeit zeigte. Man fühlte
den Mangel eines festen, unseren: nationalen Charakter
und unseren heutigen sozialen Verhältnissen besser als der
gothische und griechische Styl entsprechenden Prinzips all-
gemein und das führte wohl zu der in dieser Periode auf-
konimenden Verirrung einen neuen Baustyl erfinden zu
wollen. Es war das ein wohlgemeintes Bestreben, welches
die Münchener Entwicklung um mindestens zehn Jahre
zurückgehalten hat, in denen für das Runstgewerbe fast
nichts geschah, während die Malerei doch gerade jetzt
wieder einen glänzenden Anlauf nahm durch die Entstehung
der großen Piloty-Schule, neben der noch eine Menge anderer
glänzender Talente, wie Horschelt, Ramberg, Fr. Adam,
bald eine ganz neue Blüthe einleiteten. Sie im Vereine
mit Schwind und Raulbach, die gerade jetzt wieder, ange-
feuert durch jene geniale Jugend ihre glänzendste Wirksam-
keit entfalteten, lenkten die Aufmerksamkeit der Welt aufs
Neue München zu.

Endlich begann dann der Anfang jener politischen Er-
hebung der Nation, die s870 zu so glänzenden, die ganze
Welt in Erstaunen setzenden Triumphen führen, uns die
lang ersehnte Einheit wiedergeben sollte. Die außerordent-
liche Rraft unseres Volkes hat sich vielleicht nie so glänzend
als darin geäußert, daß die beiden gewaltigen Rriege,
welche seine Einigung herbeisührten, nicht einmal eine große
Störung in unserer künstlerischen Produktion hervorbrachten.
Ja sie nahm nach den: zweiten sofort jenen kolossalen Auf-
schwung, der sich nun von der Architektur aus bald auf
alle Gebiete der künstlerischen Thätigkeit verbreiten, zunächst
aber unfern Runstgewerben aushelfen sollte. Hatten sie noch
auf der pariser Welt Ausstellung von P367 eine schwere
Niederlage erlitten, wo die deutsche Runstindustrie geradezu
die schlechteste von Allen schien, so war dieß doch weit mehr
Schein als Wahrheit, mehr die Folge unserer unseligen Zer-
splitterung dort und unserer unglaublichen Nngeschicklich-
keit im Ausstellen als Talentmangel gewesen. Denn die
Industrie unserer österreichischen Brüder, welcher durch die
ungeheure Bauthätigkeit in Folge der Wiener Stadtcrwei-
terung und durch die Einwirkung der dabei beschäftig
ten großen Architekten, dann durch die unermüdlichen
 
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