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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1881

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Friedrich, Carl: Geschichte der Elfenbeinschnitzerei, [2]
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Krell, Paul F.: Schmuck, [1]: Vortrag, gehalten den 22. Februar 1881 im Münchener Kunstgewerbeverein
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https://doi.org/10.11588/diglit.7025#0029

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bereits gesagt, färbten das (Elfenbein mit Purpur,51) was
entweder die Kenntniß des Beizens oder des Emaillirens,
ähnlich wie wir dies bei den Assyriern gesehen, vermuthen
läßt. Daß sie das Elfenbein zu schleifen und zu poliren
verstanden, geht aus einer bereits angeführten Stelle hervor,
in der die Rede ist von einen: Thors aus spiegelnden: Elfen-
bein;5^) ebenso kannten sie eingelegte Arbeiten aus Elfen-
bein, wenn diese Einlagen zunächst auch nur in größeren
Täfelchen bestanden haben sollen, indem ihnen die Run st

50 3t- iv, hi ff-

52) Gdyss. XIX, 563. — vgl. XVIII, 195.

und Möglichkeit, Ornamente zu sägen, noch unbekannt war.
Kurz, die alten Griechen zur Zeit pomers und bis auf
pesiod 53) verarbeiteten das Elfenbein in ausgiebiger
Masse und ihre Arbeiten werden sich von denen des Orients
schwerlich viel unterschieden haben. Erst in der eigentlich
historischen Zeit begann der Nationalgenius der pcllenen
sich selbständig zu regen und von da an beginnt für die
Geschichte der Elfenbeinschnitzkunst eine neue und zugleich
die glänzendste Epoche.

53) Scut. Here., m.

Schmuck,

Bortrag, gehalten den 22. Februar f88\ im Münchener Knnstgcwerbeverein von Professor Dr. p. F. Krell.

ZTp durch eine schmückende Zuthat zu ver-
schönern , ist ein Trieb des Menschen, der
sich bei allen Völkern äußert, bei civilisirten
wie bei wilden; bei den letzteren in roher,
unangenehm auffallender Meise, bei ersteren
in feinerer, raffinirterer Art. Die Schönheit des vollkommenen
menschlichen Körpers ist jedoch so groß, daß sie durch keinen
Schmuck an und für sich erhöht werden kann. Es handelt
sich nur darum, ihn ins gehörige Licht zu setzen und ihm
die rechte Umgebung zu verleihen.

Ein Volk, das im Kultus der Schönheit die höchste
Stufe erreichte, das unter einem pimmelsstrich lebte, der
ihm freie Entfaltung und Enthüllung des Körpers gestattete,
das Volk der Griechen, hat auf dem pöhepunkt seiner Ent-
wicklung so wenig als möglich dem Körper hinzugefügt, um
dessen Formen und Bewegungen nicht zu verdecken und zu
alteriren. Die Statuen der Griechen zeigen entweder die
baare Natur, oder aber eine schlichte Gewandung, welcher
fast nur bei den Frauen ein Etwas von Aufputz hinzu-
gefügt ist.

Dem Anwälte der phryne fiel es nicht ein, dieselbe
sich zum Erscheinen vor dem Tribunal herausputzen zu
lassen, um die Richter günstig zu stimmen; er erreichte dies,
indem er ihr die Gewänder wegnahm. Zn welch ver-
kehrter Anschauung finden wir dagegen z. B. die Zndier
befangen, die sich ängstlich bestrebten, durch eine Ueberladnng
mit Schmuck ihren Göttergestalten Schönheit und Bedeutung
zu verleihen.

Nach der eben gegebenen Darlegung scheint es fast,
als wäre der Schmuck eigentlich zu verwerfen und jener
Trieb der Natur ein falscher, den man unterdrücken sollte.
Dieser Schluß würde indeß unrichtig sein, denn abgesehen
davon, daß die vollkommen gewachsenen Zndividuen selten
sind, werden civilisirte Völker auch in warmen Klimaten nicht
unbekleidet gehen wollen. Sobald aber die Gewandung da
ist, ist auch der Schmuck am platze, denn er setzt ihr (welche
ja nicht nur bedecken, sondern die Formen des Körpers
noch ahnen lassen und bis zu einem gewissen Grade her-

vorheben soll, auch für dessen Kolorit in paut, Augen und
paar als Folie zu dienen hat) sowie auch der Frisur die
letzten Treffer auf; er ist ein Mittel zur Gliederung,
Trennung und Ergänzung der verschiedenen Partien des
Körpers und der Kleidung.

Die Eigenschaft der Kleidung und des Schmuckes gerade
als Folie ist für die ästhetische Werthschätzung ersterer ein
Moment von besonderer Wichtigkeit, denn solcher Folie und
Umrahmung und solchen Kontrastobjektes, welches die Um-
gebung doch nur selten verleihen würde, bedürfen die sicht-
baren Theile des Körpers, um die gehörige Wirkung zu
erzielen. Es ist dasselbe wie mit einem Geniälde und seinem
Rahmen. Wie bei diesem ist sodann zugleich auch eine
isolirende Wirkung damit verbunden. Die Zsolirung zeichnet
aber aus. Es handelt sich in der That beim Schmuck
nicht nur um das Verschönern, sondern auch, wie schon
vorhin gelegentlich bei Erwähnung der indischen Bildwerke
angedeutet worden, um Auszeichnung. Es soll dabei freilich
auch nicht übersehen werden, daß der Gedanke an den
materiellen Werth des Schmuckes, die Anrechnung als Besitz
der damit ausgestatteten Persönlichkeit, einen Theil hat an
dem Gefühl der Auszeichnung, das wir empfinden. Von
jeher ist diese Eigenschaft des Schmuckes für die Pointirung
der staatlichen Stufenleiter benützt worden und wird es immer
fein. Die Ketten unserer Oberbürgermeister und Bischöfe,
die reichen Gold- und Silberbesätze der Uniformen der
höheren Beamten und Militärs und die Ordensdekorationen
dienen zu gleicher Zeit als Schmuck und zur Auszeichnung
und Unterscheidung. Es ist unschwer zu bemerken, daß bei
vielen Personen das Anlegen eines solchen auszeichnenden
Objektes, indem es das Bewußtsein derselben schwellt, deren
paltung stolzer macht. Den umgekehrten Beweis bietet die
Beobachtung, daß Militärs, welche, obschon bei Zähren, in
der Uniform noch stramm daher kommen, wenn sie dieselbe
gegen das Tivilkleid vertauschen, gewöhnlich rasch zusammen-
sallen und viel von ihrer paltung verlieren. Anders schreitet
auch eine geputzte Frau einher, als eine solche, welche nichts
zu zeigen hat.
 
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