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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1881

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Pecht, Fr.: Der Münchener Kunstgewerbeverein, seine Geschichte und sein idealer Zweck, [2]: Vortrag, gehalten in der Abendunterhaltung des Vereins vom 14. Dez. 1880
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Friedrich, Carl: Geschichte der Elfenbeinschnitzerei, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7025#0022

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hat er die Schule aufgegeben und sucht in Zukunft die Be-
lehrung der jungen Handwerker vorzugsweise auf den: Wege
des Anschauungsunterrichts, dann durch Borträge u. dgl.
zu erreichen. Dafür hat er das Berkaufslokal in unge-
ahnter Weise ausgebildet und es zuin eigentlichen Organ
gemacht, das seinen Zusammenhang mit der großen Masse
des Publikums aufrecht zu erhalten bestimmt ist und
diese Aufgabe bereits in überraschend glücklicher Weise
löst. Ja man kann sagen, daß erst jetzt alle Stände in
München einen lebendigen Antheil an unserein Wirken
nehmen, wo sie es täglich zu beobachten Gelegenheit haben.
Nicht minder haben die geselligen Zusammenkünfte zur
Aufrechterhaltung und Stärkung dieses Zusammenhangs, der
unser Gedeihen allein ermöglicht, mächtig beigetragen. Sie
und das Verkaufslokal fammt der periodischen Lotterie
haben ihm erst eine gesunde Basis gegeben.

Als vor einigen fünfzig Jahren der hiesige Kunst-
vercin mit ein paar hundert Mitgliedern gegründet wurde,
der ja im Reiche der Run st genau dieselbe Stelle einnimmt
als unser Verein im Kunstgewerbe, da sagte man auch:
„Gott, wer soll denn alle die Bilder kaufen, wir sind ja
viel zu arm dazu, das fördert ja nur eine trostlose Ueber-
produktion, erzeugt ein Künstlerproletariat!" Nun sind die
275 Mitglieder von damals seither auf 5000 gewachsen
und jede kleinste Stadt hat doch daneben ihren Kunstverein,
ja es werden jetzt mindestens hundertmal mehr Bilder
gemalt und trotzdem oft um Preise verkauft, die damals voll-
kommen abenteuerlich geschienen hätten. Sogar die materielle
Existenz der Stadt München ist ohne diese Bilderproduktion,
welche ihren Werken die Welt erobert, ihnen eben jetzt in
Melbourne und Sidney bei den Antipoden einen neuen
Markt verschafft hat, gar nicht mehr denkbar! Ebenso
sind wir mit der kunstgewerblichen Produktion und Kon-
sumtion offenbar noch in den allerersten Anfängen. Denn
dieselbe hat in der gesammtcn Bevölkerung sogar eine

unendlich breitere Grundlage als die hohe Kunst. Welche
Ausdehnung muß z. B. nur unsere Kunsttischlerei und
Meubelsabrikation gewinnen, bis sie wieder den Standpunkt
erreicht hat, den sie schon einmal in der Mitte des sechs-
zehnten Jahrhunderts einnahm, wo in jedem Bauernhaus
die köstlichsten Schränke zu finden waren, fast jedes ein mit
Intarsien und Schnitzereien reich verziertes Prunkstübchen
hatte, ja jedes Geräth des täglichen Gebrauchs eine künst-
lerisch-stilvolle Form besaß, wo selbst die Dachsparren ge-
schnitzt waren! Erst wenn unsere Nachkommen es wieder
dazu gebracht haben werden, können wir auf eine wahr-
haft klassische Kunst rechnen, die allemal das Eigenthum
und Erzeugniß des ganzen Volkes, niemals das Einzelner
ist und fein kann.

Bedenken Sie, daß Antwerpen mit nur einem Drittel
unserer Einwohnerzahl unmittelbar vor Rubens Geburt
zwar blos 178 Bäcker aber 300 Maler zählte, daß
im Paris von heute jeder dritte Laden den: Verkauf künst-
lerischer oder kunstgewerblicher Dinge dient, daß in Athen
oder Florenz dieß Verhältniß sogar noch günstiger für die
Kunst war, so brauchen Sie sich über unsere Konsumtions-
fähigkeit wahrlich um so weniger Sorge zu machen je höher
Sie den künstlerischen Werth Ihrer Erzeugnisse steigern.
Der Kunstfleiß hat noch nie ein Volk arm, sondern immer
nur reich geinacht!

Dazu aber und nicht minder zur Verbreitung des
Kunstgeschmacks in allen Klaffen sind gutgeleitete Künst-
gewerbevereins das beste Mittel und es darf uns mit Stolz
erfüllen, daß unser Münchener, ganz wie seinerzeit der
Kunstverein, hier als der Erste in Deutschland mit guten:
Beispiel vorangegangeu ist und wohl auch inuner an der
Spitze bleiben wird, so lange er seine patriotische Grundlage
nie verläßt. Denn in: festen Glauben an sich und seinen
Berus liegt die Kraft eines ganzen Volkes noch mehr als
die des Einzelnen.

Die Geschichte der Elfenbemschmherei.

Von Earl
II

JE Geschichte der Elfenbeinschnitzerei
geht in ihren Anfängen zurück bis
in das graueste Dunkel der prähistori-
schen Zeiten. Jahrtausende, bevor
die Erde ihre gegenwärtige Oberfläche
bckan:, schon als Europa noch durch
mehrere Brücke» mit Afrika zusam
menhing, wurde das Elfenbein und
sonstige Beinsubstanzen zu allerlei
primitiven Werkzeugen verarbeitet, und kein anderer Zweig
der Kunst oder des Gewerbes darf sich rühmen, nur an-
nähernd auf ein ähnliches Alter zurückblicken zu können.
Gegenstände aus Elfenbein und Knochen sind neben den

Friedrich.

. Alle Rechte Vorbehalten.

rohen Steinwaffen die ersten, allerdings noch unbehilflichen
Bethätigungen der anhebenden Kulturentwicklung des Men
schen aus einer Zeit, da dieser in: südlichen Europa noch
mit den: Mammuth, den: Höhlenlöwen, Höhlenbären und
der Höhlenhyäne, mit den: Rennthier, den: Riesenhirsche,
den: Ilrstier und den übrigen diluvialen Thieren zusannnen
lebte. In steten: Kan:pfc mit diesen gefährlichen Feinden ein
wenig beneidenswerthes Dasein hinbringend, mußte der Mensch
vermöge seiner höheren Intelligenz alsbald die Ben:erkung
machen, daß die Geweihe, Hörner und Zähne die hauptsäch-
lichsten Vertheidigungs- und Angriffswaffen der von ihn:
befehdeten Elftere bildeten, und sobald es ihm gelang, eines
derselben zu erlegen, wurde er wie von selbst dazu geführt,
 
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