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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1881

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Grünewald, F.: Die Schule der Robbia, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7025#0079

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Die Schule der Robbia.

Skizze von <£. Grünenwal!».
(Schluß.)

ONATELLO hat sich bereits
von der Aunstweise, in welcher
Ghiberti noch befangen, losge-
löst; in einer charakteristisch
durchgebildeten Aörperlichkeit
sucht er das ganze Gefühl ir-
discher Existenz zur Erscheinung
zu bringen, gelangt aber durch
dieses Streben manchmal bis
zum Ausdruck herbster Leiden-
schaft, so daß seine Werke oft
abstoßend wirken, obwohl der
ächte Naturalismus von Dona
tello's Aunstweise immer wieder
versöhnt. Seinen Sinn bildete und läuterte Donatello durch
das Studium der Antike; mit einer hohen und feinen Auf-
fassung der Welt und des Lebens wandte er sich nunmehr
auch den großen Ueberlieferungen der Vergangenheit zu und
schuf Werke, welche der Ausdruck des erhabensten Geistes-
lebens sind.

Zu dem Elemente der Eharakteristik, welches Dona-
tello in die Aunst gebracht, fügt der etwas jüngere Zeit-
genosse Lucca della Robbia den Ausdruck eines überirdischen
Seelenlebens. Die Werke dieses in seiner Weise einzigen
Meisters gehören zu den interessantesten und liebenswür-
digsten Skulpturen des Quattrocento.

Trotz der einfachen Darstellungsweise ziehen sie immer
wieder den Blick aus sich und die wunderbare Seelenhar-
monie, die feierliche Ruhe des Gefühls, welche sich darin
ausspricht, fesselt den Beschauer immer mehr. Es ist, als
ob die glaubenstreue Seele des Aünstlers, verbunden mit
der reinen hohen Freude am Schönen, uns daraus ent-
gegenwehe.

Die Aunst des Lucca della Robbia ist ein nicht un-
wichtiges Glied in der Geschichte der Frührenaissance-
Skulptur und bildet eine wohlthuende Ergänzung zu Do-
natellos Aunstweise.

Der hohe Schönheitssinn des Lucca bewahrt ihn vor-
der Gefahr, manierirt zu werden; jede seiner Gestalten ist
inrmer aufs Neue der Natur entnommen und aus der Tiefe
seiner Seele belebt. Die große Einfachheit und Schönheit
der Gestalten, die feine Eharakteristik im Ausdruck, die
wunderbaren holdseligen Typen der Engel, sowie die vol-
lendete Durchbildung der Formen stellt sie würdig den
Werken eines Donatello oder Ghiberti zur Seite. Die
Mannigfaltigkeit der Erfindung, die schöne, trotz allem Reich-
thuin doch klare Anordnung, die wunderbare, stilvolle Be-
handlung des Reliefs wurde von keinen: anderen Aünstler
übertroffen und werden den Robbia-Skulpturen immer einen
bedeutenden ptat; in der Aunstgeschichte sichern.

Lucca della Robbia, i^OO Su Florenz geboren, wurde
gleich anderen Zeitgenossen als Goldschmied ausgebildet,
wandte sich jedoch bald der Plastik zu, wobei die Werke
des Ghiberti und Donatello sicher zu seinem Studium dienten.

Mit Letzterem trat er öfters und zwar mit Glück in Aon-
kurrenz; so in den für den Dom von Florenz bestinimten
Orgelbalustraden, in welchen sich die Verschiedenheit beider
Aünstler am deutlichsten zeigt. Auf beiden Werken sind
singende und tanzende Ainderfiguren dargestellt, doch bilden
Luccas zierlich gebildete, graziös sich bewegende Ainderfiguren
das Gegentheil von Donatellos derberen Gestalten.

schuf Lucca die beiden Bronze-Sakristei-
thüren des Domes von Florenz. Auf zehn Feldern sind
die Gestalten der Madonna, des Täufers, des Evangelisten
und der vier Airchenlehrer abgebildet und von einer Würde und
poheit, daß sie den: Ghiberti würdig zur Seite stehen, ja in der
herrlichen Anordnung der Gewandung dieselben übertreffen.

Aber weder von diesen, noch von anderen seiner
Marmor- oder Bronzewerke, so trefflich sie sind, hat Lucca
seine große Berühintheit unter seinen Zeitgenossen erlangt,
sondern vielmehr von seiner Erfindung, den Thon zu be-
malen und glasiren zu können, einer Erfindung, welcher es
mit zu danken ist, daß die Aunst in: Quattrocento so in
das Volk dringen konnte.

Schon in früherer Zeit wurde Thon bei Skulpturen
als billiges perstellungsmittel verwendet, doch jetzt erst war
es Lucca gelungen, denselben wetterfest zu machen und da-
durch eine ausgedehnte Anwendung zu erinöglichen.

Ebenso war die Anwendung von Farbe bei Werken
der plastik zur Erhöhung der Wirkung sehr beliebt. So
finden sich an den Werken des Nicolo pifano noch Reste
von Bemalung, der Grund ist dann mit Bronzeglaspasten
belegt; sicher noch eine Nachwirkung der Mosaikistenschule.
Donatello suchte gleichfalls die Wirkung an der oben er-
wähnten Orgelbalustrade dadurch zu erhöhen, daß er den
Grund mit goldenen Glaspasten belegte.

Lucca della Robbia wendet die Farbe mit Vorliebe
bei seinen Terrakotten an, will damit aber nur den pla-
stischen Eindruck erhöhen, ohne jemals eine nmlerische
Wirkung anzustreben; Gesicht, pände, überhaupt nackte
Aörpertheile bleiben daher ohne Farbe, diese erstreckt sich
nur aus die Gewandung, den pintergrund und die Ein-
fassung. Vielfach bleiben die Figuren ganz weiß und ist
nur der pintergrund bemalt.

Die Anzahl der Farben ist eine sehr beschränkte, es
sind hauptsächlich nur blau, violett, gelb uud grün; bei ein-
zelnen Theilen ist Gold verwendet.

Als großes Verdienst des Lucca ist hervorzuheben, daß
er niemals, so naheliegend es war, darnach strebte, seinen
Terrakotten das Ansehen zu geben, als seien dieselben aus
anderem, edlerem Stoff, etwa Marinor, gemacht.

Die Behandlungsweise entspricht auch immer den:
Material. Er und sein Nachfolger legen den pauptwerth
auf eine zarte, durchsichtige, gleichmäßige Glasur, sowie
schönes Brennen; die Werke sind daher immer aus ver-
schiedenen kleineren Stücken zusammengesetzt, dabei wurde
nicht einmal der Versuch gemacht, die allerdings sehr kleinen
Fugen zu verdecken.
 
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