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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1884

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Friedrich, C.: Ueber Holzschnitzerei, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7028#0025

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Gothisches Jinnornament einer Holz-Pietsche, ausgesägt, gravirt und aufgelegt. Ausgenommen und gezeichnet von H. Airchmayr.

ÖUher Holzschnihenej.

Studie von L. Friedrich, Bibliothekar am Gewerbemuseum zu Nürnberg.


JE Holzschnitzerei umfaßt ein so
weites Gebiet, daß es ein Ding der
Unmöglichkeit wäre, dieselbe in dem
engen Rahmen eines Artikels er-
schöpfend zu behandeln. Sie greift
fast in alle Gewerbe über, welche
das Holz als Rohstoff haben. Ls ist überhaupt unmöglich,
bestimmte Grenzen zu ziehen; denn sie erscheint dem
-Neeresgott Proteus gleich, alle Augenblicke anders. Hier
sie den Möbelfabrikanten, dort liefert sie grobe Holz-
waaren und wieder anderswo vollendete Aunstwerke. Eie
^"ft alle Stadien durch von der Industrie bis hinauf zur
hohen Runst

Diese Vielgestaltigkeit der Holzschnitzerei ist zum Theil
'uit Schuld daran, daß ihre Geschichte noch so wenig er-
forscht ist, selbst soweit diese in das Gebiet der eigentlichen
Aunst gehört. Es gibt aber auch keinen Zweig, weder der
Runst noch des Uunstgewerbes, dessen Merke in den Zeiten
chrer Verkennung und Mißachtung so massenhaft zu Grunde
Zugängen wären, sowohl durch Vernachlässigung wie durch
absichtliche Zerstörung. Freilich ist auch über die erhaltenen
^Oerke die Runde immer sehr mangelhaft. Selten weiß
>Nan Ort und Zeit des Ursprungs, noch seltener den Meister;
uur über die wenigsten sind alte Urkunden vorhanden und
Nanlen der Verfertiger und selbst Monogramme finden
Üch nur äußerst selten angebracht, so daß der Forscher fast
ausschließlich aus die Untersuchung der Merke selbst, auf
us Studium ihres Verhältnisses zu einander, ihrer vcr-

0°>tschaft

d°s Aunftgewerbe-Vereins München.

breitung, ihres Stiles und Inhalts und endlich ihrer Technik
angewiesen ist.

Trotz dieser schwierigen Verhältnisse ist es der Miffen-
fchaft gelungen, wenigstens einiges Licht über die Geschichte
der Holzschnitzerei zu verbreiten. Die Resultate, welche
Männer wie Lü bke,Schnaase und namentlich Hermann
Allmers*) zu Tage gefördert haben, würden noch ungleich
befriedigender ausgefallen fein, wenn nicht der größte Theil
des in Deutschland erhaltenen geschnitzten Hausraths über
das Meer in die Paläste der englischen Großen gewandert
wäre. Ganze Schiffsladungen voll gingen, namentlich aus
dem Innern Schleswigs, nach England. Vierundzwanzig
mit solchem Hausrath bepackte Mägen sah noch im Jahre
H877 der Pastor zu Schwabstedt während eines einzigen
Monats an seinem Pfarrhaus vorüberführen.ff Doch der
Unverstand mancher Besitzer von alten Holzschnitzereien hat
diese gleichwohl nicht ganz zu entfernen oder zu vernichten
vermocht; noch immer existiren im Norden sowohl wie im
Süden von Deutschland zahlreiche Monumente, namentlich
seit der Zeit der Renaissance, welche zum vergleichenden
Studium Anregung und Stoff bieten. Auch haben ver-
schiedene Museen nicht verabsäumt, einen reichen Schatz
von Holzschnitzereien in ihren Schooß aufzunehmen. Einige

j) Vorrede zu der vom Verein für Geschichte und Alterthümer der
Herzogthümer Bremen und Verden uud des Landes Hadeln zu Stade
i87^ veranstalteten Herausgabe von photographischen Abbildungen
des Altarschreins der Kirche zu Altenbruch im Lande Hadeln. fKunst
und Gewerbe; Zeitschrift des Bayr. Gewerbemuseums in Nürnberg,
;8?4, S. 8; ff.]

2) Dr. Richard Steche, die Bildschnitzerschule von Lhr. Mag-
nussen in Schleswig. fAunst und Gewerbe, a. a. (D. ;878, S. \2\ ff.]

,88q. 8eft 3 & H (Bg. 0-
 
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