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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1884

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Speckter, Hans: Ueber Heraldik: Vortrag, gehalten in der kunstgewerblichen Abtheilung des Hamburger Gewerbe-Vereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7028#0093

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4- *V -4

\

Aeber Dmliiil.

Vortrag,

Meine Herren!

Rwarten Sie von mir keinen wissen-
m schastlichen Vortrag über Heraldik!

Dazu fühle ich mich als Nichtfach-
'•£\. mann auf diesem Gebiete nicht be-
rufen. — Nur als Laie möchte ich die Frage an-
regen und zu beantworten versuchen: ob die Mieder-
belebungsversuche der Heraldik, die sich seit einigen
Jahren in Deutschland bemerkbar machen, wohl
Erfolg haben werden, oder nicht? ob wir Grund
haben zu glauben, daß die Mappenlust und -sitte
sich wirklich in das moderne Leben wieder einführen
lasse? oder ob sie im Grunde doch nichts anderes
ist und bleiben wird als eine aristokratische Spie-
lerei, die ja in kleineren Areisen immer geübt ward,
durch das Zusammentreffen verschiedener Umstände
— der Errichtung des Deutschen Reiches und des
Medererwachens unseres Aunstgewerbes — zeit-
weilig etwas Mode geworden ist, aber wie alle
Moden doch vermuthlich bald wieder vorübergehen
wird?

Ueber dieses Entweder-Oder sich klar zu werden,
scheint mir keineswegs unwichtig.

Ich rede dabei selbstverständlicherweise nicht von
Staats- und behördlichen Mappen, denn über deren
Nothwendigkeit kann wohl kein Zweifel obwalten,
und auch das streben, sie würdiger und schöner
zu gestalten als bisher, wird nicht leicht Jemand
ein unberechtigtes nennen, sondern es handelt sich
hier um privat- und Familien-Mappen, deren
Anwendung den Meisten heutzutage — (vielleicht
auch Vielen der hier Anwesenden) — als eine un-
zeitgemäße , halbwegs lächerliche Vornehmthuerei
erscheint, wohl gar als ein Beweis reaktionärer
Gesinnung, die gegen den Fortschritt der Zeit und
ihr allmäliges Verwischen der Standesunterschiede
sich stemmen möchte. Deßhalb — meint man —
könnten diese Bestrebungen, wenn auch das Uunst-
■ Handwerk ihnen manche Anregung verdankt, doch

ha crme^r volksthümlich werden, und eine eingehende Beschäftigung dainit, soweit es sich nicht um historische Forschungen
e / sei im Grunde nichts weiter, als ein angenehmer Zeitvertreib, wenig besser, als das Sammeln von Briefmarken u. dgl.
^ Die so denken, werden meines Erachtens Recht behalten, so lange die Heraldik ihren exklusiven, aristokratischen
den " '.ei' und fortfährt, nur von der Vergangenheit zu zehren, anstatt in der neuen Zeit eine neue zu werden und

Aunftwappen ans Gerlach's Prachtwerk „Allegorien und Embleme",
entworfen von Professor Ant. Seder (München).

den

auch

veränderten Verhältnissen Rechnung zu tragen. Denn gesund und lebendig kann nur heißen, was neben dem „Gestern"
ein „Morgen" kennt, was einer Fortentwickelung fähig ist.
wef- ,■ ^ nian uun die Heraldik einer solchen Fortentwickelung für fähig halten kann, das hängt allerdings wohl sehr
^ ich davon ab, in welcher Meise man sich die Zukunft der menschlichen Gesellschaft denkt, von welcher Seite her man


Nunstgewerbe.Vereins München.

1(88«. £jeft JU & \2 (83.
 
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