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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1884

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Vereins-Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7028#0103

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Venmns-Ohnonik.

X Unter glückverheißenden Aufpicien begann der Kunstgewerbe-
Verein am 4. Hoc. d. I. den Lyclus seiner Versammlungsabende. War
es doch ein Familienfest im schönsten Sinne des Wortes, mit welchem
der Reigen eröffnet werden konnte. Der Abend galt nämlich der Er-
füllung eines Gelöbnisses, das der Verein gelegentlich der Dvation,
die dem allverehrten Ehrenpräsidenten Ferdinand von Miller
zum 70. Geburtstage dargebracht worden war, in der dem Jubilar
gewidmeten puldigungsadreffe ausgesprochen hatte. Es sollte an diesem
Abende die im Saale des Kunstgewerbehauses aufgestellte Büste des
Gefeierten festlich enthüllt werden. Zur festgesetzten Stunde versam-
melten sich die Vereinsmitglieder in großer Zahl; hervorragende Männer
der Künstler- und Gelehrtenwelt fanden sich als Ehrengäste ein, die
Gallerie war reich mit Damen besetzt, Geigen und Trompeten tönten
von oben herab, die Besucher festlich stimmend. Eine wirkungsvolle
Dekoration von Zierpflanzen kennzeichnet« den Platz, wo die noch ver-
hüllte Büste aufgestellt war. Der erste Vorstand, perr Direktor Lange,
begrüßte nun zunächst in herzlichen Worten die Versammlung und
entwarf hierauf in kurzen Zügen ein Bild der Thätigkeit des Vereins
während der letztvergangenen sieben Monate. Erfreulicherweise konnte
er dieselbe durchweg als eine höchst erfolgreiche bezeichnen; so war u, A.
die Mitgliederzahl des Vereines während dieser Zeit wieder um 200
Personen gewachsen »nd das Resultat der Verkaufshalle ein das des
Vorjahres beträchtlich übersteigendes. Hach den Klängen eines Fest-
marsches von Lach ne r erläuterte der Redner weiterhin die eigentliche
Bedeutung des Abends und verlas die puldigungsadreffe, in welcher
das Versprechen der Aufstellung der Büste des Lhrenvorstandes nieder-
gelegt war, worauf zum eigentlichen Festakte geschritten wurde.

Mächtig ertönte, gesungen von dem Sängerverein „Bären", welcher
auch bei dieser Gelegenheit in dankenswerthester Weise das Fest ver-
schönern half, der Weihegesang von Stuntz, für welchen Jos. von
5chmaedel nachfolgenden Text gedichtet hatte:

Kunst und pandwerk eng verbunden
Reichen heute sich die pand;

:|: Es umschlingt zur weihestunde
Sie der Freude Jubelband. :|:

Einem ihrer Kämpfer gilt es,

Der sie oft zum Sieg geführt,

:[: Dem als Lohn für feine Thaten
poher Ruhm und Dank gebührt, :si

Wie in blinkend Erz gegossen
Strahlt sein hehres Lebensbild,

:!: Und fein Hame glänzet ruhmvoll
Auf des Volkes Ehrenschild. :st
Aus Verkennung und Verachtung,

Unverdienter Hiedrigkeit

:|: pat das deutsche Kunstgewerbe

Dieses Mannes That befreit. :|:

Stolz und frei erblüht es heute
Ruhmvoll für das deutsche Reich,

:j: Und der Tag ist nicht mehr ferne,

Da ihm keines kommet gleich,

D'rum gedenket dieses Mannes
Alle Zeit, so lang es blüht,

:st Und so lang für Kunst und pandwerk
Euere Begeist'rung glüht. :|:

Lange schenke ihm der Pimmel
Froher Tage Sonnenglanz,
si: Flechte ihm noch reiche Blüthen
In des Lebens Ehrenkranz! :st
Laßt sein Bild uns nun enthüllen;

Füllet Alle den Pokal!

:si Stoßet an, auf daß erklinge
Festlich froher Jubelschall I :si

Während der letzten Strophe des Chores siel die pülle von der Büste.

Mit ernster Milde blickte nun das Broncebildniß von Miller's
— ein hinsichtlich der frappanten und packenden Aehnlichkeit wie
charakteristischer Durchführung äußerst gelungenes werk des rühmlichst
bekannten Bildhauers Paul Sayer —. aus der lorbeerumgebenen
Hische zu der Versammlung hernieder, welche das Abbild ihres Ehren-
vorstandes mit einem begeisterten dreifachen poch begrüßte.

Hachdem dem Meister des Werkes, perrn Bildhauer Sayer, ferner
den Söhnen von Miller's, welche den Guß hergestellt, sowie den
um die Aufrichtung der Büste verdienten Vereinsmitgliedern Rud.
Seitz, Gabr. Seidl und Radspieler Seitens der Vorstandschaft
der Dank der Versammlung ausgesprochen war, ergriff der Bildhauer
und Lrzgießer perr Ferdinand von Miller jun. das Wort, um
Hamens der Familie für die ihrem Gberhaupte gewordene Ehrung
den Dank anszusxrechen, zugleich aber auch um zu versichern, daß
dieses Bildniß der Familie Miller stets ein erinnerndes Zeichen sein
werde, was sie dem Vereine an Treue und pingebung schulde. Hach
diesem ernsten Theil der Feier machte die heitere Muse ihr volles Recht
geltend. So hatte der Dichter des Festhymnus, perr von Schmaedel,
die Thaten und Verdienste des „alten Miller" in den Rhythmus des
bekannten Volksliedes: „So lang der alte Peter" gekleidet, welche Verse
von der ganzen Versammlung im Ehore gesungen großen Jubel hervor-
riefen. Sie lauteten:

Der alte Miller.

Zu singen nach der Melodie des Volksliedes: „So lang der alte j)eter."

Als einst das Kunstgewerbe
Jm schönen Bayerland
Kein richtiges verständniß
Jm pandwerksstand mehr fand,

Als niemand mehr recht wußte,

Was stilvoll, schön und echt,

.: Da herrschte wohl Gemüthlichkeit,

Doch stand's uin's pandwerk schlecht. »

Paris hieß die Parole,

Dorthin floß alles Geld;

Paris und seine Mode
Beherrschte alle Welt;

Der gute deutsche Michel
Riß Maul und Dhren auf;

:st Franzosentand den staunt' er an
Und ging dabei fest drauf.

Da sprach der alte Miller,

Der damals jung noch war,

Und so wie er auch And're
voll Zorn: „Warum nicht gar!

„Das kann nicht mehr so bleiben,

„Das soll bald anders sein;

:|: Wir bilden zur Ausbildung des
„pandwerks den G'werkverein!'' :|:

Und so geschah's. Jm Stillen
wuchs der Verein heran,

Der sich gar treue Freunde
Jm Laufe der Zeit gewann.

Er wuchs bis man ein tausend
Achthundert siebzig schrieb,

:!: Wo Deutschland des Franzosenthum
In tausend Scherben hieb, si:

Und als es Frieden wurde,

Da ging es endlich an.

„Deutsch" hieß nun die Parole
Hur „Deutsches" wollte man.

Das merkt' der alte Miller
Und rief: „Jetzt ist es Zeit!

:st wir stellen aus im Glaspalast,

Und machen was uns freut!" :|:
 
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