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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1884

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Haushofer, Max: Die Poesie unseres Hausraths, [2]
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Sepp, ...: Die Kunstschätze von Olympia und Pergamon: Vortrag, gehalten am 18. Dezember 1883
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https://doi.org/10.11588/diglit.7028#0080

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kleinen Menschen nicht nur als Bettchen dient, sondern
ihm auch den Aufenthalt in freier Luft möglich macht.
Der einfache bürgerliche Haushalt hat keinen Raum mehr
für die Wiege neben dem Kinderwagen; so erscheint sie
nur mehr in der Bauernstube und im Schlafgemach der
reichen jungen Mutter, wo sie als schönstes Prunkstück
steht, vom Pausarzte zwar mit mißbilligendem Kopf-
schütteln betrachtet, aber dafür geschmückt mit dein lieblichen
Bildniß des Schutzengels.

Mir müssen zum Schlüsse kommen. Was hier mit-
getheilt ist, soll nur eine Andeutung davon geben, wie sich

der Mensch in seinen Pausrath hineinlebt, wie dieser das
Werkzeug wird für die gewöhnlicheren und auch für manche
tiefer liegenden Ereignisse des menschlichen Lebens. Dieselbe
Phantasie, die unser ganzes Dasein zu schmücken bestimmt
ist, ist es auch, welche unsere Beziehungen zu den Gegen-
ständen des Paushalts vertieft, beseelt und mit ihren Ranken
umspinnt. Sie haftet Erinnerungen des perzens an leb-
lose Gegenstände. Eine Aufgabe des Kunstgewerbes aber
ist es, bei der Ausschmückung unseres pauses dieser inneren
Bedeutung der einzelnen Gegenstände zu folgen und in ihr
die Anregung für die Art der Ausschmückung zu suchen.

Oie ^uHschahe von Olympia und Pergamon.

Vortrag, gehalten am ;8. Dezember ;883 ÜOn Professor Dr. Sepp.

f3<£ Gründung des deutschen Reiches war kaum
erfolgt, als unser Kaiser und der kunstbegeisterte
Thronfolger auf geistige Eroberungen, namentlich
im Kunstfache, ausgingen. Mit dem Beginn der
Ausgrabungen von Olympia von Reichswegen f87si war
das perikleische Zeitalter in's Auge gefaßt, und in der Thal
hat unser großer Reichskanzler an Perl kl es fein Borbild
im Alterthum. Wie Fürst Bismarck den deutschen Na-
tionalgedanken verwirklicht und aus zahlreichen Kleinstaaten
ein mächtiges Reich geschaffen hat, so suchte perikles an
der Spitze der athenischen Demokratie die Ionier, Dorer,
Aeoler, Thessalier, Böotier und wie sie alle hießen, einan-
der zu befreunden und mit den Inselbewohnern und asia-
tischen Brüdern, sowie den Großgriechen in Unteritalien
und Sizilien in Verbindung zu bringen. Eine nationale
peimstätte sollte sie längst zum Kampfspiele in regel-
mäßigen Zeitabschnitten zusammenführen, fortan aber auch
ein gemeinsamer Gott, der pan hellenische Zeus, die
verschiedenen Stämme verbinden.

Schon 77^ v. Ehr., also vor Roms Gründung, hatten
zu (Olympia in Elis die Wettkämpfe begonnen. Zeus
selber sollte da mit Ehronos um die perrschaft gerungen,
perakles als Rind im Wettlauf und Fünfkampfe sich geübt,
dann von den Pyperboräern den Oelzweig hieher verpflanzt
haben, der zum Baume erwachsen seine Zweige, von Knaben
mit goldenem Messer geschnitten, zu den Siegeskränzen her-
gab. Eine gemeinschaftliche Zeitrechnung hing
mit diesem Nationalfeste zusammen, die Olym-
piaden von je vier Jahren oder einer Schaltperiode. So
haben die Karolinger die christliche Aera auch als ein Einig-

ungsmittel der Völker des Reiches eingeführt. Ein groß
artiger Tempelbau mit prachtvollen dorischen Säulen
von zwei Meter Durchmesser wurde von Libon ^35 v. Ehr.
zu Ende geführt; im Peräon auf der Nordseite befand
sich noch eine polzsäule aus allerältester Zeit. Wohl als
Begründer der Olympischen Zeitrechnung sigurirte daneben
noch Atlas, der Erfinder der Astronomie, wie er deni
perakles die erbeuteten Pesperidenäpfel vorhält, während
der Sonnenheld indeß die Weltkugel trägt und dahinter
Atalacete die Nase krümmt.

Für dieses Nationalheiligthum vollendete phidias
das Bild des Olympischen Zeus. Nie hat Gott der
Allmächtige, der perr Pimmels und der Erde, einen er-
habeneren Ausdruck gefunden. Vierzig Fuß hoch thronte
der Gättervater im Innern, die Basis des göttlichen perr-
fcherstuhles betrug zudem \2 Fuß. Aus Gold und Elfen-
bein geformt ruhte in seiner Linken das Szepter oder der
Richterstab von verschiedenem Metall, in der Rechten die
Siegesgöttin. Das Kolossalbild war von einer poheit, daß
die an den Anblick von Kunstwerken doch gewöhnten pel-
lenen erstaunt aussprachen: wer den Zeus von Olympia
gesehen, könne nie mehr ganz unglücklich sich fühlen; wer
ihn nicht geschaut, gehe beklagenswerth dem pades zu. Im
Vordergiebel war Zeus, rückwärts Apollo als göttlicher
Sieger dargestellt. Daneben sigurirte der Riesenkampf der
Lapithen und Eentauren, anderseits der Wettstreit des pe-
lops und Oinoinaos. Pelops gewann die perrschaft mit
der Braut Pippodameia, welche sofort den Wettlauf der Jung-
frauen am Feste der pera einführte. Durch all' die Jahr-
hunderte bestanden das Stadion zum Wettlauf, das
 
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