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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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NEUE BÜCHER

Heinrich Goebel, Wandteppiche. I. Teil. Die
Niederlande. Leipzig, Klinkhardt & Biermann, 1923.

Die beiden vorliegenden Bände, von denen der Text-
band nicht weniger als 668 Seiten enthält, der zweite 507 Ab-
bildungen, zeigen, wie gewaltig die hiermit zu einem Teil
gelöste Aufgabe ist, lehren auch, daß der Verfasser liebhaber-
haften Forschungseifer genug besitzt, sein Werk zu Ende zu
führen. Diese ersten Bände umfassen die Niederlande, da-
mit den fruchtbarsten und für den Kunsthistoriker wichtigsten
Teil. Nirgends anders nämlich hat die Bildweberei soviel
Geltung und Bedeutung erlangt wie hier. Zwei Daten ge-
nügen, die Überlegenheit der Niederlande zu belegen: in
Italien nannte man und nennt Bildteppiche schlechthin
„arazzi" nach der Stadt Arras, und als in der hohen Zeit römi-
schen Kunstlebens die sixtinische Kapelle mit Geweben
ausgestattet werden sollte, wurden Raphaels Kartons zur
Ausführung nach Brüssel geschickt. Die Weltherrschaft in
dieser Technik ging von Arras auf Tournai und später auf
Brüssel über.

Der Verfasser, der mit erstaunlicher Zähigkeit den Dingen
auf den Grund geht, spricht zuerst ausführlich und anschau-
lich über die Technik, wobei er zu glücklicher Aufklärung
die Beobachtung, die Untersuchung der erhaltenen Monu-
mente, mit der Wortüberlieferung in Urkunden, Inventaren,
Zunftvorschriften und Lieferungsverträgen in Einklang zu
bringen sich bemüht. Das umfangreiche Kapitel „Deutung"
folgt. Hier werden die auf uns gekommenen Folgen und
einzelnen Stücke auf den Inhalt hin betrachtet. Da das
Profane, namentlich Allegorie, Roman, Heldengedicht in dieser
Kunstgattung einen breiten Raum einnehmen, bedarf es zu
befriedigender Deutung tiefer Kenntnisse des Schriftwesens,
des Theaters, sowie des Verständnisses für kultur- und geistes-
geschichtliche Zusammenhänge.

Die eigentliche Geschichtsdarstellung nimmt einen Ort nach
dem anderen vor und verfolgt hier und dort die Arbeit der
Manufaktur vom Beginn bis zum Ende durch die Jahrhunderte.
Schon aus dieser Anlage sieht man, daß der Verfasser nicht
an eine Geschichte der Form gedacht hat. Da im erhaltenen
Bestand das Ortliche in den allermeisten Fällen unbekannt
bleibt, nur das Zeitliche mit Stilkritik festzustellen ist, ver-
mag der Verfasser die Monumente seiner Darstellung nicht
einzufügen, kann er von den Kunstwerken nicht ausgehen,
muß froh sein, hin und wieder einmal die Verklammerung
zwischen seiner lokalgeschichtlichen Darlegung und einem
erhaltenen Wandteppich vornehmen zu können. Mit Stil-
kritik vermag man in dieser Kunstgattung allenfalls den

Kartonzeichner zu entdecken, nicht aber den Weber. Der
Verfasser, der, hauptsächlich um Geschichte der Weberei
bemüht, in den Urkunden Namen der Weber, selten Namen
der Zeichner findet, vermag, was die Gruppierung der erhal-
tenen Monumente betrifft, unsere Kenntnis nicht erheblich
zu fördern, dagegen bietet er außerordentlich reiche Auf-
klärung in bezug auf die Entwicklung des Handwerks, zur
Erkenntnis der kulturgeschichtlich wichtigen Umstände des
Handels. Mittelbar schöpft auch der Kunstforscher reiche
Belehrung aus dieser Fülle der Daten. Die umfangreiche Liste
der benutzten Literatur gibt eine Vorstellung von der Arbeits-
leistung des Verfassers.

Der Tafelband enthält in großer Zahl wenig bekannte Stücke
aus Privatbesitz und aus dem Kunsthandel. Offenbar kam
es dem Verfasser darauf an, das Studienmaterial zu ver-
größern. Und dies ist sicherlich dankenswert, bringt aber
den Nachteil mit sich, daß die Durchschnittsqualität ein
wenig herabgedrückt erscheint. Das Beste, wenigstens aus
der Blütezeit, aus der Periode 1480 bis 1530, ist in den
Schlössern zu Madrid und Wien zu finden, sodaß die großen
bekannten Veröffentlichungen aus diesen beiden Sammlungen
zur Ergänzung herangezogen werden müssen.

Max J. Friedländer.

Heinrich Leporini, Der Kupferstichsammler.
Berlin, Richard Carl Schmidt, 1924.

Die „Bibliothek für Kunst- und Antiquitätensammler"
bietet im allgemeinen kurze Handbücher einzelner Spezial-
gebiete. Für die Graphik wäre das auf so knappem Räume
kaum möglich gewesen. Es wurde darum die grundsätz-
lich abweichende Aufgabe gestellt, nicht ein historisches,
sondern ein Sammler-Handbuch zu schreiben. Der Verfasser
hat die Aufgabe mit Geschick gelöst. Es ist in dem Büch-
lein alles enthalten, was der angehende Sammler zu wissen
begehrt. Einleitend werden die graphischen Techniken be-
schrieben. Es folgt ein kurzer geschichtlicher Abriß, der
die Entwicklung der einzelnen Verfahren und ihre Haupt-
meister darstellt. Der dritte Abschnitt handelt von der
Methodik des Sammeins, von den Fragen der Echtheit, der
Druckqualität, des Erhaltungszustandes, des Kunstmarktes.
(Ein Fehler war es, in diesem Kapitel, die irreführenden
Markpreise der Inflationszeit zu erwähnen.) Ein kurzes
Verzeichnis der Hauptmeister mit Lebensdaten, Angabe der
Hauptwerke und Literatur macht den Beschluß. Ein nütz-
licher Abriß, der dem Sammler bei seinen ersten Schritten
gute Dienste leisten wird. Glaser.

DREIUNDZWANZIGSTER JAHRGANG, ERSTES HEFT. REDAKTIONSSCHLUSS AM 12. SEPTEMBER. AUSGABE AM 1. OKTOBER

NEUNZEHNHUNDERTVIERUNDZWANZIG. REDAKTION KARL SCHEFFLER, BERLIN; VERLAG VON BRUNO CASSIRER, BERLIN

GEDRUCKT IN DER OFFIZIN VON FR.RICHTER, G.M.B.H., LEIPZIG



MM
 
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