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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 3
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Aufseesser, Julius: Aus meinem Sammlerleben, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0112

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Reihe von Blättern zu zeigen, für die er mein
Interesse voraussehen durfte. Es war dies eine
Erwerbung, die er für einen amerikanischen Kunden,
einem Mitglied des zumeist aus Sammlern litho-
graphischer, künstlerisch bedeutender Früherzeug-
nisse bestehenden Grolier-Club in New York ge-
macht, die auch ihm, rein gefühlsmäßig, bedeutend
erscheinen mußte.

Ein Blick auf die mir vorgelegten Stücke über-
zeugte mich, daß ich einer Erscheinung gegen-
überstand, die das meiste, was ich auf litho-
graphischem Gebiet gesehen, was ich selbst besaß,
in den Schatten stellte. Je tiefer ich dann in den
Stapel eindrang, desto mehr stieg meine Über-
raschung, mein Entzücken, — ich befand mich
Versuchen aus der Frühzeit der Lithographie gegen-
über, die an Großzügigkeit und künstlerischem
Gepräge alles, was ich bisher Frühes gesehen,
weit hinter sich ließen. Hier schienen sich nam-
hafte Berliner Künstler, die selbst mit Begeisterung
für die neue Art des Drückens erfüllt waren, zu-
sammengetan zu haben, um mit ihren Arbeiten
mit einem Schlage zu siegen. Hier hatten sich
Männer, deren Namen in der Kunstwelt wie ein
rocher de bronce standen, an Versuchen beteiligt,
die bisher in anderen Städten handwerksmäßigen
Charakter trugen und auf künstlerische Bedeutung
wenig oder gar keinen Anspruch machen konnten.
Ich stand unter dem Eindruck eines großen Er-
eignisses! —

Der Gegenstand, welcher mich in diese hoch-
gradige Erregung versetzte, war eine fast voll-
ständige Sammlung der „Polyautographischen Hand-
zeichnungen Berliner Künstler", herausgegeben von
Wilhelm Reuter, die in Berlin von 1804 bis 1808
und später wieder von 1816 bis 1823 erschienen,
lithographische Versuche darstellten und von dem
Maler Wilhelm Reuter selbst, außerdem noch von
J. G. Schadow, Weitsch, Niedlich, Genelli und
anderen auf den Stein gezeichnet waren. Mir
waren Tausende früher Lithographien zu Gesicht
gekommen, von diesen auch künstlerisch so wunder-
vollen Blättern, deren Wichtigkeit als Frühdrucke
für die Geschichte der Lithographie, nicht nur in
Berlin, sondern allgemein in die Augen springend
war, hatte ich noch niemals eines erblickt!

Nichts natürlicher, als daß es ebenso den
Sammler, als den Forscher in mir drängte, diese
Stücke zu erwerben, mindestens aber zu ver-

ADOLF MENZEL, TITELBLATT ZUM „SPANISCHEN LIEDER-
BUCH" VON PAUL HEYSE. D. 1295. HOLZSCHNITT

hindern, daß sie der deutschen Forschung durch
einen Verkauf nach Amerika entzogen werden
sollten. Dies war, trotzdem Albert Cohn die Be-
rechtigung meiner Forderung wohl voll empfinden
mochte, kein leichtes Unternehmen, denn seit
vierundzwanzig Stunden befand sich ein Schreiben
an das besagte ehrenwerte Mitglied des Grolier-
Clubs auf hoher See, das ihm die bevorstehende
Erwerbung von „early and very rare Lithos" sig-
nalisierte, und wenn auch Albert Cohn von seinem
Empfinden für das Verbleiben der seltenen Blätter
im Vaterlande sich hart bedrängt fühlte, so galt
es doch für ihn, das seinem Abnehmer gegebene
Wort einzulösen. Die Situation näherte sich einer
Krisis! Doch, wie die Hilfe am nächsten, wenn die
Not am größten ist, nahte die Erlösung in Gestalt
des eintretenden Faktotums des Hauses durch die
dem Chef geheimnisvoll zugeflüsterte Enthüllung,
daß der Vorbesitzer der Blätter noch im Besitze

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