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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 5
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Glaser, Curt: Konrad Witz
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0203

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KONRAD WITZ, KOPF DES JOACHIM. DETAIL DER „BEGEGNUNG
OLSBERGER ALTAR, BASEL

AUS „KONRAD WITZ, GEMÄLDESTUDIEN VON HANS WENDLAND"
BASEL, BENNO SCHWABE & CO.

So unterscheidet sich Wendlands Witz-Buch in sehr
vorteilhafter Weise von den meisten Kunstpublikationen der
letzten Jahre. Es ist nicht ein Bilderbuch mit begleiten-
dem Text, es enthält vielmehr eine Reihe wesentlicher
Beobachtungen, die geeignet sind, das Werk des Meisters
aufzuhellen, und es teilt diese Beobachtungen in sach-
licher, klarer Weise mit. Die vortrefflichen Illustrationen
dienen ausschließlich der Verdeutlichung des Textes. Da
das Buch in dem gleichen Verlage erschien, der bereits
einen Band mit Abbildungen aller bis dahin bekannter Werke
des Witz herausgegeben hat, wird deren Kenntnis bei dem
Leser vorausgesetzt, und die Lichtdrucke beschränken sich
darauf, neu aufgefundene Stücke, neue Zusammenstellungen
der alt bekannten und aufschlußreiche Einzelaufnahmen zu
geben.

Die ersten wichtigen Feststellungen beziehen sich auf
den Basler Heilsspiegelaltar. Durch genaue Untersuchung
der erhaltenen Tafeln ist es Wendland gelungen, die Schwierig-
keiten zu beseitigen, die sich einer befriedigenden Rekon-
struktion des ehemaligen Zusammenhanges der Altarflügel
entgegenstellten. Es zeigte sich, daß durch Anstückungen
die Größenmaße einzelner Bilder willkürlich verändert worden

sind. Reduziert man diese Tafeln auf ihr ursprüngliches
Format, so ergibt sich für jede in höchst einleuchten-
der Weise ihre Stelle in dem vom Künstler gewollten
System. Eine Schwierigkeit bereitet allein der Christo-
phorus. Wendland mußte hier selbst seine Ansicht im
Verlaufe der Arbeit ändern, da in Dijon zwei bisher un-
bekannte Tafeln des Altars auftauchten, die das Stück
von der ihm zugewiesenen Stelle der beiden großen
Altarflügel verdrängten. Nun findet es hypothetisch Platz
auf einem feststehenden Flügel, dessen einziger Rest
es wäre. Aber das bleibt eine Nebenfrage. Wie der
Heilsspiegelaltar im ganzen ausgesehen hat, davon be-
sitzt man nach Wendlands Untersuchungen nun eine
wohlbegründete Vorstellung.

Nicht minder bedeutsam ist Wendlands Rekonstruk-
tion des Petrusaltars, dessen in Genf erhaltene Flügel
bekannt waren, dem aber nun die eine verlorene Mittel-
tafel in einem Gemälde der Berliner Galerie wiederge-
geben wird. Wieder war der tatsächliche Sachverhalt
durch nachträgliche Anstückungen verdunkelt. Witz
liebt es, seine Figuren vom Bildrahmen überschneiden
zu lassen, um sie fest an den Rändern zu verankern.
Späteren Restauratoren erschien das so ungewohnt, daß
sie hier vor allem bessernd einzugreifen sich verpflichtet
fühlten. So wurde die Berliner Tafel so gründlich
verändert, daß die bisherigen Beurteiler über eine wohl
begreifliche Empfindung peinlicher Fremdheit nicht
hinausgelangten. Trotz offenkundiger Verwandtschaft
wagte niemand, die Attribution an Witz auszusprechen.
Nun, da die Anstückungen entfernt und Übermalungen
beseitigt sind, ist das Rätsel mit einem Schlage gelöst
und das Werk des Witz um ein wichtiges Stück berei-
chert. Allerdings ergibt sich für den Altar, dessen zweite
Mitteltafel bisher für verloren gelten muß, eine merk-
würdig niedere, breite Gesamtform. Aber Wendland
hat recht, wenn er zu dem Schlüsse kommt, daß der
erhaltene Bestand keine andere Lösung zuläßt, und zu-
dem rechtfertigt die Form der Kapelle, in der der Altar
ursprünglich stand, wie schon Ganz ausgeführt hat, das
niedrige Breitformat.

Auch der dritte Altar wird um ein Stück bereichert,
dessen Zuschreibung an Witz bisher nicht gewagt worden
ist. Aber schon das gleiche Muster des Goldgrundes läßt
es durchaus plausibel erscheinen, daß das Basler Madonnen-
fragment aus Olsberg ehemals mit der goldenen Pforte,
die ebenfalls das Basler Museum besitzt, zusammengehörte,
deren Zusammenhang mit den Tafeln in Straßburg und
Nürnberg schon immer vermutet worden war. Der Altar
scheint in Olsberg gestanden zu haben, da man keinen
Grund hat, an der Herkunft des Basler Fragmentes zu
zweifeln.

Über die kleinen Bilder in Berlin und Neapel und die
Berliner Zeichnung, zu denen Valentiner eine Beweinung
bei Frick in New York, Wendland selbst eine jüngst in Paris
aufgetauchte Tafel mit dem heiligen Christophorus, die
mittlerweile ins Berliner Museum gelangt ist, hinzugefügt
hat, konnte bisher Einigkeit der Forscher nicht erzielt werden.
Wendlands positiver Einstellung zu diesen Werken ist wohl
beizupflichten. Die gewiß auffallenden Unterschiede er-

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