nicht hinter dem zurückstehen, was die Doucetsche Bibliothek
abgesehen von den Kunstwerken und Autographen besitzt.
Der Ausbau erscheint aber bei uns weit besser gesichert
als in einem Zentralinstitut. So wenig wie die großen
Staatsbibliotheken heute in der Lage sind, die Bedürfnisse
der Forschung zu befriedigen, ebensowenig vermag dies eine
zentrale Kunstbibliothek, sogar dann nicht, wenn sie mit einer
Großzügigkeit aufgebaut wird wie die Doucets, die selbst
amerikanische Gründungen dieser Art in den Schatten stellt.
Das „Bulletin" der „französischen Gesellschaft für Repro-
duktion von Handschriften mit Miniaturen" bringt jährlich
eine Bibliographie der Miniaturenliteratur, die im Gegensatz
zu anderen französischen Bibliographien auch die ausländi-
schen Neuerscheinungen sorgfältig, gleichsam mit deutscher
Gründlichkeit verzeichnet. Letzthin registrierte es auch ge-
wissenhaft: „A. Strindberg, Schwedische Miniaturen. Mün-
chen, G. Müller Verlag."
DIE NEUE DRESDNER FILIALGALERIE
VON
ERNST MICHALSKI
In Dresden ist kürzlich eine zweite staatliche Gemälde-
galerie eröffnet worden. In dem ehemaligen Kapherr-
schen Palais in der Parkstraße, das vom Staat auf fünfzehn
Jahre gemietet und der Gemäldegalerie zur Verfügung ge-
stellt wurde, sind durch bauliche Veränderungen Säle und
Kabinette zur Aufhängung von ungefähr 250 Bildern ge-
wonnen worden. Durch diese Filialgalerie wird jedoch kei-
neswegs der 1914 geplante und schon bis zu den Funda-
menten gediehene Erweiterungsneubau der Hauptgalerie,
der der Zeitverhältnisse wegen eingestellt werden mußte,
erübrigt. — In der Galerie Parkstraße handelte es sich
nur darum, Platz für zwei Kategorien von Bildern zu schaf-
fen: erstens für Bilder des neunzehnten Jahrhunderts, die
bei der letzten großen Neuordnung der Hauptgalerie einem
einheitlichen Gesamtniveau zuliebe verschwinden mußten,
A. GRASSI, GESELLSCHAFTSGRUPPE. WIEN UM 1785
SAMMLUNG DARMSTAEDTER, VERSTEIGERUNG BEI RUD. LEPKE BERLIN
AM 24. MÄRZ
die aber, wie es sich herausgestellt hat, dennoch weiten
Kreisen des Publikums unentbehrlich sind, und zweitens
für Bilder der älteren Kunst, hauptsächlich des siebzehnten
und achtzehnten Jahrhunderts, die aus Platzmangel bisher
nicht ausgestellt werden konnten und in den Depots ver-
borgen bleiben mußten. Schon diese Voraussetzungen er-
gaben die Unmöglichkeit, eine Galerie mit einheitlicher
Physiognomie zu schaffen. Dazu traten noch Schwierig-
keiten der Hängung, die in der Lage, Beleuchtung und
vielfachen Felderaufteilung der Wände des ehemaligen Wohn
palais wurzelten. Dennoch ist es Direktor Hans Posse ge-
lungen, durch bauliche Veränderungen und geschickte Dis-
position einen befriedigenden Gesamteindruck zu erzielen.
— Über einen hellen Vorraum gelangt man zu dem pom-
pösen Treppenhaus, in dem das wirkungsvolle, stark von
Tintoretto beeinflußte „Parisurteil" des späten Venezianers
Pietro Liberi einen günstigen Platz gefunden hat. Den Kern
des Obergeschosses bildet ein Festsaal, dessen Wandfelder
mit dekorativen Bildern des siebzehnten und achtzehnten
Jahrhunderts gefüllt sind. In den rechts und links an-
stoßenden Sälen hängen, als Blickpunkte vom Festsaal aus
aufs wirkungsvollste sichtbar, zwei große Gemälde des Guido
Reni, die die Entwicklung dieses Künstlers anschaulich zeigen.
„Christus in der Vorhölle", ein zartes, dunkles in Goldlicht
getauchtes Bild aus seiner frühen Zeit und „Ninus und Semi-
ranius". Hier kommt der mit starken, aber gläsern harten
Lokalfarben arbeitende spätere Stil Renis zu typischem Aus-
druck. Auch die ganz repräsentative, nach außen auf ein
Publikum bezogene Komposition scheint gleichsam vereist
und in der Bewegung erfroren. — Mit der durch äußere
Raumgründe notwendig gemachten Aufhängung dieser bei-
den großen Bilder, um die wieder alte Bilder gruppiert wer-
den mußten, in der Querachse des Festsaals ergab sich die
auf den ersten Blick befremdende Notwendigkeit, die im
übrigen den Bildern des neunzehnten Jahrhunderts gewid-
mete äußere, den Festsaal umgebende Saalflucht auf beiden
Seiten durch einen Kreuzarm mit alter Kunst zu durch-
brechen. Durch diese Notlösung aber entstehen sehr inter-
essante Möglichkeiten. Von dem einen Reni-Saale aus blickt
man durch einen breiten Türausschnitt zurück auf das sich
von schwarzer Wand leuchtend abhebende Riesenbild von
Hans Makart „Der Sommer". Der Türausschnitt wird dies-
seits rechts und links flankiert von der „Verlobung der hei-
ligen Katharina" des Pietro Ricchi, einem guten Beispiel
für die leuchtende Farbigkeit des venezianischen Barocks
3 B
246
abgesehen von den Kunstwerken und Autographen besitzt.
Der Ausbau erscheint aber bei uns weit besser gesichert
als in einem Zentralinstitut. So wenig wie die großen
Staatsbibliotheken heute in der Lage sind, die Bedürfnisse
der Forschung zu befriedigen, ebensowenig vermag dies eine
zentrale Kunstbibliothek, sogar dann nicht, wenn sie mit einer
Großzügigkeit aufgebaut wird wie die Doucets, die selbst
amerikanische Gründungen dieser Art in den Schatten stellt.
Das „Bulletin" der „französischen Gesellschaft für Repro-
duktion von Handschriften mit Miniaturen" bringt jährlich
eine Bibliographie der Miniaturenliteratur, die im Gegensatz
zu anderen französischen Bibliographien auch die ausländi-
schen Neuerscheinungen sorgfältig, gleichsam mit deutscher
Gründlichkeit verzeichnet. Letzthin registrierte es auch ge-
wissenhaft: „A. Strindberg, Schwedische Miniaturen. Mün-
chen, G. Müller Verlag."
DIE NEUE DRESDNER FILIALGALERIE
VON
ERNST MICHALSKI
In Dresden ist kürzlich eine zweite staatliche Gemälde-
galerie eröffnet worden. In dem ehemaligen Kapherr-
schen Palais in der Parkstraße, das vom Staat auf fünfzehn
Jahre gemietet und der Gemäldegalerie zur Verfügung ge-
stellt wurde, sind durch bauliche Veränderungen Säle und
Kabinette zur Aufhängung von ungefähr 250 Bildern ge-
wonnen worden. Durch diese Filialgalerie wird jedoch kei-
neswegs der 1914 geplante und schon bis zu den Funda-
menten gediehene Erweiterungsneubau der Hauptgalerie,
der der Zeitverhältnisse wegen eingestellt werden mußte,
erübrigt. — In der Galerie Parkstraße handelte es sich
nur darum, Platz für zwei Kategorien von Bildern zu schaf-
fen: erstens für Bilder des neunzehnten Jahrhunderts, die
bei der letzten großen Neuordnung der Hauptgalerie einem
einheitlichen Gesamtniveau zuliebe verschwinden mußten,
A. GRASSI, GESELLSCHAFTSGRUPPE. WIEN UM 1785
SAMMLUNG DARMSTAEDTER, VERSTEIGERUNG BEI RUD. LEPKE BERLIN
AM 24. MÄRZ
die aber, wie es sich herausgestellt hat, dennoch weiten
Kreisen des Publikums unentbehrlich sind, und zweitens
für Bilder der älteren Kunst, hauptsächlich des siebzehnten
und achtzehnten Jahrhunderts, die aus Platzmangel bisher
nicht ausgestellt werden konnten und in den Depots ver-
borgen bleiben mußten. Schon diese Voraussetzungen er-
gaben die Unmöglichkeit, eine Galerie mit einheitlicher
Physiognomie zu schaffen. Dazu traten noch Schwierig-
keiten der Hängung, die in der Lage, Beleuchtung und
vielfachen Felderaufteilung der Wände des ehemaligen Wohn
palais wurzelten. Dennoch ist es Direktor Hans Posse ge-
lungen, durch bauliche Veränderungen und geschickte Dis-
position einen befriedigenden Gesamteindruck zu erzielen.
— Über einen hellen Vorraum gelangt man zu dem pom-
pösen Treppenhaus, in dem das wirkungsvolle, stark von
Tintoretto beeinflußte „Parisurteil" des späten Venezianers
Pietro Liberi einen günstigen Platz gefunden hat. Den Kern
des Obergeschosses bildet ein Festsaal, dessen Wandfelder
mit dekorativen Bildern des siebzehnten und achtzehnten
Jahrhunderts gefüllt sind. In den rechts und links an-
stoßenden Sälen hängen, als Blickpunkte vom Festsaal aus
aufs wirkungsvollste sichtbar, zwei große Gemälde des Guido
Reni, die die Entwicklung dieses Künstlers anschaulich zeigen.
„Christus in der Vorhölle", ein zartes, dunkles in Goldlicht
getauchtes Bild aus seiner frühen Zeit und „Ninus und Semi-
ranius". Hier kommt der mit starken, aber gläsern harten
Lokalfarben arbeitende spätere Stil Renis zu typischem Aus-
druck. Auch die ganz repräsentative, nach außen auf ein
Publikum bezogene Komposition scheint gleichsam vereist
und in der Bewegung erfroren. — Mit der durch äußere
Raumgründe notwendig gemachten Aufhängung dieser bei-
den großen Bilder, um die wieder alte Bilder gruppiert wer-
den mußten, in der Querachse des Festsaals ergab sich die
auf den ersten Blick befremdende Notwendigkeit, die im
übrigen den Bildern des neunzehnten Jahrhunderts gewid-
mete äußere, den Festsaal umgebende Saalflucht auf beiden
Seiten durch einen Kreuzarm mit alter Kunst zu durch-
brechen. Durch diese Notlösung aber entstehen sehr inter-
essante Möglichkeiten. Von dem einen Reni-Saale aus blickt
man durch einen breiten Türausschnitt zurück auf das sich
von schwarzer Wand leuchtend abhebende Riesenbild von
Hans Makart „Der Sommer". Der Türausschnitt wird dies-
seits rechts und links flankiert von der „Verlobung der hei-
ligen Katharina" des Pietro Ricchi, einem guten Beispiel
für die leuchtende Farbigkeit des venezianischen Barocks
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