DOI Heft:
Heft 10
DOI Artikel:Scheffler, Karl: Die Frühjahrsausstellung der Akademie
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0389
HANS THOMA, ZIEGENHERDE. 1891
BESITZER: STÄDTISCHE KUNSTHALLE, MANNHEIM
Konventionen sind nötig; es kommt nur darauf an,
daß sie nicht starr werden. Auch in den Früh-
jahrsausstellungen der Akademie ruht das meiste
auf Gewohnheiten: die Gesamtdisposition, die
Art der Einladung, das Jurieren und das Hängen.
Die alten Gewohnheiten hat Liebermann, als er
Präsident wurde, zwar erneuert; das Neue ist in-
zwischen jedoch schon wieder zu einer festen Ar-
beitskonvention geworden. Darum sind die Jahres-
ausstellungen einander so ähnlich. Ursache dieser
Gleichförmigkeit ist natürlich auch der Umstand,
daß die Produktion so gleichförmig ist. Beides
wirkt zusammen. In gewissen Teilen des Hauses
glaubt man, es hingen noch die Bilder vom Vor-
jahre an den Wänden. Dieselben Namen, dieselbe
Verteilung, dasselbe Niveau, nicht zu hoch und
nicht zu tief, dieselbe Quantität und Qualität.
Diese Feststellung ist keine Kritik: so ist heute
die deutsche Kunst. Es sind die wichtigsten Künst-
ler vertreten, und in vielen Fällen — nicht immer
— sind auch die besten Arbeiten zur Stelle. Es
liegt in der Zeit, daß das Ganze mehr ein Resümee
als ein Vorstoß ist. Die Jury arbeitet gewissenhaft
und liberal, soweit ihr etwas zu tun bleibt, denn
die Mitglieder der Akademie sind mit drei Werken
juryfrei, die Eingeladenen müssen mit dem, was
sie schicken, auch zugelassen werden, und daneben
haben die Juroren ihre Schützlinge. Vielleicht
empfiehlt sich für die Arbeiten, die wirklich juriert
werden, die Methode, daß geurteilt wird, ohne daß
die Namen der Künstler genannt werden. Sollten
sich unter den zurückgewiesenen dann Arbeiten
befinden, die aus anderen Gründen berücksichtigt
werden müssen, so läßt es sich hinterher immer
noch machen. Bei solchem Arbeitsgang wären die,
deren Namen unbekannt sind, weniger in Gefahr,
schärfer beurteilt zu werden, als die schon bekannten.
*
Die Ausstellungen der Akademie werden mit
einer gewissen Feierlichkeit eröffnet. Gesang, Reden,
374
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BESITZER: STÄDTISCHE KUNSTHALLE, MANNHEIM
Konventionen sind nötig; es kommt nur darauf an,
daß sie nicht starr werden. Auch in den Früh-
jahrsausstellungen der Akademie ruht das meiste
auf Gewohnheiten: die Gesamtdisposition, die
Art der Einladung, das Jurieren und das Hängen.
Die alten Gewohnheiten hat Liebermann, als er
Präsident wurde, zwar erneuert; das Neue ist in-
zwischen jedoch schon wieder zu einer festen Ar-
beitskonvention geworden. Darum sind die Jahres-
ausstellungen einander so ähnlich. Ursache dieser
Gleichförmigkeit ist natürlich auch der Umstand,
daß die Produktion so gleichförmig ist. Beides
wirkt zusammen. In gewissen Teilen des Hauses
glaubt man, es hingen noch die Bilder vom Vor-
jahre an den Wänden. Dieselben Namen, dieselbe
Verteilung, dasselbe Niveau, nicht zu hoch und
nicht zu tief, dieselbe Quantität und Qualität.
Diese Feststellung ist keine Kritik: so ist heute
die deutsche Kunst. Es sind die wichtigsten Künst-
ler vertreten, und in vielen Fällen — nicht immer
— sind auch die besten Arbeiten zur Stelle. Es
liegt in der Zeit, daß das Ganze mehr ein Resümee
als ein Vorstoß ist. Die Jury arbeitet gewissenhaft
und liberal, soweit ihr etwas zu tun bleibt, denn
die Mitglieder der Akademie sind mit drei Werken
juryfrei, die Eingeladenen müssen mit dem, was
sie schicken, auch zugelassen werden, und daneben
haben die Juroren ihre Schützlinge. Vielleicht
empfiehlt sich für die Arbeiten, die wirklich juriert
werden, die Methode, daß geurteilt wird, ohne daß
die Namen der Künstler genannt werden. Sollten
sich unter den zurückgewiesenen dann Arbeiten
befinden, die aus anderen Gründen berücksichtigt
werden müssen, so läßt es sich hinterher immer
noch machen. Bei solchem Arbeitsgang wären die,
deren Namen unbekannt sind, weniger in Gefahr,
schärfer beurteilt zu werden, als die schon bekannten.
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Die Ausstellungen der Akademie werden mit
einer gewissen Feierlichkeit eröffnet. Gesang, Reden,
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