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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 10
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Pauli, Gustav: Die Sammlung Christenson
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0401

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GIDEON BÖRJE, LANDSCHAFT BEI ANCONA

derts. Hier begegnet uns zunächst ein erstaunlicher
Daumier, das überlebensgroße Bildnis des älteren
Dumas als eines jovialen Ungetüms von einem
Halbmulatten, dessen Wollhaar in schwarzen Flam-
men um seinen Schädel steht. Es sieht gar nicht
aus wie das Porträt eines wirklichen Menschen,
vielmehr wie das Phantasiebild einer Romanfigur,
den Werken eines Balzac oder Dumas selber ent-
stiegen. Dann ist da das ausgezeichnete Bildnis des
russischen Bildhauers Stelletsky im dunkelblauen
Anzug von Alexander Golowin — ganz objektiv,
stark und fein zugleich, ein Denkmal jener einzigen
sarmatischen Fähigkeit, sich in fremde Seelen ein-
zuleben. Golowin versteht es, sich proteusartig sei-
nen Vorbildern anzugleichen, mit den Genießern
derb, mit den Ernsten tiefsinnig, mit den Zurück-
haltenden diskret zu sein. Und noch ein verspreng-
tes Meisterwerk! Ein kauernder weiblicher Akt von
Picasso, die Zeichnung eines Suchenden, der seiner
Sache nie so gewiß war, wie seine Bewunderer
es glaubten.

Doch auch diese Bilder gehören noch nicht zu
dem inneren Bezirk der Sammlung, der vielmehr
der schwedischen Malerei der neuesten Zeit auf-
gehoben blieb. Das Verhältnis des Herrn Christen-
son zu seinen jüngeren Landsleuten bestimmte auch

seine Sympathie für ihre Vorläufer, d. h. diese Sym-
pathie gehörte weniger den Meistern der vorigen
Generation. Ihre Berühmtheiten, die Josephson,
Liljefors, Zorn, Larsson, Björck und Nordström,
sind spärlich oder gar nicht vertreten. Von der
vergeistigten Landschaftskunst des Prinzen Eugen
bekommt man nur eine Probe zu sehen. Einen
Ausnahmefall bildet nur eine spaßige Sonder-
gruppe von karikaturalen Phantasiebildern schwe-
discher Könige von dem sonst als Tiermaler be-
kannten Nils Kreuger. Ein paar unter ihnen sind
wirklich witzig, z. B. der wie eine Bombe dahin-
sausende Karl XII., allein sie bleiben im ganzen
doch unerquicklich, denn eine Karikatur als Öl-
gemälde ist ebensowenig geschmackvoll wie ein
auf drei Folioseiten auseinandergesetztes Epigramm.
Den Kern der Sammlung berühren wir in einer
Gruppe von älteren Landschaften, Bildern und Stu-
dien von Gustav Palm (1814—1897), Rydberg
(geb. 1835) und Johann Rohde (geb. 1856), die
ihres Altersunterschiedes ungeachtet doch derselben
Periode jener feingestimmten bürgerlichen Kunst
angehören, die aus der Romantik der Frühzeit des
Jahrhunderts stammt. Wohlverstanden gehört diese
Malerei nicht mehr der eigentlichen Romantik an,
die wesentlich transzendent und sehr individua-

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