NICOLAUS FRIEDRICH, DER SANDALENBINDER
BERLIN, NATIONALGALERIE
sephs, neigt der Malweise Münchens zu, obwohl er einige
seiner Motive unmittelbar Liebermann verdankt. Peinlich
wirkt Toorop, weil alle seine Wandlungen, sein äußerliches
Sich-Hingeben an Malmoden der Zeit, deutlich sichtbar wer-
den, und weil man ihm darum seinen endgültigen „Stil",
diesen Überstil der Symbolistik nicht glauben mag. Manches
Gute findet sich in dem Graphikraum. Die Bildnislithogra-
phien Jan Veths haben nichts von ihrer Solidität eingebüßt;
Joseph Israels, Jongkind, Nieuwenkamp bestimmen auch
hier jenes Niveau, das der holländischen Kunst des neun-
zehnten Jahrhunderts innerhalb der europäischen Kunst ihren
Platz anweist.
Hübsche und kultivierte Gegenstände des Gebrauchs
zeigte Richard C. F. Schulz in einer Ausstellung „Nützliche
Dinge für das Land- und Gartenleben". Eine besondere Er-
wähnung verdienen die keramischen Arbeiten der Oranien-
burger Werkstätten von Douglas-Hill.
Bei Fritz Gurlitt war der 1924 gestorbenen Malerin
Dora Hitz eine gute Gedächtnisausstellung gerüstet worden.
Es verdient dieses Unternehmen um so mehr Anerkennuno-,
als es eine Tat der Pietät war.
Die Galerie Flechtheim zeigte Bilder und Zeichnungen
von Marie Laurencin. Ungezwungen ergibt sich der Eindruck
eines weiblichen, damenhaften Walser. Eines
femininen Walser, der Matisse und andere fran-
zösische Manieristen mit empfindlichen Nerven
aufgenommen hat. Eigentlich hat Marie Lauren-
cin ihren Beruf verfehlt. Sie würde Poiret
vielleicht den Erfolg streitig machen können;
und sie wäre dann selbst ihr bester Mode-
zeichner. Von Renee Sintenis waren neue und
alte, in Silber neu gegossene Tierplastiken aus-
gestellt. Eine ganze kleine vergnügliche Schöp-
fung von Kleingetier, anspruchslos, aber kul-
tivierten Ansprüchen genügend. K. Seh.
MANNHEIM
Im Mai und Juni gab es in der Kunsthalle
eine Ausstellung „Medaillen und Plaketten",
die Arbeiten des neunzehnten Jahrhunderts und
der Gegenwart brachte. Angeschlossen war
eine kleine Übersicht moderner Kleinplastik.
Das Intime der kleinen Ausstellung ent-
sprach dem technischen Charakter des Mate-
rials und dem künstlerischen Charakter der
gewählten Periode.
Eine Entwicklung in diesem Sinn ließ sich
an der getroffenen Auswahl verfolgen. Es be-
gann mit den prachtvollen Charakterporträts
von David d'Angers, an deren Autorität der
Form das Spätere nicht heranreicht. Empfind-
samer Naturalismus, Auflösung in Lyrik, in
Stimmung von Licht und Linie folgt mit den
Franzosen der zweiten Jahrhunderthälfte, den
Ponscarme, Roty, Chapu, Yencesse, Legros,
Charpentier.
Im Anschluß an A. v. Hildebrand hat die
moderne deutsche Medaillenkunst die Ge-
schlossenheit der Form wiederzugewinnen
versucht. Ein „kunstgewerblicher" Rest bleibt, trotz Schu-
lung an der Frührenaissancemedaille, am griechischen Münz-
bild. Wir nennen vor allem Münchener: M. Dasio, A. Dau-
miller, J. Bernhart, H. Schwegerle, H. Hahn, H. Volkert.
C. Ebbinghaus-Dahlem gräzisiert sehr tüchtig, von B. Elkan
fiel ein charakteristisches Gerhart Hauptmann-Porträt auf.
H. Winter-Oberursel prägt höchst drastische Tiermedaillen.
A. Rickert-Freiburg fühlt sich den gegebenen Beschränkungen
nur sehr verstandesmäßig ein, während H. Ehehalt-Karlsruhe
hier sichtlich seine Domäne hat und durch Oberflächenbe-
handlung und Patinierung zu fesseln versteht.
Die Kleinplastik war durch Köpfe und Akte H. Hallers,
F. Hufs, B. Sophers, durch A. Ricken, Renee Sintenis,
K. Edzard, Hüsgen, Manolo vetreten. Etwas beabsichtigt
wirkt der Primitivismus von G. Marcks im Gegensatz zu dem
G.Wolfs, weniger plastisch als ornamental erfindet I.W. Fehrle.
Auch hier hoben sich H. Winters Tiere sehr eigenartig
heraus.
Ohne betonten Zusammenhang hiermit gab es einige
Räume voller Bilder: Arbeiten von Jules Pascin, E. de Fiori,
R. Großmann, O. Moll, W. Rösler, H. Purrmann, R. Tewes,
Alfred Mez und W. Bondy.
L. Moser (Karlsruhe).
"Villi
408
BERLIN, NATIONALGALERIE
sephs, neigt der Malweise Münchens zu, obwohl er einige
seiner Motive unmittelbar Liebermann verdankt. Peinlich
wirkt Toorop, weil alle seine Wandlungen, sein äußerliches
Sich-Hingeben an Malmoden der Zeit, deutlich sichtbar wer-
den, und weil man ihm darum seinen endgültigen „Stil",
diesen Überstil der Symbolistik nicht glauben mag. Manches
Gute findet sich in dem Graphikraum. Die Bildnislithogra-
phien Jan Veths haben nichts von ihrer Solidität eingebüßt;
Joseph Israels, Jongkind, Nieuwenkamp bestimmen auch
hier jenes Niveau, das der holländischen Kunst des neun-
zehnten Jahrhunderts innerhalb der europäischen Kunst ihren
Platz anweist.
Hübsche und kultivierte Gegenstände des Gebrauchs
zeigte Richard C. F. Schulz in einer Ausstellung „Nützliche
Dinge für das Land- und Gartenleben". Eine besondere Er-
wähnung verdienen die keramischen Arbeiten der Oranien-
burger Werkstätten von Douglas-Hill.
Bei Fritz Gurlitt war der 1924 gestorbenen Malerin
Dora Hitz eine gute Gedächtnisausstellung gerüstet worden.
Es verdient dieses Unternehmen um so mehr Anerkennuno-,
als es eine Tat der Pietät war.
Die Galerie Flechtheim zeigte Bilder und Zeichnungen
von Marie Laurencin. Ungezwungen ergibt sich der Eindruck
eines weiblichen, damenhaften Walser. Eines
femininen Walser, der Matisse und andere fran-
zösische Manieristen mit empfindlichen Nerven
aufgenommen hat. Eigentlich hat Marie Lauren-
cin ihren Beruf verfehlt. Sie würde Poiret
vielleicht den Erfolg streitig machen können;
und sie wäre dann selbst ihr bester Mode-
zeichner. Von Renee Sintenis waren neue und
alte, in Silber neu gegossene Tierplastiken aus-
gestellt. Eine ganze kleine vergnügliche Schöp-
fung von Kleingetier, anspruchslos, aber kul-
tivierten Ansprüchen genügend. K. Seh.
MANNHEIM
Im Mai und Juni gab es in der Kunsthalle
eine Ausstellung „Medaillen und Plaketten",
die Arbeiten des neunzehnten Jahrhunderts und
der Gegenwart brachte. Angeschlossen war
eine kleine Übersicht moderner Kleinplastik.
Das Intime der kleinen Ausstellung ent-
sprach dem technischen Charakter des Mate-
rials und dem künstlerischen Charakter der
gewählten Periode.
Eine Entwicklung in diesem Sinn ließ sich
an der getroffenen Auswahl verfolgen. Es be-
gann mit den prachtvollen Charakterporträts
von David d'Angers, an deren Autorität der
Form das Spätere nicht heranreicht. Empfind-
samer Naturalismus, Auflösung in Lyrik, in
Stimmung von Licht und Linie folgt mit den
Franzosen der zweiten Jahrhunderthälfte, den
Ponscarme, Roty, Chapu, Yencesse, Legros,
Charpentier.
Im Anschluß an A. v. Hildebrand hat die
moderne deutsche Medaillenkunst die Ge-
schlossenheit der Form wiederzugewinnen
versucht. Ein „kunstgewerblicher" Rest bleibt, trotz Schu-
lung an der Frührenaissancemedaille, am griechischen Münz-
bild. Wir nennen vor allem Münchener: M. Dasio, A. Dau-
miller, J. Bernhart, H. Schwegerle, H. Hahn, H. Volkert.
C. Ebbinghaus-Dahlem gräzisiert sehr tüchtig, von B. Elkan
fiel ein charakteristisches Gerhart Hauptmann-Porträt auf.
H. Winter-Oberursel prägt höchst drastische Tiermedaillen.
A. Rickert-Freiburg fühlt sich den gegebenen Beschränkungen
nur sehr verstandesmäßig ein, während H. Ehehalt-Karlsruhe
hier sichtlich seine Domäne hat und durch Oberflächenbe-
handlung und Patinierung zu fesseln versteht.
Die Kleinplastik war durch Köpfe und Akte H. Hallers,
F. Hufs, B. Sophers, durch A. Ricken, Renee Sintenis,
K. Edzard, Hüsgen, Manolo vetreten. Etwas beabsichtigt
wirkt der Primitivismus von G. Marcks im Gegensatz zu dem
G.Wolfs, weniger plastisch als ornamental erfindet I.W. Fehrle.
Auch hier hoben sich H. Winters Tiere sehr eigenartig
heraus.
Ohne betonten Zusammenhang hiermit gab es einige
Räume voller Bilder: Arbeiten von Jules Pascin, E. de Fiori,
R. Großmann, O. Moll, W. Rösler, H. Purrmann, R. Tewes,
Alfred Mez und W. Bondy.
L. Moser (Karlsruhe).
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