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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 11
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Zucker, Paul: Bilanz der Architektur, [1]: die internationale Kunstgewerbeausstellung Paris 1925
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0458

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ARNOLD BOCKLIN, FELSEN AM MEER

AUSGESTELLT BEI HUGO PERLS, BERLIN

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tenz der europäischen Formkraft und Gestaltungsfähigkeit
innerhalb der dekorativen Kunst festgestellt werden. Es
braucht wohl nicht besonders betont zu werden, daß wir
hierbei nicht etwa von irgend einem als allgemein aner-
kannten ästhetischem Prinzip ausgehen, daß wir uns nicht
im entferntesten etwa durch Schlagworte von der „Zweck-
funktion", der „Materialgerechtheit", der „ornamentfreien
Form" und dergleichen suggerieren lassen. Wer die künst-
lerische Entwicklung einer Zeitspanne, die auch nur zwei
Jahrzehnte umfaßt, überblickt, hat ja erfahren, wie schnell
derartige allgemein anerkannte Wahrheiten verwelken, wie
bald das Panier einer künstlerischen Revolution zum Staub-
wedel einer Trivialität von vorgestern wird. Er weiß, daß
die größten Kunstwerke trotz der und gegen die gehaltvollsten
Maximen und letzten Erkenntnisse entstanden sind, und daß
Urteil und Ablehnung von gedanklichen Kategorien her
nur Symptom eines öden Beckmessertums bedeutet. Nur
das unmittelbare sinnliche Erlebnis, nur die ganz und gar
untheoretische Erkenntnis entscheidet.

Der erste Eindruck — völlig frei von jeder vorgefaßten
Meinung — ist peinliche Verlegenheit. Allzu gern möchte
man in den Pavillons und Abteilungen Frankreichs die große
Jahrhunderte alte Tradition der Qualität in unveränderter
Form wiederfinden. Allzu bereit wäre man, romanische
Leichtigkeit und Spielfreudigkeit im Ornamentalen, in der
Kombination heterogener Materialien, die Souveränität

spielender Formführung anzuerkennen. — Nichts von alle-
dem, nicht einmal der wahrhaft klassische farbliche Ge-
schmack, wie er sich doch in jedem französischen Mode-
erzeugnis ausspricht, ist hier bei der Ausgestaltung mensch-
licher Wohnstätten und im kunstgewerblichen Detail wieder-
zufinden.

Aufzählung und Analyse im einzelnen würde hier, wo
die unmittelbare Anschauung fehlt, nur ermüden. Not-
gedrungen muß deshalb das Urteil etwas summarisch er-
scheinen. Am besten ist die Situation vielleicht gekenn-
zeichnet, wenn man an die Darmstädter Jahre erinnert:
Auch hier wieder ein völlig willkürlicher, etwas barocki-
sierender Jugendstil, in Gittern, Schmiedewerk oder Be-
leuchtungskörpern, die „neuen" Möbel abrupt, kastenförmig,
ohne praktischen Grund, Schreibtischplatten als Polyeder,
verwegen gebeizte Hölzer mit Perlmuttintarsien, kurz all
die uns etwas theaterhaft anmutenden Requisiten der späten
neunziger Jahre. In einem Raum, die Wände golden, die
Decke silber, Glasfragmente von Lalique, Vorhänge zart
rosa, dazu ein pseudo-kubistischer Teppich in allen Regen-
bogenfarben, ein doktrinäres Chaos des Spektrums. Bei den
Textilien brutale Vergröberungen von Wiener, Worpsweder,
russischen und Balkan-Motiven, alles jedoch farbig über-
koloriert und „mondän" parfümiert. Beleuchtungskörper,
Kleinkunst auch da, wo sie sich nicht an die Formen von
1896, sondern beinahe an das Weimarer Bauhaus anlehnen,

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