Dilettantismus.
53. Fries von L. Sd/mtbt-Ejelmbredjts, München.
Stellen wir uns den hastenden Menschen von heut-
zutage vor, der Uunstausstellungen nur im Auge durch-
eilt, wie wünschenswert muß es da erscheinen, im
eigenen peim sich eine kleine Uunstwelt zu schaffen, die
man mit Ruhe und Muße genießen kann! Gb mair
nun die Gbjekte kauft oder eines oder das andere in
feinen Mußestunden selbst herstellt, das bleibt sich zu-
nächst gleich; wenn nur einmal das Bedürfnis nach
etwas Gutem und Wahrem vorhanden ist, so ist
eigentlich schon die Hauptsache gewonnen. Daß aber
der Dilettantismus zur Erkenntnis des Guten,
Wahren, des Echten und Soliden zu führen ver-
mag, habe ich schon gestreift. Seit s88q. besteht nun
in England ein Verein, der sich die Pflege des ge-
diegenen Dilettantismus angelegen sein läßt und alle
möglichen Zweige kunstgewerblicher Arbeit in seinen
Ureis zieht. Uber die Lehrthätigkeit hier des weiteren
sich zu verbreiten, ist unmöglich. Eines steht aber
fest, daß die Erzeugnisse dieser häuslichen Uunst-
pflege hervorragende und von dem, was wir ge-
meinhin unter Dilettantismus verstehen, himmelweit
verschieden sind. Muthesius sagt: „Was geboten
wird, ist wirklich echte Gewerbekunst, alles dient dem
wirklichen Gebrauch, die Ausführung der Sachen ist
technisch gut, die künstlerische Formengebung meist
höchst anziehend, nicht selten hervorragend." Das
läßt sich nun zum guten Teil daraus erklären,
daß der allgemeine Zeichen- und Malunterricht in
England mit seiner besonderen pflege des Natur-
studiums schon seit Jahrzehnten mit größter Sorgfalt
gehandhabt wird. Man muß deshalb teilweise auch
jenen Stimmen beipflichten, die sich von der pebung
des Zeichenunterrichts an unseren Gymnasien und
Seminarien einen günstigen Einfluß auf das all-
gemeine Uunstverständnis erhoffen. Der Zeichen-
unterricht, selbst in seiner gediegensten Art, dürfte
aber nie direkt dies zu erzielen vermögen. „Zeichnen
ist meist Mittel zum Zweck, nicht an sich Zweck,"
sagt Semper, „das muß der Schüler von Anfang
an einsehen." Das vergessen unsere Schulen nur zu
oft. Der englische Zeichenunterricht blickt weiter, er
kann als solide Grundlage für weitere künstlerische
Bestrebungen und Neigungen des Schülers angesehen
werden, und daher resultiert auch der hohe Stand
des englischen Dilettantismus. Die meisten unserer
Dilettanten, ich meine wieder jene, die von einem ge-
sunden Streben beseelt sind, arbeiten meist nach vor-
handenen Motiven und fertigen Vorlagen. Dafür
sorgen ja auch alle möglichen Vorbilderpublikationen,
j die man mit ihren Eselsbrückentendenzen sehr miß-
trauisch betrachten muß; in England überwiegen bei
den alle Zahre stattfindenden Ausstellungen die ur-
sprünglichen Arbeiten, und mit vollem Recht sehen
die Preisrichter außer auf gute technische, material-
und zweckentsprechende Ausführung besonders auf die
Ursprünglichkeit der Erfindung. Die Strenge der
Preisrichter dürfte ebenfalls nicht zum wenigsten das
hohe Ansehen des englischen Dilettantismus begründet
haben. Man räume einmal mit unserem Gschnaß-
Dilettantismus auf und setze solch ernstes Dilettieren
an feine Stelle, dann werden gewiß die gegnerischen
Stimmen allmählich verstummen. Was ferner noch
von größter Wichtigkeit erscheint, ist der Umstand,
daß das Preisgericht aus hervorragenden Uünstlern
von Beruf besteht und zwar solchen der modernen
Richtung. Das schützt vor Uberhebung und Über-
schätzung, also vor Bedenken, die man gegen den
Dilettantismus ins Treffen führte. Das bannt die
gefürchtete Gleichberechtigung der Dilettanten mit den
Uünstlern.
wie schon erwähnt, treffen wir in England
Dilettanten auf allen möglichen kunstgewerblichen
Gebieten. Die erfreulichsten Resultate weisen die
Zahresausstellungen in den Metalltreibarbeiten, polz-
intarsien, Aufnäharbeiten, trederschnitt und Buch-
einbänden aus. Einzelne der vom Verein für häus-
liche Uunstpflege geförderten Ulaffen haben es auf
gewissen Gebieten schon zu großem Ansehen gebracht.
53. Fries von L. Sd/mtbt-Ejelmbredjts, München.
Stellen wir uns den hastenden Menschen von heut-
zutage vor, der Uunstausstellungen nur im Auge durch-
eilt, wie wünschenswert muß es da erscheinen, im
eigenen peim sich eine kleine Uunstwelt zu schaffen, die
man mit Ruhe und Muße genießen kann! Gb mair
nun die Gbjekte kauft oder eines oder das andere in
feinen Mußestunden selbst herstellt, das bleibt sich zu-
nächst gleich; wenn nur einmal das Bedürfnis nach
etwas Gutem und Wahrem vorhanden ist, so ist
eigentlich schon die Hauptsache gewonnen. Daß aber
der Dilettantismus zur Erkenntnis des Guten,
Wahren, des Echten und Soliden zu führen ver-
mag, habe ich schon gestreift. Seit s88q. besteht nun
in England ein Verein, der sich die Pflege des ge-
diegenen Dilettantismus angelegen sein läßt und alle
möglichen Zweige kunstgewerblicher Arbeit in seinen
Ureis zieht. Uber die Lehrthätigkeit hier des weiteren
sich zu verbreiten, ist unmöglich. Eines steht aber
fest, daß die Erzeugnisse dieser häuslichen Uunst-
pflege hervorragende und von dem, was wir ge-
meinhin unter Dilettantismus verstehen, himmelweit
verschieden sind. Muthesius sagt: „Was geboten
wird, ist wirklich echte Gewerbekunst, alles dient dem
wirklichen Gebrauch, die Ausführung der Sachen ist
technisch gut, die künstlerische Formengebung meist
höchst anziehend, nicht selten hervorragend." Das
läßt sich nun zum guten Teil daraus erklären,
daß der allgemeine Zeichen- und Malunterricht in
England mit seiner besonderen pflege des Natur-
studiums schon seit Jahrzehnten mit größter Sorgfalt
gehandhabt wird. Man muß deshalb teilweise auch
jenen Stimmen beipflichten, die sich von der pebung
des Zeichenunterrichts an unseren Gymnasien und
Seminarien einen günstigen Einfluß auf das all-
gemeine Uunstverständnis erhoffen. Der Zeichen-
unterricht, selbst in seiner gediegensten Art, dürfte
aber nie direkt dies zu erzielen vermögen. „Zeichnen
ist meist Mittel zum Zweck, nicht an sich Zweck,"
sagt Semper, „das muß der Schüler von Anfang
an einsehen." Das vergessen unsere Schulen nur zu
oft. Der englische Zeichenunterricht blickt weiter, er
kann als solide Grundlage für weitere künstlerische
Bestrebungen und Neigungen des Schülers angesehen
werden, und daher resultiert auch der hohe Stand
des englischen Dilettantismus. Die meisten unserer
Dilettanten, ich meine wieder jene, die von einem ge-
sunden Streben beseelt sind, arbeiten meist nach vor-
handenen Motiven und fertigen Vorlagen. Dafür
sorgen ja auch alle möglichen Vorbilderpublikationen,
j die man mit ihren Eselsbrückentendenzen sehr miß-
trauisch betrachten muß; in England überwiegen bei
den alle Zahre stattfindenden Ausstellungen die ur-
sprünglichen Arbeiten, und mit vollem Recht sehen
die Preisrichter außer auf gute technische, material-
und zweckentsprechende Ausführung besonders auf die
Ursprünglichkeit der Erfindung. Die Strenge der
Preisrichter dürfte ebenfalls nicht zum wenigsten das
hohe Ansehen des englischen Dilettantismus begründet
haben. Man räume einmal mit unserem Gschnaß-
Dilettantismus auf und setze solch ernstes Dilettieren
an feine Stelle, dann werden gewiß die gegnerischen
Stimmen allmählich verstummen. Was ferner noch
von größter Wichtigkeit erscheint, ist der Umstand,
daß das Preisgericht aus hervorragenden Uünstlern
von Beruf besteht und zwar solchen der modernen
Richtung. Das schützt vor Uberhebung und Über-
schätzung, also vor Bedenken, die man gegen den
Dilettantismus ins Treffen führte. Das bannt die
gefürchtete Gleichberechtigung der Dilettanten mit den
Uünstlern.
wie schon erwähnt, treffen wir in England
Dilettanten auf allen möglichen kunstgewerblichen
Gebieten. Die erfreulichsten Resultate weisen die
Zahresausstellungen in den Metalltreibarbeiten, polz-
intarsien, Aufnäharbeiten, trederschnitt und Buch-
einbänden aus. Einzelne der vom Verein für häus-
liche Uunstpflege geförderten Ulaffen haben es auf
gewissen Gebieten schon zu großem Ansehen gebracht.