Dilettantismus.
5-t- Fries von L. Schmidt.ftelmbrechts, München.
Aus den über das ganze Land hin verstreuten Orts-
klafsen hat sich eine größere Anzahl zu dauernden
Werkstätten entwickelt, aus „den Dilettanten sind
Gewerbtreibende geworden". Bei der Güte dieser
„entwickelten Industrien", wie man diese Masse mit
fortlaufender Tagesarbeit nennt, fällt es niemandem
ein, etwa von unstatthafter Aonkurrenz zu sprechen.
Die Vortrefflichkeit der Arbeiten räumt ihnen eine
gesicherte Gleichberechtigung ein. Man sieht, wie
weit die Pflege des Dilettantismus gedeihen mag,
man erkennt den erzieherischen Wert des Dilettantis-
mus. Warum sollte der Dilettantismus, wenn er
gleich ernst gehandhabt wird wie in England, nicht
bei uns ähnlich gute Blüten zeitigen?! freilich wird
es auch der Pilse durch einen guten Zeichenunterricht
in unseren Bchulen bedürfen, denn auf einein solchen
fußt ja auch in England das Dilettieren. Von
Gegnern des Dilettantismus bekommt man wohl
auch zu hören, daß schon alle möglichen Versuche
mißglückt seien. Ja von heute auf morgen läßt sich
im gegebenen Falle nichts erreichen. Wenn man
aber hört, daß der einzige englische Verein innerhalb
f5 Jahren es von 4*0 auf 600 Unterrichtsklassen
gebracht hat, so darf man doch daraus wohl schließen,
daß es durchaus kein undankbares Geschäft ist, den
Dilettantismus zu heben und zu pflegen. So groß
ist in diesen: Punkte der Unterschied der englischen
und deutschen Verhältnisse nicht. Wir können von
England auch hier lernen. Es wird sich nur darum
handeln, abzuwägen, wie die Erfahrungen in Eng-
land sich für uns nutzbar machen lassen. Das Buch
von Permann Muthesius muß jedem, dem die künst-
lerische Erziehung der deutschen Jugend am Perzen
liegt, eindringlichst empfohlen werden, nicht zum
wenigsten aber auch den Gegnern des Dilettantismus.
Der letzte Delegiertentag würdigte die hohe Be-
deutung des Dilettantismus für die pebung des
Volksgeschmackes und die Förderung kunstgewerblicher
Interessen. Bringt man nun der heimischen Aunst-
pflege größeres Wohlwollen entgegen, so sollte man
doch ja sich nicht verleiten lassen, zu milde zu urteilen
da, wo es gilt, über Arbeiten öffentlich zu Gericht
zu sitzen. Man müßte vornehmlich die Lehre von
der Echtheit des Materials, gesunder Technik und der
Brauchbarkeit der Objekte predigen. Was unser
Dilettantismus bisher schuf, waren meist Luxusgegen-
stände, die in den seltensten Fällen eine Benutzung
gestatteten. Der praktische Engländer erwartet sich
von allem einen bestimmten Zweck; das bekunden
auch die Arbeiten der Dilettanten, und dahin sollte
es auch bei uns kommen.
Da nun der Aampf um die Berechtigung des
gediegenen kunstgewerblichen Dilettantismus zu dessen
Gunsten ausgefochten zu sein scheint, so ist es außer
allem Zweifel, daß sich die Dilettanten jetzt mehr
noch zu rühren beginnen werden; man wird Syftein
in die pflege desselben bringen wollen, und ein Ansatz
dazu liegt bereits vor. Es erscheint mir deshalb der
gegenwärtige Zeitpunkt von allergrößter Wichtigkeit
einerseits für die von dem Dilettantismus erhoffte
Förderung und pebung des Aunstgewerbes, ander-
seits für die Veredelung des Dilettantismus selbst.
Die Zeitschrift „Liebhaberkünste", Verlag von
R.Oldenbourg, München-Leipzig, die sich seit fOIahren
der Pflege der häuslichen Aunst widmet, brachte in
ihrer letzten Nummer (fft) kurz vor Drucklegung dieser
Zeilen einen Artikel: „In eigener Bache", in welchem
der Freude über den den Dilettantismus betreffenden
Beschluß des letzten Aunstgewerbetages Ausdruck ver-
liehen und verschiedene Maßnahmen für die Zukunft
in Aussicht genommen wurden, Vereinigungen, Aus-
stellungen u. a. Die Erwähnung der „Liebhaber-
künfte" mag bei manchem Leser ein Aopfschütteln
veranlassen, der sich nur der ersten Jahrgänge der
Zeitschrift erinnert, die späteren aber, nun einmal
des Vorurteils voll, einfach beiseite schob. Wer aber
die letzten Jahrgänge durchblättert, muß gestehen,
daß die Zeitschrift sich zu einen: sehr anerkennens-
5-t- Fries von L. Schmidt.ftelmbrechts, München.
Aus den über das ganze Land hin verstreuten Orts-
klafsen hat sich eine größere Anzahl zu dauernden
Werkstätten entwickelt, aus „den Dilettanten sind
Gewerbtreibende geworden". Bei der Güte dieser
„entwickelten Industrien", wie man diese Masse mit
fortlaufender Tagesarbeit nennt, fällt es niemandem
ein, etwa von unstatthafter Aonkurrenz zu sprechen.
Die Vortrefflichkeit der Arbeiten räumt ihnen eine
gesicherte Gleichberechtigung ein. Man sieht, wie
weit die Pflege des Dilettantismus gedeihen mag,
man erkennt den erzieherischen Wert des Dilettantis-
mus. Warum sollte der Dilettantismus, wenn er
gleich ernst gehandhabt wird wie in England, nicht
bei uns ähnlich gute Blüten zeitigen?! freilich wird
es auch der Pilse durch einen guten Zeichenunterricht
in unseren Bchulen bedürfen, denn auf einein solchen
fußt ja auch in England das Dilettieren. Von
Gegnern des Dilettantismus bekommt man wohl
auch zu hören, daß schon alle möglichen Versuche
mißglückt seien. Ja von heute auf morgen läßt sich
im gegebenen Falle nichts erreichen. Wenn man
aber hört, daß der einzige englische Verein innerhalb
f5 Jahren es von 4*0 auf 600 Unterrichtsklassen
gebracht hat, so darf man doch daraus wohl schließen,
daß es durchaus kein undankbares Geschäft ist, den
Dilettantismus zu heben und zu pflegen. So groß
ist in diesen: Punkte der Unterschied der englischen
und deutschen Verhältnisse nicht. Wir können von
England auch hier lernen. Es wird sich nur darum
handeln, abzuwägen, wie die Erfahrungen in Eng-
land sich für uns nutzbar machen lassen. Das Buch
von Permann Muthesius muß jedem, dem die künst-
lerische Erziehung der deutschen Jugend am Perzen
liegt, eindringlichst empfohlen werden, nicht zum
wenigsten aber auch den Gegnern des Dilettantismus.
Der letzte Delegiertentag würdigte die hohe Be-
deutung des Dilettantismus für die pebung des
Volksgeschmackes und die Förderung kunstgewerblicher
Interessen. Bringt man nun der heimischen Aunst-
pflege größeres Wohlwollen entgegen, so sollte man
doch ja sich nicht verleiten lassen, zu milde zu urteilen
da, wo es gilt, über Arbeiten öffentlich zu Gericht
zu sitzen. Man müßte vornehmlich die Lehre von
der Echtheit des Materials, gesunder Technik und der
Brauchbarkeit der Objekte predigen. Was unser
Dilettantismus bisher schuf, waren meist Luxusgegen-
stände, die in den seltensten Fällen eine Benutzung
gestatteten. Der praktische Engländer erwartet sich
von allem einen bestimmten Zweck; das bekunden
auch die Arbeiten der Dilettanten, und dahin sollte
es auch bei uns kommen.
Da nun der Aampf um die Berechtigung des
gediegenen kunstgewerblichen Dilettantismus zu dessen
Gunsten ausgefochten zu sein scheint, so ist es außer
allem Zweifel, daß sich die Dilettanten jetzt mehr
noch zu rühren beginnen werden; man wird Syftein
in die pflege desselben bringen wollen, und ein Ansatz
dazu liegt bereits vor. Es erscheint mir deshalb der
gegenwärtige Zeitpunkt von allergrößter Wichtigkeit
einerseits für die von dem Dilettantismus erhoffte
Förderung und pebung des Aunstgewerbes, ander-
seits für die Veredelung des Dilettantismus selbst.
Die Zeitschrift „Liebhaberkünste", Verlag von
R.Oldenbourg, München-Leipzig, die sich seit fOIahren
der Pflege der häuslichen Aunst widmet, brachte in
ihrer letzten Nummer (fft) kurz vor Drucklegung dieser
Zeilen einen Artikel: „In eigener Bache", in welchem
der Freude über den den Dilettantismus betreffenden
Beschluß des letzten Aunstgewerbetages Ausdruck ver-
liehen und verschiedene Maßnahmen für die Zukunft
in Aussicht genommen wurden, Vereinigungen, Aus-
stellungen u. a. Die Erwähnung der „Liebhaber-
künfte" mag bei manchem Leser ein Aopfschütteln
veranlassen, der sich nur der ersten Jahrgänge der
Zeitschrift erinnert, die späteren aber, nun einmal
des Vorurteils voll, einfach beiseite schob. Wer aber
die letzten Jahrgänge durchblättert, muß gestehen,
daß die Zeitschrift sich zu einen: sehr anerkennens-