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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Des Kunsthandwerks junge Mannschaft , [6] : Ernst Riegel
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https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0056

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Des Aunsthandwerks junge Mannschaft.

65. Entwurf zu einem in vergoldetem Silber mon-
tierten Arystallpokal, von E. Riegel, München.

der 'Kleinkunst grundsätzlich auszuschließen. — (Db
wirklich der Glaspalast in München mit seinen
über 70 Sälen nicht groß genug ist, um, neben
einer ungezählten Menge von Bildern und einer
bescheidenen Sammlung von Elastiken, noch Werken
der Kleinkunst ein paar Gemächer einzuräumcn —
was doch schon der Abwechslung zuliebe vorteilhaft
gewesen wäre —, oder ob minder ideale Gründe maß-
gebend gewesen, braucht uns hier nicht zu interessieren;
die Thatsache, daß die adelsstolze sogenannte hohe
Kunst mit ihrer älteren, hart arbeitenden Schwester
nichts zu schaffen haben will, liegt vor. Daß dies
weder dein Ansehen noch dem Gedeihen der gesamten
Kunst von Vorteil ist, wird die Zukunft zeigen.

Solchen Umständen ist es zuzuschreiben, wenn man
Arbeiten mancher jungen Münchener Kunsthandwerker,
denen die Verkaufshalle des Kunstgewerbevereins
noch zu alltäglich scheint, nicht an der Stätte ihrer
Entstehung, sondern auswärts — z. B. in Dresden,
wo man der Kleinkunst mit Vergnügen weite Aus-
stellungsräume überläßt — suchen muß; und wenn
nicht zufällig die „Vereinigten Werkstätten für Kunst
im Handwerk" den Gedanken gehabt hätten, einen
Teil der leerstehenden Räume des alten National
museums zu einer eigenen Kunstgewerbeausstellung
zu benutzen, so hätte der uneingeweihte Besucher
der Münchener Znternatiolen Kunstausstellung dieses
Jahres auf den Glauben kommen können, es gäbe
in München noch gar kein neues Kunsthandwerk.

Ein großer Teil von dem, was in dieser Be-
ziehung entsteht, und gerade derjenige Teil, von dem
das meiste Aufhebens gemacht wird, ist in Bezug
auf den künstlerischen Entwurf dazu aus Nichtsach-
leute zurückzusühren; das will sagen, daß die be-
treffenden Künstler gewissermaßen von oben her
zwischen das Volk der Kunsthandwerker treten und
ihm — in der wohlwollendsten Absicht — Gesetze
geben, bevor sie sich eingehend um die Denk- und
Handlungsweise dieses Völkchens bekümmert haben.
Daß dabei Konflikte aller Art entstehen, ist natürlich.
Es führt einerseits zu Überforderungen an die natür-
liche Leistungsfähigkeit, anderseits zu unnötigen Ver
teuerungen der Gegenstände, weil diese zwar einfach
aussehen, aber schwierig und umständlich herzustellen
sind, also mehr Arbeit und Selbstkosten verursachen,
als ihrer äußeren Erscheinung entspricht.

Diesem — von uns schon mehrfach berührten
Übelstand kann nur durch größtmögliche Förderung
jener jungen Kunsthandwerker entgegengearbeitet
werden, die den umgekehrten Weg gegangen sind,
jenen Weg, den die — auch von den Modernen
mit Pietät genannten, aber in ihrer Lern- und
Arbeitsweise von jenen so wenig beachteten -— alten
 
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