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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Halm, Philipp Maria: Künstlerische Bilderbücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0143

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Künstlerische Bilderbücher.

mit den technisch viel anspruchsloseren, einfacheren,
aber auch um so solideren Zeichnungen erachte ich
künstlerisch für entschieden höher stehend als jene
und vielleicht für die besten der Sammlung. Bar-
lösius und Staßen bestechen, Dasio, Volkmann, auch
Ernst Liebermann überzeugen. Von pans v. Volk-
mann erschien auch jüngst ein reizendes Buch bei
R. Voigtländer: „Aus der schönen weiten Welt". Die
Zdee von Fischer und Franke, unsere schönen alten
Märchen und Erzählungen mit neuer Bilderzier
auszustatten, hat dann wohl Martin Gerl ach in
Wien zu seiner mit farbigen Bildern ausgestatteten
„Zugendbücherei" veranlaßt. Bis jetzt kenne ich
aus derselben nur ein von Albert Weisgerber
illustriertes Bändchen mit Grimmschen Klärchen.
Das feine malerische Empfinden und Können des
jungen Künstlers hat sich auch bei dieser Aufgabe
bewährt, bei einigen Bildern ist man geradezu ver-
blüfft, welche Wirkung durch Schwarz und einen
oder zwei Farbtöne —■ zum Zweck weiter Verbreitung
bei sehr geringem Preis erfolgt die Perstellung nur
durch Buchdruck — erzielt wird. Pin und wieder
wünschte inan wohl etwas mehr Strenge und Klar-
heit in der Zeichnung und Farbe, aber in der
Pauptsache ist der kleine, nichtsdestoweniger aber
reich illustrierte Baud, zu dem Weisgerber auch ein
sehr lustiges Vorsatzpapier zeichnete, eine der aller-
erfreulichsten Leistungen auf seinem Gebiete. Um
die von nur einem Uünstler hergestellten Bücher
abzuschließen, erwähne ich noch Merks „Unser Lieder-
buch" mit den Bildern Ludwigs v. Zumbusch,
die in außerordentlich liebenswürdiger, feinsinniger
und fein empfundener Weise die Noten begleiten;
Areidolfs reizvoller Schöpfungen habeich ja schon
eingangs Erwähnung gethan.

Unter den Autoren moderner Bilderbücher bean-
sprucht einen gesonderten, hervorragenden Platz das
geniale Uünstlerpaar p. Leffler und Z. Urban,
die man kühn als nur eine Künstlerindividualität
auffassen darf. Sie gaben uns durch die Vermittelung
der Gesellschaft für vervielfältigende Uunst in Wien
schon eine Anzahl sehr guter Bilderbogen für Schule
und paus, die deutsche Märchen und kulturgeschicht-
liche Stoffe außerordentlich reizvoll behandeln und
durch ihren bescheidenen Preis berufen sind, wirkliche
Kunst in weite Kreise zu tragen, ähnlich wie die
Flugblätter des Breitkopf & pärtelsichen Verlags.
Urban und Leffler erweisen sich in diesen Bilder-
bogen als Meister in der Schilderung deutscher Sitte,
Sage und Dichtung, sie übertreffen diese Einzelblätter
noch weitaus in den „Rolandsknappen" (Gesellschaft
für vervielfältigende Uunst, Wien) und ganz besonders
in den „Büchern der Ehronika der drei Schwestern"

(Z. A. Stargardt, Berlin). Zch möchte sagen, in
erhabenerem Zauber erstehen vor unseren Blicken die
alten Klärchen von Musäus; eine unerschöpfliche
Phantasie, ein Reichtum der Gedanken, ein wunderbar
subtiles Farbenempfinden haben die Märchen geradezu
neu gedichtet. Die Bilder der „Ehronika" bestehen
ruhmreich jeden Vergleich, auch mit den Franzosen,
bei denen, wie ich vermute, ihre Schöpfer zu lernen
wußten, ohne in direkte Nachahmung zu verfallen.
Wer aber möchte und vermöchte diese „Bilderbücher"
den Uindern in die pand zu geben. Daran denkt
wohl niemand; zunächst sind sie ein Uleinod der
Großen.

Der letzte Weihnachtsmarkt schenkte uns drei
Bilderbücher mit künstlerischen und litterarischen Bei-
trägen von Verschiedenen: „Unecht Rupprecht"

(III. Band), „Zugendland" und „Die Arche Noah".
Das erstgenannte hat sich mit gutem Recht eine treue
Schar Anhänger gesichert, namentlich durch die Güte
des vorhergehenden zweiten Bandes. Ein gleiches
Geschick verdienen auch die beiden anderen Bücher.
„Zugendland", herausgegeben von peinrich Moser
und Ulrich Uollbrunner (Verlag von Gebr. Uünzli,
Zürich-München), enthält Vortreffliches von längst
anerkannten Uünstlern wie Zulius Adam, p. Eich-
rodt, F. Flin zer, F. Uallmorgen, E. Urei-
dolf, A. Schmidhanimer, um nur einige zu
nennen. Ob es nicht zur pebung der Gefamterschei-
nung des trefflichen Buches beigetragen hätte, wenn
man auf einige weniger gute Zeichnungen, wie von
p. Meyer-Eaffel und W. Thielmann, verzichtet
hätte, möchte ich dahingestellt sein lassen. Die tech-
nische Ausführung durch die Uunstanstalt von Oscar
Eonsee-München ist geradezu mustergültig und um
so mehr zu schätzen, wenn man erwägt, daß um der
richtigen Wiedergabe des Kunstcharakters der ein-
zelnen Originale die verschiedensten Reproduktions-
verfahren in Anwendung kommen mußten. Weniger
umfangreich, aber an künstlerischem Werte dem
„Zugendland" keineswegs nachstehend, sei als letzte
Erscheinung „Die Arche Noah" des B. G. Teubner-
fchen Verlages genannt. Ausgehend von der sehr-
richtigen Voraussetzung, daß die Originalzeichnungen
der Künstler häufig durch die Reproduktion in ihrer
Gesamterscheinuug verändert, wenn nicht sogar
empfindlich geschädigt werden, sah sich der auf dem
Gebiete der künstlerischen Zugenderziehung so thätige
Verlag veranlaßt, die Originallithographie in den
Dienst des Kinderbilderbuches zu stellen und den auf
diesem Felde der Technik schon erprobten Schöpfern
der im gleichen Verlage erschienenen Wandbilder,
wie p. Eichrodt, O. Fikentscher, p. v. Volk-
mann 11. a. die dankbare Aufgabe anzuvertrauen.

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