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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Des Kunsthandwerks junge Mannschaft , [7] : Walter Ortlieb
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Walter Grtlieb.

zu diesen Ausnahmen gehören auch die Entwürfe von
Walter Ort lieb. — Wer von den Ausstellungen
der letzten Jahrzehnte, auf denen das Stuttgarter
Kunstgewerbe vertreten war, auch nur eine besucht
hat, dem sind gewiß die Arbeiten von Paul Stotz
als ganz hervorragend in der Erinnerung geblieben;
feine Werkstätte war, wie weit sie sich auch auf rein
technische Gebiete erstreckte, doch von jeher so völlig
von künstlerischem Geiste beherrscht, daß man ihr in
dieser Beziehung völlig ohne Einschränkung eine
Führerrolle zuerkannte. War doch der leider in den
besten Jahren verstorbene Inhaber und Leiter der
Werkstätte selbst Künstler ganz und gar, aber einer
von denen, die aus dem soliden Boden des Hand-
werks gewachsen sind und die ihren Ehrgeiz nicht
in möglichster Abschüttelung dessen suchen, was ge-
wissermaßen nach dem „Handwerk" riecht, sondern in
möglichster künstlerischer Vervollkommnung der Nutz-
kunst im Bereich der Bronce und verwandter Ma-
terialien. Bei diesein Meister begann W. Ortlieb
im Jahre \888, als gerade die damalige deutsch-
nationale Kunstgewerbe-Ausstellung in München dem
Namen Stotz neue Ehren brachte, als Lehrling zu
arbeiten, — vier Jahre lang. Das Interesse, das
der Meister an seinem Schüler nahm, und die Gunst,
die letzterer sich bei ersterem zu erringen wußte,
werden deutlich durch die Thatsache gekennzeichnet,
daß Ortlieb nach Ablauf der Lehrzeit noch weitere
vier Jahre (\8ty2—ß6) als Zeichner und Modelleur
bei Stotz beschäftigt blieb, wobei es ihm nicht an
Gelegenheit fehlte, durch Mitarbeit an umfangreicheren
künstlerischen Aufgaben seine Kräfte weiter zu ent-
wickeln. Nachdem er nebenher abends die gewerb-
liche Fortbildungsschule in Stuttgart besucht hatte,
riet ihm Stotz selbst, zur weiteren Ausbildung die
Münchener Kunstgewerbeschule zu besuchen, was
auch iin Wintersemester s 896/9? geschah, worauf eine
sechsmonatliche Studienreise nach Italien und ein
nochmaliger sechsmonatlicher Besuch der genannten
Kunstgewerbeschule die eigentliche Lernzeit zum Ab-
schluß brachte. April \898 ließ Ortlieb sich in Ber-
in nieder, wo er seither teils selbstständig, teils als
Hilfskraft, bezw. künstlerischer Leiter in verschiedenen
größeren Werkstätten thätig ist.

Die in diesen Blättern wiedergegebenen Entwürfe
entstanrmen alle diesen letzten Jahren; sie sind nur
zum Teil ausgeführt; die Mehrzahl harrt noch der
Verwirklichung. Wer die Stotzschen Arbeiten kennt,
der wird in der formalen Durchbildung dieser Ent-
würfe schwerlich nahe verwandte Züge wiederfinden;
und doch steckt etwas von jener geschmeidigen Eleganz,
von jener sorgsamen Durchdenkung darin, dieStotz'sche
Arbeiten allzeit auszeichneten. Aber während letztere

in ihrer Durchbildung von den formen früherer
Stile ausgingen, wobei gleichwohl mit stets frischer
Phantasie Neues, Elegantes, Zeitgemäßes zustande
kam, hat Ortlieb, dem Verlangen der Gegenwart
nachgebend, sich von der alten Formenwelt losgesagt;
indessen, wenn er auch andere Wege geht als sein
Meister, — die' im Material und dessen Behandlung
beruhenden Stilgesetze, die ihm während des lang-
jährigen vertraulichen Verkehrs mit denn Meister in

Fleisch und Blut über-
gegangen sind, bewahren
ihn vor jenen Ausschrei-
tungen, die man so häufig
an den Entwürfen von
solchen wahrnehmen kann,
denen ihre durchgängerische
Phantasie alles, die
Forderung der Technik
nichts ist.

Seinen Aufenthalt in
Rom hat Ortlieb dazu be-
nutzt, bei Professor Meurer

2;o u. 2U- Teuchter-Lntwürfe von VO. Vrtlieb, Berlin,
(‘/s der wirk!. Gr.)

Aunst und Handwerk. 52. Iahrg. Heft 5.

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