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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Zwei-Brunnendenkmal-Konkurrenzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0174

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Zwei Brunnendenkmal-Koilkurreiizeii.

266. Brunnenmodell (Reichenhall) von Eduard Beyrer jun.,
München.

lichem Gepräge. Das schmucke Rathaus mit seinem
zierlichen Uhrturm im Hintergrund und ringsum die
sauberen Bürgerhäuser, teils neueren nüchternen Stils,
teils älteren, malerischen Charakters, bilden eine
günstige Folie, die durch die hereinragenden Berge
noch einen wirkungsvollen Accent erhält. Lin
wenig links von der Gruppe der Zuschauer, also
außerhalb der Verkehrsachse, welche von den aus
den Platz mündenden kleinen Gassen zu dem breiten
Weg des Vordergrundes läuft, dürste das Denkmal
einen in jeder Einsicht, praktisch wie künstlerisch, be-
friedigenden Aufstellungsort finden.

Überblickt man indes die Reihe der eingelaufenen
Entwürfe, so muß es auffallen, in wie wenigen
Fällen es die Aünstler versucht haben, ihre Zdeen
aus der gegebenen «Örtlichkeit zu entwickeln und sich
deren Charakter anzupassen. Erstaunlich ist es, wie

gerade diejenigen Etilformen, die in ihrer massiven
Primitivität und dem ihnen innewohnenden feier-
lichen Ernst auf den kleinstädtisch-freundlichen Platz
am wenigsten passen wollen, wie gerade die roma-
nischen Bauformen eine solche Bevorzugung finden
konnten. Eine ganze Reihe der ausgestellten Ent-
würfe zeigt übereinstimmend einen Typus mit ge-
drungenem rundem Pfeileraufbau, der aus einem
schwerfälligen, mehrteiligen, von kurzen stämmigen
Säulen getragenen Becken aufragt. Als Beispiele
führen wir die preisgekrönte Skizze von Bradl
an (Abb. 26^) an, bei der die Säule als Träger
einer mittelalterlichen Reiterfigur („perold") dient.
Ferner Schwesingers noch enger an romanische
Bau- und Schmuckformen sich anlehnender Löwen-
brunnen (Abb. 263), bei dem nur die als Wasser-
speier dienenden Masken in ihrer freien nialerisichen
Behandlung nicht recht zu dem formstrengen Charakter
des Ganzen paffen wollen. Das Schwesingersche
Projekt zeichnet sich im übrigen durch besonders
günstige Proportionen der architektonischen Teile
untereinander, wie auch zu der bekrönenden Löwen-
figur aus. Eine Tendenz zur gracilen Schlankheit
der Gotik weist Aillers eleganter Aufbau mit der
etwas unglücklichen Figur einer nackten, übrigens
stark an Dürer erinnernden „Bavaria" auf (Abb. 263).
pübsche Dekorationsmotive, ganz im Geist der
gotischen Zierkunst, zeigt das untere Sockelglied mit
seinen paarweis unter zierlichen Bogenstellungen an-
geordneten Figürchen. Der Unterbau mit den vier
altertümlich stilisierten Löwen verfehlt den beabsich-
tigten Eindruck des Massiv-Steinernen-, Steinblock-
mäßigen keineswegs.

Bei all diesen anerkennenswerten Eigenschaften
im Einzelnen läßt der ausgesprochen mittelalterliche
Charakter der genannten Entwürfe die ganze Reihe
für den vorliegenden Zweck kaum als geeignet er-
scheinen. Ähnliches gilt auch von dem an sich sehr
imposanten Brunnenstandbild des Bayernherzogs
Ludwig des Uelheimers (Abb. 266), das Ed. Beyrer jun.
zum Schöpfer hat. Die ausdrucksvolle Reckengestalt im
Riegelpanzer, ein wahrer Pagen von Tronje, fände
ihren Platz eher auf dein finsteren Markt einer alten
Sachsenstadt als in dein gastlichfreuiidlichen Badeort
des bayerischen «Oberlands.

Von historischen Stilarten und von jeder ge-
schichtlichen Reminiscenz überhaupt suchte Drexler
in seinem Reichenhaller Entwurf (Abb. 267) abzu-
fehen. Ulingt auch da und dort noch ein romani-
sches Motiv aii, so ist das Ganze doch in einem
durchaus freien Stil gehalten, den man als „natura-
listisch" bezeichnen könnte. Drexler ging hier offen-
bar im pinblick auf die gebirgige Umgebung der

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