Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

DOI Artikel:
Die Weihnachtskonkurrenz der Kgl. Akademie der bildenden Künste in München
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0182

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Weihnachtskonkurrenz der Kgl. Akademie der bildenden Künste in München.

denkt man zunächst bei der Figur einer Heiligen
deutlich betont. Diesen Gedanken hielten auch die
ineisten der Bewerber bei, so die preisgekrönten: Arthur
Storch, der uns in sinnverwandter Weise wie Faß-
nacht seine Heilige knieend darstellt, Max Roider,
der wenigstens durch ein kleines Sockelrelief auf die
Artillerie Bezug nimmt, — Jos. M oest, dessen
reizvolles Figürchen uns aber nur St. Barbara als
Patronin der Sterbenden schildert. Die eigenartigste
Leistung bot Hans Perathoner, sicherlich eine
außerordentlich interessante und von schätzenswertem
Können zeugende Arbeit, aber durchaus keine Barbara,
geschweige eine hl. Barbara. Das ist nicht die
fromme christliche Jungfrau, die ihren Glauben mit
dem Blute büßte, sondern vielmehr eine allzeit kampf-
bereite, scharf den Feind ins Auge fassende Kriegerin,
die einer Konkurrenz für eine Statue kriegerischer
Schlagfertigkeit gerade so gut oder noch besser hätte
entsprungen sein können. Das ändert an dem künst-
lerischen Wert der Gruppe nichts. In Verbindung
mit der Architektur eines Zeughauses o. ä. würde
sie wahrscheinlich von eminenter Wirkung sein, aber
eine hl. Barbara dürfte kaum einer in ihr erkennen
trotz des Kanonenlaufs. Belobungen erhielten noch
Bernard Bleeker, Karl Burger, Gduard Mischer,
Jos. Moest, Hans Sautter und Jos. Wackerle.

Manchem Bewerber, der sich genau an das
Thema hielt, wurde das Attribut des Geschützrohrs
zu einer verhängnisvollen Klippe. Man konnte in

höchst sinnwidriger Komposition den Aanonenlaus
als Säulenschaft, ja sogar den Feuerschlund des
Geschützes als Wasserröhren eines Brunnens ver-
wendet finden. Dürer hat in seiner „Meßkunst"
auch einmal Kanone und Haubitze als eine Art
Säulenschaft benützt svergl. Jahrgang s896 dieser
Zeitschrift S. 88), aber nur für eine Augenblicks-
dekoration ; da mochte so etwas noch statthaft sein.
Nachdem uns aber eine stattliche Anzahl von Krieger-
denkmälern mit ihrer obligaten Umfriedigung aus
Kanonenrohren und Ketten auch für diesen Fall als
abschreckende Beispiele dienen können, sollten ähnliche
Verirrungen nicht mehr Vorkommen. Besonders mag
zum Schlüsse noch der Arbeit Aarl Burgers Gr
wähnung geschehen, der sich das Thema in eine
kunstgewerbliche Specialausgabe erweiterte. Gr kom-
ponierte eine Prozessionsstange im Stil der Spätgotik
sehr geschickt und ansprechend in den Ginzelheiten,
aber in den Größenverhältnissen der einzelnen Teile
zu gleichwertig. Das reizende Figürchen der Heiligen
tritt gegenüber dem vielgestaltigen Unterbau zu sehr
zurück. Immerhin spricht aus dem Entwurf ein
tüchtiges, vielseitiges ‘Körnten, das mit einer weisen
Ginschränkung entschieden noch eine bessere Wirkung
erzielt hätte.

Wenn hier nur die Namen der preisgekrönten
uitd Belobten Erwähnung fanden, so wäre es doch
falsch, einen Schluß auf die Minderwertigkeit der
nicht ausgezeichneten Arbeiten ziehen zu wollen. Im
 
Annotationen