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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Chronik des Bayerischen Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0227

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ilbroiiif des Bayer. Kunstgewerbevereins.

Er erblickt in derselben ein hocherfreuliches und für die
Entwickelung des Kunsthandwerker sehr bedeutungsvolles Er-
eignis und einen neuen Beweis für die verständnisvolle und
weitblickende Fürsorge seines erhabenen Protektors. Auch fühlt
sich der Verein aufs neue ermutigt, an feinen auf die Schaffung
einer ständigen Kunstgewerbe-Centrale gerichteten Bestrebungen
unentwegt festzuhalten.

Durch das in ihn gesetzte vertrauen hochgeehrt, wird der
Bayer. Kunstgewerbevereiu seine besten Kräfte daransetzen, uni
das allerhöchst geplante Ausstellungsunternehmen zu einer
glänzenden und wirkungsvollen That zu gestalte».

Die Generalversammlung beschließt, der allerhöchsten An-
regung entsprechend, im Jahre Z909 eine Kunstgewerbeausstelluug
zu veranstalten und beauftragt die Vorstandschaft und den
Ausschuß, diese Angelegenheit auch in Fühlung mit den ein-
schlägigen Kreisen umgehend soweit vorzubereiteu, daß eine im
Monat April einzuberufende außerordentliche Geueralversamm-
lung über die Modalitäten der Ausstellung beschließen kann.

Im Sinne der von seiner Vorstandschaft bereits mündlich
vorgetrageneu ehrerbietigsten Bitte, beschließt der Verein schon
heute feierlich, Seine Königliche ksoheit den Prinzregenten um
die allergnädigste Übernahme des Protektorates unterthänigst
zu bitten, indem er von der Überzeugung durchdrungen ist, daß
sich nur auf einer solchen Grundlage ein wirklich segensreicher
Aufbau entfalten kann."

Die außerordentliche Generalversammlung des Kunst-
gewerbevereins, für welche (neben der Ernennung von Ehren-
mitgliedern) die Beschlußfassung über die Ausstellung des
Jahres >909 auf die Tagesordnung gesetzt ist. wird am 2g. April
stattfiuden.

3ur Schlußabrechnung des stlubiläumsfestes. Nachdem
es infolge der Bemühungen der vorstandschaft und namentlich
durch das große Entgegenkommen des Ministeriums, der Stadt-
behörde und einer Anzahl Privater gelungen ist, das von dem
Jubiläumsfest her schwebende Defizit zu beseitigen, sei auch an
dieser Stelle der Dank des Vereins für die von allen Seiten
bekundete, wohlwollende und opferfreudige Gesinnung aus-
gesprochen.

Mochenversam mkungen.

Neunter Abend den 2\. Januar — Vortrag von
Architekt und Maler Th. Rauecker über Glasmosaiken
von Ravenna. In der allgemeine» Einleitung zu seinem
Vortrag ging Redner von den Uranfängen der Mosaikknust aus
(von der schon im Luch Esther die Rede ist), und besprach dann
kurz die ältesten bekannten Mosaiken; die ausschließliche
Verwendung von Steinwürfeln, auf die man damals angewiesen
war- in Blympia wurden solche von etwa einem (puadrat-
centimeter Gbcrsiäche gebraucht —, nahm ein Ende als einer-
seits der steigende Luxus in Rom farbigere Bilder verlangte und
andrerseits die fortgeschrittene Glastechnik die Mittel dafür bot.
So begann man schon zur Zeit des Kaisers Augustus Glas-
pasten cinzusühren, bis zur Zeit Theodofius des Großen (st 595)
die Glaswürfel schon überwiegend in Gebrauch waren, womit
zugleich die Blütezeit der Mosaikkunst eingeleitet wurde. An
der bsand großer Projektionsbilder schilderte Redner alsdann
die Entwickelungsgeschichte der Ravennatlschen Mosaiken, be-
ginnend mit dem Mausoleum der Galla placidia, der um das
Jahr 925 erbauten (angeblichen) Grabstätte dieser Regentin;
von den Mosaiken der gleichfalls von Galla Placidia gebauten
Kirche San Giovanni Evangelista hat sich nichts erhalten —
ihr einstiges Vorhandensein wird nur durch Beschreibungen

bezeugt. Dann folgten das aus der gleichen Zeit stammende
Battisterio San Giovanni in Fonte, die Basilika Sau Apollinare
Nuovo, der Lhor von San vitale (geweiht 597), lauter Werke,
die aus dem 5. und 6. Jahrhundert stammen und wahrscheinlich
unter Zuziehung griechischer Nosaikkünstler entstanden sind.
Prächtig erhalten sind die Mosaiken in San Apollinare Nuovo
(aus der Zeit des Gstgoten Theodorich, 99z—52s), auch jene
der von 526 bis 597 erbauten Kirche San vitale, endlich die
etwa um hundert Jahre jüngeren in San Apollinare in
Llaffe. von der prächtigen farbigen Wirkung all dieser Bilder
konnten die Projektionen keine Vorstellung geben; um so dank-
barer war es zu begrüßen, daß Prof. v. Thiersch eine
größere Anzahl eigener farbiger Studien nach den Driginalieu
ausgestellt hatte. Diese vergegenwärtigten deutlich das treffliche,
stimmungsvolle Kolorit jener Flächendekorationen, deren mangel-
hafte zeichnerische Darstellung dagegen völlig in den Hinter-
grund tritt. Die Technik der damaligen Künstler mar gegenüber
der heutigen eine sehr einfache, da die Farbsteinchen in den
frischen Mörtel eingedrückt wurden. Der Vortragende, der
seit einiger Zeit sich ganz der Ausübung der Mosaikkunst widmet,
zu welchem Zweck er sich init einem Praktiker der Mosaikkunst
Solerti — vereinigt hat, erntete mit seinen begeisterten
Schilderungen reichen Beifall.

Zehnter Abend — den 28. Januar. — Nach Eröffnung
der Versammlung durch den z. Vorsitzenden Prof. v. Thiersch,
welcher über den Stand der Turiner Ausstellungsangelegenheit
Mitteilungen machte, hielt Privatdozent Dr. Grünling einen
Vortrag über Ceylon. In lebendiger Rede schilderte er die
Seereise dahin von Genua aus, gab dann eine allgemeine Be-
schreibung der Insel, ihrer Bewohner, der Verkehrs-, Lebens-,
vegetations- und witterungs-verhältuiffe, wobei er insbesondere
über die atinosphärischen Wirkungen auf die Gesteine interessante
Aufschlüsse erteilte. Das häufige Vorkommen vieler Edelsteine
und Halbedelsteine Hyarinth, Rubin, Saphir, Spinell, Iirko»,
Turmalin, Mondsteine, Chrysoberyll, Katzenauge erklärt sich
zum Teil daraus, daß die edelsteinführendeu Gesteine — Granit
und Gneiß — unter den vereinigten Wirkungen der tropischen
Hitze und des abkühlendeu Regens einer starken Verwitterung
unterliegen, welcher nur die härteren Edelsteine standhalten;
jeder Regenguß schwemmt alsdann die verwitterten Gesteins-
reste samt den Partkristallen von den Höhen herab in die
Schluchten und Rinnen, in welchen dann die Edelsteingrubeu
angelegt werden, deren Ausbeute immer verhältnismäßig reich
ist; der wert der Steine ist aber ein ungemein verschiedener.
Der Mittelpunkt der Edelsteinindustrie ist Radagir am Fuße des
Adamsxik. von nicht geringerem kunstgewerblichen Jutereffe
war die Schilderung der Perleufischerei, die ihren Sitz an den
nördlichen zwei Dritteln der Westküste hat; die Ausbeute dieses
Neerproduktes erfolgt völlig systematisch unter staatlicher Kon-
trolle. Es wird nickt in jedem Jahr und nicht überall gefischt,
so daß gewisse Schonzeiten eingehalten werden können; es finden
dann erst probefischen statt, deren Ergebnisse für die Lokalität
und die zu fischende Menge entscheiden. Es gibt Jahre, in
denen au die 70 Millionen Perlmuscheln gefischt werden, deren
Insassen dann auf den weithingestreckten Dämmen entperlter
Muscheln unter Entwickelung fürchterlicher Gerüche verfaulen,
was natürlich die Gesuudheitsverhältniffe des tropischen Landes
nicht verbessert. — An kunstgewerblichen Arbeiten von beson-
derem Interesse führte Redner Spitzen und Klöppeleien, Schnitze-
reien, Metallarbeiten n. a. vor und fand namentlich mit den
Lichtbildern nach altindischeu Tempelbauteu reiche Anerkennung,
die sich in allseitigem Beifall Luft machte.

Verantw. Red.: ssrof. C. Gmelin.

Herausgegeben vorn Baser. Aunstgewerbeoerein. — Druck und Verlag von R. Gldenbourg, München.
 
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